Flammenbrut
warf ihr einen schnellen Blick zu.
«Ich bin nicht nervös. Nicht besonders jedenfalls», fügte er einschränkend hinzu, als sei ihm klar geworden, dass es keinen
Sinn hatte, es zu leugnen. «Es ist nur … Wissen Sie, ich habe so etwas noch nie gemacht.»
«Ich tue das auch nicht gewohnheitsmäßig», sagte Kate lächelnd.
|129| Er blickte zu ihr auf und lächelte dann ebenfalls. «Nein, wohl kaum», räumte er ein. «Ich nehme an, Sie haben sicher schon
mit einer ganzen Reihe von Leuten gesprochen. Ich meine, ich weiß, dass ich bestimmt nicht der Einzige bin und … na ja, es ist ein bisschen zermürbend, das ist alles.»
Kate korrigierte ihn nicht. Er hatte von neuem angefangen, mit seinem Omelett zu spielen. Sein Gesicht war wieder ernst geworden.
«Ist diese Sache so wichtig für Sie?», fragte sie.
Einen Augenblick lang zögerte er. Kate hatte den Eindruck, dass er mit der Antwort rang. Dann sah er sie direkt an. Seine
Augen waren von einem noch dunkleren Blau als Lucys.
«Ja», sagte er einfach.
«Warum?»
Wieder blickte er auf seinen Teller hinab. «Ich möchte Kinder. Ich bin nur nicht … Ich bin nicht der Typ zum Heiraten. Ich bin nicht schwul, das ist es nicht. Ich kann mir nur nicht vorstellen, mich niederzulassen
und eine normale Familie zu haben oder …» Seine Stimme verlor sich, als habe er noch etwas hinzufügen wollen und sich dann eines anderen besonnen. «Dies schien mir
die zweitbeste Lösung zu sein.»
«Obwohl Sie das Baby niemals sehen werden? Obwohl Sie nicht mal wissen würden, ob es ein Mädchen oder ein Junge ist?» Kate
kam sich brutal vor, aber sie musste sicherstellen, dass er wusste, worauf er sich einließ.
Einen Augenblick lang war sein Gesichtsausdruck von unendlicher Traurigkeit. Er starrte die Kerze in der Mitte des Tisches
an, aber Kate hatte nicht den Eindruck dass er sie wirklich sah.
«Aber ich werde wissen, dass es da ist.»
Plötzlich richtete er sich auf. Es schien, als hätte er sich |130| wieder unter Kontrolle. «Das heißt, wenn Sie sich für mich als Spender entscheiden sollten. Ich möchte nicht, dass Sie glauben,
ich würde das für selbstverständlich halten.»
Jetzt wandte Kate den Blick ab.
«Ich halte Sie von Ihrem Mittagessen ab», sagte sie und wandte sich wieder ihrem Salat zu.
Als sie das Restaurant verließen, bat Kate ihn um seine Visitenkarte. «Ich rufe Sie nächste Woche an und lasse Sie wissen,
wie ich mich entschieden habe», erklärte sie und kam sich gleichzeitig feige und überheblich vor.
Er akzeptierte es ohne Klage. «Es ist besser, wenn Sie mich abends anrufen», sagte er und nahm eine Visitenkarte aus seiner
Brieftasche. «In der Klinik habe ich für gewöhnlich einen Patienten bei mir und könnte deswegen nicht mit Ihnen sprechen.
Und ich möchte auch eigentlich nicht, dass jemand dort etwas von dieser Sache erfährt», gestand er mit einem entschuldigenden
Lächeln.
Bevor er ihr die Karte gab, kritzelte er eine Telefonnummer auf die Rückseite. «Ich weiß, dass Sie meine Nummer schon haben,
aber ich gebe sie Ihnen noch einmal. Ich bin gerade umgezogen und stehe im Augenblick nicht im Telefonbuch, daher könnten
Sie mich nicht erreichen, falls Sie die Nummer verlieren.»
Ein wenig verlegen reichten sie sich die Hände. Kate spürte die Wärme und den Druck seiner Hand noch, nachdem sie sie losgelassen
hatte. Sie sah ihm nach, wie er die Straße hinunterging, eine schlanke Gestalt, die Hände lässig in den Taschen.
Als sie ihr Spiegelbild im Fenster des Restaurants sah, fiel ihr auf, dass sie lächelte.
|131| «Es sieht kompliziert aus, aber in Wirklichkeit ist es gar nicht schwierig», versicherte ihr der Bibliothekar.
Er war ein ernst aussehender junger Mann, rothaarig und mit einer Gesichtsfarbe, als stünde er ständig im Wind. Seine Finger
entlockten den Computertasten ein leises Klappern wie bei einem Klavier ohne Saiten. «Es ist in Wirklichkeit viel einfacher,
als sich durch Bücherstapel zu quälen.»
Kate warf einen Blick auf die Meldungen und den Text, die auf dem Bildschirm erschienen, und hatte so ihre Zweifel. Aber der
Bibliothekar, der geradezu aufdringlich hilfsbereit war, hatte darauf bestanden, dass sie eine CD-ROM benutzte statt der schweren
Register. Obwohl im Grunde er derjenige war, der den Großteil der Arbeit erledigte.
«Okay, wie war noch gleich der Name?», fragte er, ohne von dem Bildschirm aufzublicken.
«Turner. Alex – oder
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