Flammende Versuchung
Augenblick nicht an den Grund dafür erinnern. Sie sollte es tun.
Er könnte die Hand ausstrecken und diese Strähne
berühren, die sich direkt über ihrem Ohr kringelte, oder vielleicht seinen Fingerspitzen erlauben, zärtlich über ihre Wange zu wandern zu diesen roten, vollen Lippen …
Er trat näher an sie heran. Sie schwankte ihm entgegen, während ihre Augenlider sich demütig senkten …
Von oben erklangen ein Krachen und ein wütender Schrei von Meggie, gefolgt von einer Kaskade von Wörtern, die keine Neunjährige kennen sollte.
Calder schaute frustriert die Treppe hinauf. »Was für eine Last. Ich sollte sie geradewegs zurück nach Brookhaven schicken.« Er wandte seinen Blick wieder Deirdre zu. Sie war ein paar Schritte zurückgetreten, und in ihren Augen glomm enttäuschte Verärgerung.
»Das würdet Ihr tun, nicht wahr?« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Warum wickelt Ihr sie nicht einfach in braunes Packpapier und schickt sie mit der Post? Oder mich. Wohin wollt Ihr mich eigentlich schicken, wenn ich mich nicht benehme?« Sie redete sich jetzt richtig in Rage. Es stand ihr gut.
Verdammt! Er seufzte müde, wissend, dass sie das mehr verärgern würde als alles andere. »Ich habe für diesen Unsinn jetzt keine Zeit. Ihr findet mich in meinem Arbeitszimmer.«
Sie kniff die Augen zusammen. »Nur zu. Versteckt Euch. Das könnt Ihr schließlich am besten.«
Er schüttelte den Kopf und wandte sich von ihr ab. Ihre Wangen waren gerötet, und ihre Augen funkelten. Er musste immer daran denken, woran er mit ihr war. Er würde nichts erreichen, wenn er sich zu einer Reaktion hinreißen ließe.
Als Brookhaven ihr seinen breiten Rücken zukehrte und sie stehenließ, hätte Deirdre ihm vor Ärger am liebsten in den Rücken geboxt. Oh, wie gerne würde sie ihm ein bisschen Verstand in seinen Sturschädel prügeln!
Da sie gerade kein akzeptables Wurfgeschoss in Reichweite hatte, musste sie sich mit einem Laut der Frustration und des Ärgers zufriedengeben.
Es stand eins zu null für Brookhaven. Sie selbst hatte nichts. Nichts außer einem Bauch voll des heftigsten Verlangens, das sie jemals verspürt hatte, vermischt mit dem Gefühl des Verlustes und des Sehnens und des Schmerzes und Wut. Sie stampfte mit dem Fuß auf, denn wenn es niemand sehen konnte, durfte man schon kindisch sein.
»Brookhaven, eines Tages wirst du mir zu Füßen liegen und mich anbetteln, dich bis an mein Lebensende zu lieben«, schwor sie. »Und dann werde ich…«
Was? Ihn zurückweisen?
Seine Liebe erwidern bis an das Ende eurer Tage?
Die Wut und der Kampfgeist flossen aus ihrem Körper, und sie seufzte. Ja, das würde sie wahrscheinlich tun.
Verdammt!
Einundzwanzigstes Kapitel
N ach ihrem Zusammenstoß mit Brookhaven im Flur war es eine Erleichterung, in den Salon und zu der unkomplizierten Bewunderung zurückzukehren, die sie dort erwartete. Vielleicht war sie oberflächlich, aber was war denn schon verkehrt an einem bisschen harmloser Flirterei? Schließlich war es nicht so, dass es seiner Lordschaft etwas ausmachte – oder zumindest war es ihm egal, solange sie nicht zu viel Spaß daran fand.
Ach, er konnte sie mal! Sie würde mehr Spaß haben, als sie ertrug – und sie würde sofort damit anfangen.
Sie rauschte mit ihrem besten Lächeln auf den Lippen für ihre Bewunderer in den Salon. Sophie schaute eher müde auf. Offenbar juckte es sie, wieder zu ihren staubigen Büchern zurückzukehren. Deirdre verspürte den Anflug eines schlechten Gewissens, dass sie ihre Cousine derart missbrauchte.
Sie ließ sich neben Sophie auf dem Sofa nieder und wandte den drei jungen Männern auf dem Sofa gegenüber diskret ihre Schokoladenseite zu. Graham, der es sich im Sessel am Kamin bequem gemacht hatte, schenkte ihr ein anerkennendes Lächeln. Sie zog eine Augenbraue hoch und wandte sich an Sophie.
»Cousine, erzähle uns doch von deiner letzten Übersetzung. Ich sterbe vor Neugier.« Tatsächlich waren die Geschichten wirklich spannend, aber es wäre die Veränderung
in Sophie auch wert gewesen, wenn sie es nicht wären.
Sofort hellte sich die Miene ihrer zurückhaltenden Cousine auf. »Oh, gern. Diese heißt Von dem Sommerund Wintergarten. Es geht um einen Fluch, müsst Ihr wissen, und dieser Fluch ist dafür verantwortlich, dass es in der einen Hälfte des Gartens selbst im Sommer schneit und in der anderen Hälfte im Winter die Rosen blühen. Eines Tages sieht ein Reisender die Rosen im Schnee und hält an, um
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