Flammende Sehnsucht
Lady William stieß einen tiefen Seufzer aus - »bin ich mehr als gewillt, jeden Antrag oder Vorschlag in Erwägung zu ziehen.«
»Ausgezeichnet, Georgina.« Ihre Gnaden strahlten ihre Schwägerin an. »Cassandra verdient eine gute Partie, und ich wage zu behaupten, dass sich allein in diesem Raum unzählige Möglichkeiten anbieten.«
Eine Welle begeisterten Raunens ging durch den Raum.
»Marian.« Helena nahm nachdenklich ihre Freundin in den Blick. »Trotz ihrer Aktivitäten wäre Cassandra Effington für jeden jungen Mann eine hervorragende Partie.«
»In der Tat«, murmelte Marian. »Und angesichts ihres Erbes auch eine ausgezeichnete Viscountess.«
Gewiss - nichts, was Marian und ihre Freundinnen auch unternahmen, konnte eine solch vorteilhafte Heirat sicherstellen. In Herzensdingen gab es nun einmal keine Garantien. Aber konnte es da schaden, wenn man die Dinge in der Hoffnung, dem Schicksal ein wenig nachzuhelfen, in die richtige Richtung lenkte?
»Lady William.« Entschlossen erhob sich Marian. »Ich besitze ein Haus, das dringend der Renovierung bedarf. Und was noch besser ist«, und sie schenkte der Versammlung ihr strahlendstes Lächeln, »ich habe einen Sohn.«
1
Ein störrisches, unabhängiges Frauenzimmer ist ohne Zweifel Gottes Rache am nichts ahnenden Männergeschlecht.
L. Effington
Frühling 1821
>>Kannst du sie schon sehen?« Miss Cassandra Effington hielt sich zum Schutz vor der Spätvormittagssonne die Hand über die Augen und starrte in die Ferne.
»Nein.« Anthony, Viscount St. Stephens, schüttelte den Kopf. »Werden wohl jede Minute eintreffen. Meines Wissens ist es kein allzu langer Ritt.«
»Und - hast du hoch gewettet?«, meinte seine Frau, die frühere Miss Philadelphia Effington - Delia für ihre engsten Freunde - nonchalant.
»Nicht allzu hoch.« Er lachte leise und warf ihr einen amüsierten Blick zu. »Und du?«
»Auch nicht die Welt.« Delia lächelte. »Und nur mit Cassie, so dass es kaum zählt.«
»Selbstverständlich zählt es«, meinte Cassie bestimmt. »Und ich rechne mit prompter Bezahlung, falls du verlierst.«
St. Stephens lachte. »Darf ich fragen, welche von euch auf euren Bruder gesetzt und welche sich für Lord Berkley entschieden hat?«
»Erstens würde ich nie gegen ein Familienmitglied wetten.« Delia klang bestimmt. »Und abgesehen davon ist Christian ein hervorragender Reiter und versteht sich auf Pferde.«
»Christian ist ungeheuer arrogant, obwohl - auch nicht arroganter als Leo oder Drew.« Cassie verdrehte die Augen. »Das ist ein verbreiteter Zug unter den männlichen Effingtons, vor allem bei unseren Brüdern.«
St. Stephens zog die Brauen hoch. »Du hast also auf Berkley gesetzt?«
»Selbstverständlich.« Cassie nickte. »Es wird Christian sehr guttun, einmal bei irgendetwas - ganz egal was - zu verlieren. Außerdem, nach allem, was ich von diesem Lord Berkley gehört habe, ist er unbesonnen, leichtsinnig und ein rechter Schwerenöter. Wenn das auch nicht gerade die Eigenschaften sind, die ich besonders schätze, scheint mir, dass diese unerfreulichen Charakterzüge bei einem Einsatz in einem derartigen Wettkampf überaus vorteilhaft sind.«
»Christian ist auch unbesonnen, leichtsinnig und ein rechter Schwerenöter«, murmelte Delia.
»Ja, aber Christian kenne ich gut genug, darum kann ich die Vorstellung, um wie viel wichtigtuerischer er nach einem Sieg herumstolzieren wird, nicht ertragen. Lord Berkley aber habe ich nie getroffen, so dass mich die Auswirkungen eines Siegs auf seinen Charakter nicht scheren.«
St. Stephens lachte. »Gut gebrüllt.«
Cassie lächelte.
Delia zog die Stirn in Falten. »Warum hast du denn auf Christian gesetzt, Tony, wenn du so denkst?«
»Nun ergehst du dich aber in Mutmaßungen, meine Liebe.« St. Stephens’ Lächeln wurde breiter.
»Verstehe. Auch dir gebricht es also an Loyalität. Nun gut.« Delia kniff die Augen zusammen. »Vielleicht hast du ja Lust, eine weitere Wette abzuschließen?«
»Das sollte ich vielleicht wirklich.« In seinen Augen saß der Schalk. »Sofern ich den Einsatz bestimmen darf.«
Delia lächelte nun ihrerseits schalkhaft zu ihrem Gatten auf, und Cassie seufzte leise und rückte diskret von den beiden ab. Nicht dass die beiden das mitbekommen hätten. In solchen Augenblicken begaben sich Delia und St. Stephens zielstrebig in ihre ganz eigene Welt.
Es war gleichzeitig hinreißend und enervierend. Cassie war zwar froh, dass ihre Schwester die große Liebe gefunden hatte,
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