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Flammenbrut

Titel: Flammenbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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zu ihrer Tasche im Flur und nahm ihren
     Kalender heraus. Sie hatte eine Temperaturtabelle geführt und jeden Tag ihren Urin untersucht, um ihren Menstruationszyklus
     zu ermitteln. Er war so regelmäßig, dass sie im Grunde gar nicht nachzusehen brauchte, wann der nächste Eisprung anstand,
     aber sie tat es trotzdem.
    Es waren noch gut zwei Wochen bis dahin.
    Kate ging in die Küche zurück und bestrich den Toast |184| geistesabwesend mit Sonnenblumenmargarine. Er war kalt geworden, und der erste Bissen blieb ihr im Hals stecken. Sie spülte
     ihn mit Tee herunter und ließ den Rest ihres Frühstücks im Mülleimer verschwinden.
    Obwohl sie den Termin für ihre erste Behandlung eigentlich erst vereinbaren sollte, wenn ihre Periode tatsächlich eingesetzt
     hatte, konnte sie nicht so lange warten. Sie rief die Klinik an, sobald sie in ihrem Büro saß. Die Sekretärin, die sehr höflich
     war und in deren Stimme nicht der leiseste Anflug von Birmingham durchschimmerte, gab ihr einen Termin in gut vierzehn Tagen
     und bat sie, am Tag davor anzurufen, um den Termin noch einmal zu bestätigen. Das Ganze war seltsam undramatisch, fast wie
     eine Terminabsprache beim Zahnarzt. Aber die Aufregung war da, eine gespannte Erwartung, wie man sie erlebte, wenn man in
     einem Flugzeug saß, das für den Start Geschwindigkeit aufnahm.
    Sie hatte sich nach Weihnachten weiter mit Alex getroffen, seine Entschuldigung am zweiten Weihnachtstag – einen gestammelten
     Bericht über zu üppiges Essen und Verdauungsprobleme – akzeptiert. Sie hatte es sogar geschafft, sich einzureden, dass ihr
     mit knapper Not ein peinlicher Fehler erspart geblieben war. Aber sie hatte von da an vorsätzlich die Zahl ihrer Begegnungen
     reduziert, um sich auf den Augenblick vorzubereiten, der ihr jetzt bevorstand.
    Es machte die Sache nicht einfacher.
    Kate versuchte erst am Abend, ihn zu erreichen. Insgeheim war sie erleichtert darüber, dass er nicht bei der Arbeit angerufen
     werden wollte. Sein Telefon klingelte einige Male, und sie wollte gerade den Hörer auflegen, als er sich meldete.
    «Ja?»
    |185| Er klang atemlos, als hätte er sich beeilen müssen, um noch rechtzeitig an den Apparat zu kommen.
    «Ich bin’s, Kate.»
    «Oh, hallo! Ich habe gar nicht damit gerechnet, dass du heute Abend anrufen würdest.»
    Sie wappnete sich gegen die Freude in seiner Stimme. «Ich habe von der Klinik Bescheid bekommen. Deine letzten Blutuntersuchungen
     sind okay.»
    «Das sind ja wunderbare Neuigkeiten! Ich habe zwar nichts anderes erwartet, aber   … na ja, du weißt schon.» Er lachte glücklich. «Du kannst also mit der Behandlung anfangen?»
    «Ja. Die Sache ist   …» Sie schloss die Augen. «Ich glaube nicht, dass wir uns weiter treffen sollten.» Es entstand eine kurze Pause. «Oh.»
    «Es ist nichts Persönliches. Aber wir wussten ja immer, dass das irgendwann passieren würde, und – ich glaube, jetzt wäre
     der richtige Zeitpunkt dafür. Wir würden die Dinge nur komplizieren, wenn wir es weiter aufschieben, und ich glaube nicht,
     dass uns das guttun würde. Und dem Baby auch nicht.»
    Die Worte klangen falsch.
    «Es ist am besten so   … Das verstehst du doch, oder?» Es war fast ein Flehen.
    «Hm   … ja, ja, ich   …» Sie hörte, wie er sich räusperte. «Ja, ich denke, dass du recht hast.»
    «Ich möchte nicht, dass du glaubst, ich wäre nicht dankbar für das, was du getan hast», sagte sie, obwohl sie wusste, dass
     sie die Dinge nur noch verschlimmerte, aber sie konnte nicht dagegen an. «Ich schicke dir einen Scheck über den Rest des Geldes,
     den ich dir schulde, und   –»
    «Nein!»
    |186| Das Wort wurde förmlich ausgespien. Kate schrak vor der Heftigkeit dieser einen Silbe zurück.
    «Nein», wiederholte er ein wenig ruhiger. «Ich habe dir gesagt, ich will nicht bezahlt werden.»
    Das Gespräch war damit eigentlich beendet, aber Kate konnte sich nicht dazu überwinden, es auch formal abzuschließen. Sie
     sagte genau das, was sie nicht zu sagen beschlossen hatte.
    «Es tut mir leid.»
    «Ja.»
    Kate hielt den Hörer noch eine Weile an ihrem Ohr und wartete darauf, dass er irgendetwas sagte oder die Verbindung abbrach.
     Aber am anderen Ende der Leitung blieb es still.
    Sie legte auf.
     
    Ihr Essen stand unberührt auf dem Couchtisch. Die CD war abgelaufen, aber sie stand nicht auf, um eine neue einzulegen. Sie
     saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem Sofa und streichelte geistesabwesend Dougal, der auf ihrem

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