Flammende Sehnsucht
Blick begegnete Reggies. »Danke, dass Sie mir die Gärten gezeigt haben. Es war überaus ... erhellend.« Sie blickte zu Pennington. »Ich bin mir sicher, ich sehe Sie beide beim Abendessen.«
Sie wandte sich zum Gehen, machte ein paar Schritte und hielt dann nochmals inne. Sie gehörte nicht zu denen, die in peinlichen Situationen die Flucht ergriffen, und weder Liebe, Begierde noch Skandal würden sie jetzt zu einem derartigen Verhalten veranlassen.
Sie straffte die Schultern und schwang auf dem Absatz herum, um Pennington direkt in die Augen zu blicken. »Ich kann mich doch darauf verlassen, Mylord, dass Sie über ... das hier ... kein Wort verlieren.«
»Ich bin die Diskretion in Person, Miss Effington.« In seinen Augen glomm unübersehbar ein Lachen, aber seine Stimme war ernst. »Außerdem ist es ja auch wohl kaum einer Erwähnung wert, wenn zwei Freunde an einem schönen Frühlingstag im Garten spazieren gehen. Niemandem gegenüber.«
Sie lächelte wider Willen. »Es ist wirklich ein schöner Tag.«
»So ist es, Miss Effington.«
»Wunderschön«, murmelte Reggie.
Sie nickte zum Abschied und verließ die beiden, Schritt und Gemüt beträchtlich leichter als noch wenige Minuten zuvor. Ohne eigenes Verdienst hatte sie einen Skandal vermieden. Sie wollte gar nicht daran denken, was passiert wäre, wenn ein anderer sie im Garten entdeckt hätte. Lord Pennington aber lag das Wohl seines Freundes offenbar am Herzen. Es sei denn, natürlich, er war so daran gewöhnt, Reggie in derartigen Situationen anzutreffen, dass er dem gar keine Bedeutung mehr zumaß. Sie wischte den irritierenden Gedanken beiseite.
Andererseits veranlasste der Ruch des Skandals Miss Bellingham vielleicht, von ihren Absichten Reggie gegenüber
Abstand zu nehmen, falls sie denn überhaupt welche gehegt hatte.
Wie aber stand es mit Reggie? An die Möglichkeit, dass Reggie nun, da sie ihren Teil der Abmachung erfüllt und ihm eine Miss Wonderful präsentiert hatte, dieser ernsthaft den Hof machen würde, hatte sie bisher nicht gedacht. Was, wenn er trotz der Leidenschaft, mit der er sie geküsst hatte, tatsächlich genauso wenig Interesse an ihr hatte, wie sie ihm vor kurzem noch vorgeheuchelt hatte? Was, wenn er trotz ihrer wachsenden Überzeugung, dass er gar nicht der war, als der er galt, es dennoch war?
Sie verlangsamte ihre Schritte. Was, wenn ein Kuss in einem Garten, sogar ein ganz besonderer, großartiger Kuss ihm nicht viel bedeutete? Was, wenn er Frauen immer so küsste, dass sie den Verstand verloren? Schließlich konnten solche Küsse den gefährlichen Ruf eines Mannes ja nur noch steigern.
Cassie war zwar schon geküsst worden, aber niemals so, wie Reggie sie geküsst hatte. Zweimal geküsst hatte. Und ein Mann, der ihr derartige Gefühle einflößte, ob sie gerade in seinen Armen lag oder nicht, ein Mann, der sie so zur Weißglut brachte, den konnte sie nicht einfach ziehen lassen. Falls sie nun schon Richtung Skandal galoppierte, dann bitte schön mit Viscount Berkley. Reginald Berkley. Reggie. Und wenn er ihr dabei das Herz brach ... nein, das würde sie auf keinen Fall zulassen.
Reggie war der richtige Mann für sie, ob er es nun wusste oder nicht. Sie musste ihn nur dazu bringen, sie so zu begehren, wie sie ihn begehrte. Aber im Grunde konnte sie immer noch nicht glauben, dass ein Mann, der sie so küsste, sie so ansah, in dessen Arme sie passte, als seien sie füreinander geschaffen, dass dieser Mann nicht irgendwelche Gefühle für sie hegte. Sie musste ihm das nur noch klarmachen.
Und auf einmal fiel ihr die Lösung ein. Wie es aussah, würde Reggie ihr die dazu nötigen Mittel ja direkt an die Hand liefern. Wer immer Lord Perfect auch sein mochte, für ihre Pläne war er ideal, um nicht zu sagen perfekt. Hatte nicht Cassies Erkenntnis, dass sie ein klitzekleines bisschen eifersüchtig auf Miss Bellingham sein könnte, dazu beigetragen, dass sie ihre eigenen Gefühle anerkannte.
Cassie lächelte und beschleunigte ihre Schritte. Nicht nur einen Plan für die Jagd nach dem berüchtigten Viscount hatte sie nun, sondern auch eine Idee, was sie mit ihrem selbstverdienten Geld anfangen könnte.
Lord Pennington hatte völlig recht.
Es war wirklich ein schöner, ein sehr schöner Tag.
10
Es gibt keine Frau, die nicht wenigstens ein Attribut besäße, das für sie spricht.
G. Drummond
Hast du’s gesehen?« Reggie starrte auf Cassies sich entfernende Gestalt, unsicher, was er denken sollte, und ziemlich verwirrt
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