Flammenbrut
Schublade,
bis sie ein ausgebeultes T-Shirt fand, ging zum Badezimmer und klopfte an die Tür. Alex öffnete sie einen Spalt weit. Er hatte seinen Pullover ausgezogen,
und durch |203| die Ritze in der Tür konnte sie sehen, wie weiß seine Haut war. Das Silberkettchen lag bleich um seinen Hals.
«Neue Designer-Klamotten kann ich dir leider nicht bieten», sagte sie und reichte ihm das T-Shirt . Mit einem nervösen Lächeln nahm er es entgegen.
Kate ging wieder in die Küche. Der Kaffee war noch nicht so weit. Sie stellte zwei Tassen zurecht. Dann nahm sie ein Glas
aus dem Schrank, ging ins Wohnzimmer und goss einen großen Brandy ein.
Ein Geräusch von der Tür ließ sie herumfahren. Alex war aus dem Badezimmer gekommen und stand nun unsicher im Türrahmen. Es
war merkwürdig, ihn mit ihrem T-Shirt im Wohnzimmer zu sehen. Sie hielt ihm das Glas hin.
«Ich dachte, das könntest du vielleicht brauchen. Der Kaffee läuft.»
Mit einem gemurmelten Wort des Dankes nahm er das Glas entgegen. Kate setzte sich auf einen der Sessel. Nach einem kurzen
Zögern setzte Alex sich in den anderen. Er nahm einen Schluck Brandy und zuckte zusammen. Zaghaft betastete er noch einmal
seinen Mund.
«Schlimm?», fragte sie.
«Nein, ist schon in Ordnung.»
Sie blickte auf ihre Hände hinab. «Das mit heute Abend tut mir leid. Ich meine, was da vorhin passiert ist.»
«Ist nicht so schlimm.»
«Ist es doch. Du bist da in eine Situation hineingezogen worden, die … Nun, es war nicht dein Problem.»
«Du brauchst es mir nicht zu erzählen.»
«Doch. Ich schulde dir zumindest eine Erklärung.» Kate hatte plötzlich das Gefühl, selbst einen Brandy zu brauchen. Aber sie
war entschlossen, auf Alkohol zu verzichten, wollte durch nichts die Chancen auf eine Schwangerschaft |204| verringern. «Ich war mal mit Paul zusammen. Wir haben eine Weile in derselben Agentur gearbeitet, aber dann wurde unser Verhältnis
ziemlich unerfreulich, und ich bin gegangen. Ich habe ihn seit Jahren nicht mehr gesehen. Im letzten Jahr habe ich einen Auftrag
bekommen, den er haben wollte, und er hat seinen Job verloren, und jetzt gibt er mir die Schuld daran.»
Alex blickte in sein Glas.
«Wie weit ging eure Beziehung?», fragte er schließlich.
«Wir haben über ein Jahr zusammengelebt. Ich dachte … nun ja, ich dachte an Dinge wie Ehe und Babys. Ich muss bescheuert gewesen sein.»
«Warum?»
«Ach … eigentlich ist es gar nicht wert, darüber zu reden.»
Zu ihrer Überraschung stellte sie jedoch fest, dass sie darüber reden
wollte
. «Ich hab damals einfach nicht erkannt, was für eine Art Mensch Paul ist, das ist alles. Er war der Marketing-Director in
der Agentur, und ich war das neue Mädchen. Ich glaube, ich habe mich geschmeichelt gefühlt, dass er sich für mich interessierte.
Ich habe eine ganze Weile gebraucht, um zu begreifen, dass sein Interesse auch jedem zweiten der anderen Mädchen im Büro galt.
Und überhaupt allen Frauen, die ihm gefielen. Als mir das klar wurde, waren wir schon zusammengezogen.»
Kate schluckte, denn sie spürte, dass Alex sie beobachtete. «Na ja, wie dem auch sei, schließlich habe ich ihn zur Rede gestellt.
Er hat alles geleugnet, und ich war blöd genug, ihm zu glauben. Aber dann passierte wieder etwas, und ich habe ihn wieder
zur Rede gestellt, und er hat es wieder geleugnet. So ging es eine ganze Weile weiter, bis wir eines Nachts einen gewaltigen
Krach hatten. Du weißt schon, so |205| einen richtigen Vasenschmeißer. Und er hat auch nichts mehr geleugnet. Er sagte … er sagte, es sei meine Schuld. Ich hätte ihn dazu getrieben.»
Sie hielt inne und dachte noch einmal an ihren erdrückenden Mangel an Selbstachtung.
«Ich hätte ihn schon damals verlassen sollen, aber … na ja, ich hab’s nicht getan. Wir haben uns wieder versöhnt. Aber jetzt wusste er, dass er damit durchkommen konnte, und
hat sich nicht mal mehr große Mühe gegeben, seine Seitensprünge vor mir zu verbergen. Und dann …»
Sie brach ab.
«Was?», fragte Alex.
«Nichts. Ich habe ihn einfach verlassen.»
«Was wolltest du sagen?»
«Ach, nichts», wiederholte sie, aber ihrer Stimme fehlte die Überzeugungskraft.
«Er hat mich mit einer Geschlechtskrankheit angesteckt.»
Ein Teil von ihr konnte nicht glauben, dass sie ihm auch das noch erzählte. Bisher wusste nur Lucy davon, und die hatte noch
nie eine Bemerkung darüber gemacht. Kate spürte, wie Kränkung und Scham wieder
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