Flammende Versuchung
Arme reißen könnte. Es sah ihrem widersprüchlichen Herzen nur zu ähnlich, dass sie jetzt enttäuscht war.
Der Brief von Phoebe war genau das, was Deirdre erwartet hatte: eine überraschte, erfreute Reaktion auf die Benachrichtigung über ihre Hochzeit, die die beiden auf ihrer Hochzeitsreise durch Spanien erreicht hatte.
Als Phoebe Brookhavens Antrag erhalten hatte, nachdem sie nur auf der anderen Seite eines überfüllten Raumes gestanden hatte, war es für Deirdre schwierig gewesen, die Cousine zu mögen, die sie so lange Zeit nicht gesehen hatte. Sie hatte sich damals nicht wirklich anständig verhalten und sich selbst mit jedem Tag, den der Hochzeitstermin näher rückte, an Tessa erinnert.
Inzwischen war es ihr möglich, recht wohlwollend an Phoebe zu denken und zu lächeln, während sie ihren Brief las.
»Jetzt hast du’s geschafft, Dee. Rafe ist sich sicher, dass sein Bruder ihm niemals verzeihen wird – und wie sollte er auch anderes denken, wenn Brookhaven ausgerechnet dann heiratet, wenn wir weg sind?«
Ups. Um ehrlich zu sein, hatte Deirdre nicht lange
über die Abwesenheit ihrer Cousine nachgedacht, und schon gar nicht über die von Lord Brookhavens illegitimem Halbbruder. Im Nachhinein sah die Sache schlimmer aus, als sie war.
Wirklich? Sie hatte keine Ahnung, was Brookhaven von den Taten seines Bruders hielt – Taten, die nach herkömmlicher Ansicht als Betrug gelten mussten. Zwar stimmte es, dass er selbst dabei mitgewirkt hatte, Phoebe für Rafe zu gewinnen, und war das am Ende nicht furchtbar romantisch gewesen?
Calder war Phoebe nachgesetzt, als diese mit Rafe davongelaufen war, und hatte sie mitten in der Nacht nach Brook House zurückgebracht. Ihr Kleid war zerrissen gewesen und völlig ruiniert, und sie selbst blass und still, nachdem Rafe sie in dem Gasthaus sitzengelassen hatte. Und doch war er danach nett zu ihr gewesen und hatte Phoebe vor Tessas Boshaftigkeit in Schutz genommen.
Deirdre seufzte. Lord Brookhaven war ein komplizierter Mann, so viel stand fest.
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Brief in ihren Händen.
»Ich freue mich für Dich, Dee, und ich bin mir sicher, dass du eine bessere Marquise von Brookhaven sein wirst, als ich es je hätte werden können…«
Hm. Phoebe hatte auch nichts von Lady Margaret gewusst, nahm Deirdre an. Es tröstete sie ein wenig, dass Calder auch sie im Ungewissen gelassen hatte, dass sein zum Himmel schreiend ungerechter Plan nicht speziell auf Deirdre gemünzt gewesen war.
Nein, der Mann war einfach ein Idiot, wenn es um
die Gefühle seiner Mitmenschen ging. Deirdre hatte mit genau so einer Person gelebt, solange sie sich erinnern konnte. Sie erkannte überheblichen Egoismus, wenn sie ihn vor sich sah, aber bei Calder war es etwas anderes. Sie wusste, dass er nicht gefühllos war wie Lady Tessa. Fast kam es ihr vor, dass er stattdessen Angst davor hatte, etwas zu fühlen.
Als sie jedoch Meggies verschmiertes kleines Gesicht betrachtete, bestärkte das in ihr das Vorhaben, zu dem Mann vorzudringen. Er mochte ein Herz haben, wo Tessa keines besaß, aber wenn er es nicht benutzte, kam am Ende das Gleiche dabei heraus.
Grahams Besuch und Phoebes Brief waren dabei eine Hilfe. Sie fühlte sich nicht halb so allein wie noch am Morgen. Wenigstens hatte Brookhaven nicht vor, ihr ihre Familie vorzuenthalten …
Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Sie musste Sophie sofort um einen Besuch bitten. Und wenn Sophie kam, würden sich ihr vielleicht ein paar andere anschließen … und würde Brookhaven das nicht extrem ärgerlich finden?
Fünfzehntes Kapitel
C alder verbrachte den Nachmittag in seinem Arbeitszimmer und starrte Zahlenkolumnen an, die sich weigerten einen Sinn zu ergeben. Die Bücher waren akkurat. Es war seine Aufmerksamkeit, die ihm nicht gehorchte. Nach hinreichenden Stunden absoluter Nutzlosigkeit erhob er sich, um sich zum Abendessen umzukleiden. Wenn er von Deirdre und Meggie verlangte, die Regeln zu befolgen, dann konnte er sie selbst schlecht brechen.
Das Abendessen war perfekt – wie immer. Er wäre nicht mit weniger zufrieden gewesen, aber in seinem Mund schmeckte es wie Sägemehl.
Sie sah so schön aus, wie sie ihm gegenüber im Sonnenlicht saß. Ihr Haar war anders, weicher. Sie hatte es vorne zurückgesteckt, aber der Rest fiel ihr, einem Wasserfall aus Sommerlicht gleich, über die Schultern. Auch ihre Augen waren irgendwie weicher – als würde sie an diesem Abend freundlicher von ihm
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