Flammenbucht
zurück. Heftige Vibrationen erschütterten das silberne Netz. Das Gefüge hatte ANGST!…Angst vor dieser Glutgestalt, die nun die Hand gegen die vier Schiffe der Goldei richtete. Flammen umspielten die Fingerspitzen; die Sphäre ballte sich zusammen, formte eine Garbe aus Feuer; und sie warf sich als glühende Welle aus dem Wasser auf, rollte auf die vier Schiffe zu. Gebannt sah Laghanos mit an, wie das Feuer aus der Sphäre in die Welt der Menschen übertrat. Ein Flammenteppich legte sich über die Bucht, rollte über das Wasser, trieb sterbende Fische und verbrannten Tang vor sich her. Dampf zischte empor, mischte sich mit dem Nebel, der die goldeischen Schiffe umgab. Die Bucht von Varynna verging in einem Feuer, das aus der Tiefe des Meeres drang, das neue Wellen rotkochender Glut mit sich trug.
Die Menschen am Ufer wichen entsetzt vom Wasser zurück; und ihr graubärtiger Anführer ließ erschüttert das Schwert fallen. Die goldenen Schiffe wurden in Glut getaucht, schmolzen dahin, als wären sie aus Zinn, und ihre Segel loderten wie riesige Fackeln.
Das Gefüge aber SCHRIE auf, zerrte Laghanos zurück in die Tiefen der Sphäre; riß ihn fort, fort von den Flammen, deren Gluthitze bereits seine Haut streifte; und bevor er begriff, was mit ihm geschah, entschwand die brennende Bucht seinen Sinnen, verblaßte das Licht des Turms, und völlige Dunkelheit umgab ihn. »Aquazzan!« rief Laghanos erschrocken. »Wer war das? Wer war diese Flammengestalt?« Um ihn nichts als Stille und Finsternis. Das Gefüge hielt ihn fest; die Drähte schnitten sich in sein Fleisch und fesselten ihn so stark, daß er sich kaum rühren konnte.
»Aquazzan!« rief Laghanos ein letztes Mal mit kläglicher Stimme. »Warum antwortest du nicht? Wo bist du? Warum hast du mich alleingelassen?«
Er begriff, daß der Rotgeschuppte ihn nicht hören konnte. Das Gefüge hatte Laghanos in Sicherheit gebracht, zurück an einen Ort, wo ihn weder die Goldei noch das Flammenwesen aufspüren konnten: in die Kammern des Heiligen Spektakels.
Erfaßt von den Wellen, hin und her geworfen von der rasenden Flut. Höhnisch packte das Meer Ashnadas schlanken Leib, um ihn zu zerschmettern; doch immer wieder gelang es ihr, den Kopf über den Wellen zu halten. Gischtwolken jagten über sie hinweg; ihre Augen tränten, sie mußte husten, spuckte das salzige Wasser aus, das ihr in Mund und Nase gedrungen war. Verzweifelt ruderte sie mit den Armen; ihre Finger fanden plötzlich Halt, verkrallten sich im nassen Stoff einer Kutte. Rumos! Der Zauberer trieb an ihrer Seite, kämpfte wie sie mit den Wellen. Kurz trafen sich ihre Blicke, als das Licht des Leuchtturms über sie hinweghuschte. Ashnada erschrak vor dem Ausdruck seiner Augen; in ihnen war nicht der Überlebenswille eines Menschen zu erkennen, sondern nur nackte Todesangst, die Rumos wie einen ersaufenden Hund erscheinen ließ. Panisch klammerte er sich an ihr fest; seine Finger bohrten sich in ihre Schulter, legten sich um ihren Hals. Ashnada bekam keine Luft mehr. Entsetzt versuchte sie sich aus seinem Griff zu befreien, und schließlich konnte sie ihn von sich stoßen. Als die nächste Welle über ihr zusammenschlug, verlor Ashnada für einen Moment das Bewußtsein. Das Wasser zog sie hinab in die Tiefe; ihr Kopf drohte zu bersten, und fast wollte sie aufgeben, sich auf den Meeresgrund sinken lassen. Doch dann rief eine innere Stimme sie zur Vernunft.
Ich darf nicht sterben…nicht hier, im Silbermeer…Tarnac von Gyr…es ist noch nicht vollbracht!
Sie nahm ihre letzten Kräfte zusammen, kämpfte gegen den Strudel an, der sie hinabzog. Empor, empor… um sie nichts als eisiges Wasser. Die letzte Atemluft entwich ihren Nasenlöchern. Über ihr Licht… endlich! Die Wasseroberfläche! Sie tauchte auf, rang nach Luft. Riß die Augen auf, erwartete schon den nächsten Angriff des Leuchtturms. Doch der Sturm hatte sich schlagartig gelegt; rings um Ashnada war das Wasser ruhig und klar, und das Heulen des Windes war verstummt.
Dann sah sie das Boot. Es glitt durch die Wellen auf sie zu; ein zerschlissenes Segel flatterte im Wind, obwohl keine Brise zu spüren war. Für einen Moment glaubte Ashnada, Cyrmor sei gekommen, um sie ein weiteres Mal zu retten, doch sie verwarf diesen unsinnigen Gedanken sogleich. Mehrere Gestalten waren an Bord zu erkennen; sie trugen blaue Fischerhauben. Am Bug stand ein Mann mit einem struppigen Kinnbart; an seinem Handgelenk schimmerte ein goldenes Armband. Er zwinkerte Ashnada
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