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Flammenbrut

Titel: Flammenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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der Flammen stocherten, wandte Kate sich hastig
     ab. Sie umklammerte Alex’ Arm.
    «Lass uns gehen.»
    Inzwischen waren mehr Leute darauf aufmerksam geworden, dass etwas nicht stimmte. Ein leises Murmeln ging durch die Reihen
     der Zuschauer; es klang fast wie ein Stöhnen.
    |175| «Alex   …»
    Er starrte immer noch zur Ansammlung der Ordner hinüber. Sie zupfte an seinem Ärmel, aber er rührte sich nicht.
    «Komm schon, Alex.»
    Sein Gesicht war starr vor Entsetzen, aber er ließ sich von ihr wegführen. Sie kämpften gegen das Gedränge der Menschenmenge
     an, die nun auf das Feuer zustrebte, um festzustellen, was geschehen war.
    In dem allgemeinen Chaos hätte Kate Alex um ein Haar verloren, aber dann verlief sich die Menge, und sie konnten sich wieder
     frei bewegen.
    Als sie an den Hot-Dog- und Hamburger-Buden vorbeikamen und ihnen der Duft von gebratenem Fleisch entgegenschlug, musste Kate
     plötzlich würgen. Sie hielt den Atem an, bis sie die Buden hinter sich hatten, und blickte dann zu Alex auf. Seine Augen waren
     glasig. Er schritt ziellos neben ihr her.
    «Ist alles in Ordnung mit dir?»
    Kate musste die Frage wiederholen, bevor er antwortete. Einen Augenblick lang sah er sie an, als erkenne er sie nicht, dann
     nickte er endlich.
    «Ja, tut mir leid, ich   …»
    Seine Stimme verlor sich.
    «Möchtest du irgendwo einen Drink nehmen?», fragte Kate. Sie hatten den Ausgang des Parks erreicht. Im Licht der Straßenlaternen
     konnte sie sehen, wie blass sein Gesicht war.
    «Nein   … nein, ich glaube, ich   … ich würde am liebsten nach Hause gehen.»
    Kate winkte ein Taxi heran. Schweigend stiegen sie ein. Alex hatte sich dem Anschein nach ganz in sich zurückgezogen. Er saß
     in einer Ecke des Taxis und starrte aus dem |176| Fenster. Die Lichter der Straße spielten auf seinem Gesicht wie die Lichter eines langsamen Stroboskops.
    «Warum tut jemand so etwas?», fragte Kate, die ihre Gedanken einfach nicht länger für sich behalten konnte.
    Ohne sie anzusehen, schüttelte Alex nur den Kopf.
    Kate sah die Gestalt noch einmal in die Flammen springen, sah das Feuer über ihr zusammenschlagen. Unwillkürlich zuckte sie
     zusammen.
    «Wenn er sich umbringen wollte, warum hat er sich dafür dann so   … so eine
grauenvolle
Art und Weise ausgesucht?»
    Sie bemerkte, dass ihre Zähne beim Sprechen ein wenig klapperten, obwohl es im Taxi nicht kalt war. Alex holte hörbar Luft.
    «Vielleicht erschien es ihm ja gar nicht so grauenhaft.»
    Sein Gesicht lag im Dunkeln. Kate wusste, dass ihre Hartnäckigkeit langsam morbide wirken musste, aber sie konnte einfach
     nicht dagegen an.
    «Aber warum musste er es so machen? Vor all diesen Menschen?»
    «Es war eine Möglichkeit, sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Jedem zu zeigen, dass er da war. Vielleicht wollte er sie irgendwie
     treffen. Oder auch nur jemand ganz Speziellen. Als würde er sagen: ‹Sieh her, was ich tue, das ist deine Schuld. Du hast mich
     dazu gebracht.›» Er schwieg einen Augenblick. «Vielleicht wollte er sich aber auch selbst bestrafen.»
    Kate versuchte, nicht an das Gesicht des Ordners zu denken, der wie gelähmt vor Entsetzen und Ungläubigkeit hatte zusehen
     müssen. Sie wusste, dass, ganz gleich, wie furchtbar ihre Albträume auch sein mochten, seine gewiss schlimmer sein würden.
    |177| «Es scheint mir so   … Ich weiß nicht. Irgendwie egoistisch.»
    «Egoistisch?» Alex drehte sich zu ihr um.
    «So etwas vor so vielen vollkommen fremden Menschen zu tun. Ohne sich dafür zu interessieren, wie furchtbar es für sie ist.»
    «Hätten sie sich für ihn interessiert, wenn er es nicht getan hätte?»
    «Nein, wahrscheinlich nicht, aber   …»
    «Also, warum sollte er sich dann für sie interessieren?»
    Die Bitterkeit in seiner Stimme verblüffte sie. Sie antwortete nicht. Nach einer Weile seufzte Alex.
    «Tut mir leid.»
    «Schon gut.»
    «Nein, ich   …» Er machte eine hilflose Geste. «Es hat mich ziemlich mitgenommen, das ist alles.»
    Kate bedauerte bereits, was sie gesagt hatte. Alex sprach selten von seiner Arbeit, aber sie kam sich unbeholfen und unsensibel
     vor, weil sie nicht bedacht hatte, welche Wirkung dieses Ereignis womöglich auf ihn ausübte.
    Zaghaft fragte sie: «Hast du jemanden wie ihn gekannt?» «Früher einmal, ja», sagte er und schaute wieder aus dem Fenster.
     
    Lucy und Jack luden Kate, wie gewöhnlich, zum ersten Weihnachtstag ein.
    «Frag doch Alex, ob er auch kommen will», fügte Lucy

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