Flammende Versuchung
zerwühlter Bettlaken. Sie gähnte mit katzenartiger Anmut, und ihr Spitzenärmel entblößte dabei ihren halben Arm, als sie sich den Handrücken vor den Mund hielt. Dann blinzelte sie ihn verschlafen an. »Da ich schon mal hier bin, kann ich genauso gut essen.«
Das war es. Keine Begrüßung. Kein belegtes »Guten Morgen, mein Liebster«, kein vom Schlaf warmer Arm, der sich um seinen Hals legte, um ihm mit weichen Lippen einen verschlafenen Kuss auf den Mund zu drücken …
Es war nicht ungewöhnlich, dass das alles fehlte – aber sein plötzliches schmerzhaftes Verlangen danach war es. Sie war seine Frau. Sie sollte in seinen Armen aufwachen, ihre schlanken Beine sollten ihn umschlingen, ihre weichen Brüste schwer in seiner Hand liegen, ihre verschlafenen blauen Augen nur ihn sehen -
Sie ließ sich auf den Stuhl fallen, den Fortescue für sie zurechtschob. Der verdammte Butler erntete dafür natürlich ein Lächeln und ein schlaftrunkenes Dankeschön. Ein Teller wurde vor sie gestellt – Toast und ein in Schnitze geschnittener Apfel. Sie trank ihren Tee ohne Milch und Zucker.
Calder runzelte die Stirn. Sie sollte mehr essen. Ihre Figur war reizend, aber er hatte nichts gegen ein wenig mehr einzuwenden. Er öffnete den Mund, um gegen ihre Diät zu protestieren – dann hielt er inne. Das verrückte Ding würde nur das genaue Gegenteil tun und sich zu Tode hungern. Stattdessen betrachtete er ihren Teller also mit vorgeblicher Zustimmung. »Wie ich sehe, achtet
Ihr sehr auf Eure Figur. Gut so. Ihr wollt ja nicht fett werden.«
Das erzeugte ein Glimmen hinter ihrem verschlafenen Blick. »Fortescue, Eier und Speck«, befahl sie.
Calder lächelte verstohlen in seine Serviette.
In diesem Augenblick kam Meggie herein. Dass seine Tochter ihm gehorcht hatte, erstaunte ihn, aber dass sie sauber und ordentlich gekleidet und mehr oder weniger frisiert war – auf eine Sommer-auf-dem-Land-Art -, das machte ihn absolut sprachlos.
Ihr dunkles Haar glänzte, es war gekämmt und zu Zöpfen geflochten, wenn auch ein wenig schräg. Ihr Kleid war ohne einen einzigen Dreckspritzer und ihr Gesicht rosig und frisch gewaschen.
Sie war ein schönes Kind, so wie man es von einem Kind Melindas erwartet hätte. Das Gesicht ihrer Mutter, nur etwas weicher aufgrund ihrer Jugend, das Haar ihrer Mutter, fast blauschwarz, das schüchterne Lächeln ihrer Mutter, das für so lange Zeit so viel Missgunst verborgen hatte.
Schmerz zog ihm den Magen zusammen. Nicht wegen des Verlustes – zumindest nicht seines eigenen -, sondern in Erinnerung daran, was er getan beziehungsweise nicht getan hatte, und was das das Kind vor ihm gekostet hatte. Er runzelte die Stirn und wandte den Blick ab, wobei er versäumte zu bemerken, wie Meggies scheues Lächeln langsam erstarb, als er sie nicht begrüßte.
Deirdre entging nichts. Idiot. »Es sieht ganz danach aus, als wolltest du heute ausgehen, Margaret. Was hast du vor?«
Meggie, deren Stimmung inzwischen so schlecht war wie die ihres Vaters, warf ihr unter langen Wimpern einen verächtlichen Blick zu. »Mach dich nicht lächerlich. Ich muss den ganzen Tag mit dir im Haus bleiben.«
Deirdre seufzte. Sie waren schon ein Paar, die beiden. Meggie klang sogar wie ihr Vater. Sie starrte Brookhaven mit neu erwachtem Zorn an. »Ihr seid überhaupt keine Hilfe, wisst Ihr das?«
Fortescue schob in diesem Augenblick einen neuen Teller vor sie. »Kleine Siege sind dennoch Siege, Mylady«, murmelte der Butler, während er ihr eine frische Serviette bereitlegte.
Deirdre seufzte. Es stimmte. Im Frühstückskampf, so glaubte sie, hatte sie über ihren Mann mit großem Vorsprung gewonnen. Und er hatte seine Tochter einmal direkt angesehen, wenn auch nur kurz. Das war doch etwas.
Sie schaute auf und bemerkte Brookhavens düsteren Blick, der auf ihrem Busen ruhte. Das Nachthemd, das sie trug, bedeckte nicht gerade viel, und ihr leichter Morgenrock war auch keine große Hilfe.
Gut. Sollte er doch sehen, was ihm wegen seiner idiotischen Tyrannei entging. Sie legte ihre Gabel ab und atmete tief ein, wobei sie eine Schulter ein wenig sinken ließ, sodass ihr Ausschnitt gefährlich nahe daran war, alles zu entblößen. Das würde natürlich nicht passieren, aber sie hatte in ihrem Leben genug geflirtet, um zu wissen, dass die Aussicht auf diese Möglichkeit, und sei sie noch so gering, ausreichte, um die meisten Männer stundenlang gefangen zu halten.
Seine Augen wurden dunkel, und die ausgeprägten Muskeln
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