Flammende Versuchung
sich. »Mylady, wenn ich um einen Augenblick Eurer Zeit bitten dürfte?«
Deirdre schaute auf und sah, dass Fortescue noch ein wenig steifer als sonst dastand. Gütiger Himmel, wenn sie es nicht besser wüsste, würde sie denken, er wäre nervös! Sie beugte sich zu Margaret hinüber und flüsterte in ihr Ohr: »Lady Margaret, lauf bitte ins Schulzimmer und hole Papier, während ich Fortescue helfe, den Besenstiel aus seinem Hintern zu ziehen.«
Meggie kicherte und gehorchte eilig. Fortescue sah ob ihrer Bereitschaft überrascht aus, als Meggie breit grinsend an ihm vorbeirannte.
»Ihr habt wahre Wunder bewirkt hinsichtlich der jungen Ladyschaft, Mylady.«
Deirdre zog die Stirn in Falten. Sie wollte nicht, dass Brookhaven etwas davon erfuhr. »Ich habe gar nichts getan. Lady Margaret entscheidet immer noch selbst.«
Fortescue verneigte sich. »Exakt, Mylady.«
Deirdre bedachte den Butler mit einem leisen Lächeln. »Was kann ich für Euch tun, Fortescue?«
Er räusperte sich. »Ich dachte, dass Ihr vielleicht jetzt, da Ihr Euch in Brook House eingelebt habt … ein bisschen zumindest …« Er verstummte, denn das war ganz gewiss nicht der Fall. »Vielleicht möchtet Ihr Patricias Ernennung zu Eurer Zofe bestätigen – das heißt, natürlich nur, wenn Ihr mit ihrer Arbeit zufrieden seid.«
Deirdre blinzelte. »Mir war nicht klar, dass es eine vorläufige Ernennung war.«
»Äh, nein, Mylady. Seine Lordschaft hatte darum gebeten, jemanden vom Personal zu bestimmen, bis Ihr Euch eine eigene Zofe ausgesucht habt.«
Patricia war ein reizendes Mädchen und sehr begabt, viel mehr als man annehmen sollte bei ihrer geringen Bildung …
Deirdre richtete sich auf. »Sie ist ein sehr intelligentes Mädchen, aber ihre Ausdrucksweise?« Deirdre machte eine abwertende Geste. »Ich befürchte, sie wird nie in der Lage sein, außerhalb dieses Haushaltes eine Arbeit zu finden. Es käme mir auch sehr entgegen, wenn sie lesen und rechnen könnte.«
Meggie kam mit einem Stapel Papier ins Zimmer zurückgeschlendert. Auf ihrer Wange war ein Fleck, und
einer ihrer Zöpfe löste sich auf. Ohne nachzudenken zog Deirdre das Mädchen auf ihren Schoß und fing an, ihn neu zu flechten. Meggie schien sich dabei nichts weiter zu denken, aber Fortescue riss überrascht die Augen auf. Deirdre fuhr fort: »Falls Patricia das möchte, würde ich gerne auf der Stelle einen Lehrer für sie engagieren.«
Alle Anspannung wich aus Fortescues fein geschnittenen Gesichtszügen, und er nickte knapp. »Ich werde mich sofort darum kümmern. Ich habe bereits eine geeignete Person im Auge.« Er ging davon, und wenn es sich dabei nicht um Fortescue gehandelt hätte, hätte man sagen können, dass er das beschwingt tat.
»Wie geht es Fortescues Hintern?«, erkundigte Meggie sich neugierig.
Deirdre lächelte, während sie gedankenverloren mit ihrem Taschentuch Meggies Gesicht säuberte. Der Butler und die Zofe der Hausherrin? Sie war fast ein bisschen neidisch. »So komisch das klingt, aber ich glaube, es geht ihm jetzt besser.«
Neunzehntes Kapitel
M iss Sophie Blake war es trotz ihrer üblichen Ungeschicklichkeit und ihrer Unfähigkeit, wegen ihrer Größe mit dem Unterholz zu verschmelzen, gelungen, dem Haus ihrer Tante unbemerkt und ohne Anstandsdame zu entkommen. Nicht dass Tessa in dieser Hinsicht besonders wachsam war, aber sie schien die unheimliche Begabung zu haben, einen jeden, der sich auch nur ein wenig zu amüsieren drohte, sofort ausmachen zu können, um ihm dann den Spaß zu verderben.
Es war merkwürdig, die Straßen Londons ganz allein entlangzuspazieren. Vielleicht hätte es sie erschrecken sollen, aber offenbar ließ ihre altmodische Kleidung und ihr offensichtlicher Mangel an Wohlstand sie eins werden mit der großen Klasse der Dienstboten und machte sie damit fast unsichtbar. Es war ziemlich befreiend, und sie genoss ihren Spaziergang nach Brook House aus ganzer Seele.
Sie lächelte sogar Fortescue an, als sie eintrat, jedoch bemerkte sie sein überraschtes Blinzeln nicht, da sie sich nach Deirdre umschaute.
»Ihre Ladyschaft ist in ihrem Wohnzimmer, Miss Blake. Wenn Ihr bitte im Salon warten möchtet. Ich werde ihr sagen, dass Ihr hier seid.«
Sie lächelte leise bei der Erinnerung daran, dass sie jetzt nicht länger ein Mitglied des Haushaltes, sondern
ein Besucher war, reichte dem Butler ihre Haube und ihre Handschuhe und schritt den Flur hinunter. Gerade als sie die Tür des Salons erreichte, drehte sie sich noch
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