Flammender Diamant
Blick nach Norden gemacht.«
Cole kniff die Augen zusammen und verglich seine Erinnerung mit der verwitterten Landschaft. »Verdammt«, sagte er schließlich, »du könntest wirklich recht haben. Wenn ja, dann gibt es dort auch während der Trockenzeit Wasser, denn das würde erklären, warum Abe dort ein Lager haben konnte. Und dahin führen ganz sicher auch die Spuren.«
Erin stand mühsam auf.
»Langsam«, sagte Cole und hielt sie fest. »Kein Grund zur Eile. Der Haufen Kalkstein war schon so viele Jahre dort, er wird auch noch ein paar Stunden länger halten.«
»Ich auch?« flüsterte Erin unsicher, denn sie fühlte, wie sie mit jedem Pulsschlag schwächer wurde.
Cole festigte seinen Griff. »Du bist stärker, als du denkst.«
Eine Brise wehte aus Richtung der immer noch schwärzer werdenden Wolken herüber. Cole sah zum Himmel und erkannte, daß die Wolken tatsächlich viel dicker geworden waren, so daß die brutale Sonnenstrahlung gedämpft wurde. Er schnupperte den dichten, böigen Wind eindringlich wie ein Tier, und seine Nüstern blähten sich bei dem unverkennbaren Geruch nach Regen.
»Cole?« flüsterte Erin und sah den Himmel an.
»Er kommt, Erin.«
»Wann?«
Wieder blitzte und donnerte es. Nicht mehr so weit weg, lauter.
»Ich weiß es nicht. Manchmal ist es tagelang in dieser Weise weitergegangen.« Cole sah in Erins schmal gewordenes Gesicht hinab und in die grünen Augen, deren Schönheit selbst die Erschöpfung nicht vermindern konnte. »Am Fuß von Bridgets Hill werden wir Schatten und einen Unterstand finden.«
»Und Wasser?«
Cole antwortete nicht. Er log sie nie an. Er wollte auch jetzt nicht damit anfangen.
Erin starrte das rauhe Stück Landschaft an, das jetzt ihr Ziel war. Es schien sehr weit weg zu sein. Sie zwang sich, loszugehen.
Die ersten paar Schritte blieb Cole noch neben ihr, um sie aufzufangen, falls sie fiel. Es brach ihm das Herz zu sehen, wie schwer ihr das Gehen fiel, aber er wußte, daß es dumm war, sie auch nur einen Schritt mehr als nötig zu tragen, denn auch seine Schritte wurden unsicher, auch sein Körper unterlag langsam der Hitze.
Die Windstöße mit ihrem Regengeruch lockten Erin voran. Langsam zwang sie sich, weiter auf den Hügel zuzugehen, den sie zum ersten Mal auf den Fotos gesehen hatte. Fotos aus einer Zeit, als Abelard Windsor noch jung genug war, an die Liebe einer Frau zu glauben. Aber Bridget's Hill schien sich bei jedem von Erins Schritten um einen Schritt zurückzuziehen.
»Bewegt jemand diesen Berg?« fragte sie schließlich mit rauher Stimme. »Wir kommen gar nicht näher.«
»Die Hälfte der Strecke haben wir schon geschafft«, sagte Cole. »Die flache Landschaft im Vordergrund und die Hitzewellen täuschen.«
Sie wanderten noch einen Kilometer und noch einen. Langsam senkte sich der Boden unter ihnen in einem langen flachen Abhang. Der Hügel wirkte noch mächtiger über der Senke, hockte über der Landschaft wie ein Dämon, der in schimmernde Wellen heißer Luft gehüllt war.
Erin stolperte über einen Busch Wüstengras. Cole fing sie auf und stützte sie, zog sich einen ihrer Arme über die Schultern und legte den seinen um ihre Taille.
»Laß mich - hier«, sagte sie.
Cole machte sich nicht die Mühe zu antworten.
»Verdammt - laß mich -«
»Rede nicht. Geh weiter.«
Cole führte Erin weiter auf die zerklüftete Kalksteinwand zu, die über der dampfigen Ebene thronte. Donner grollte direkt über ihnen. Sie bemerkten es beide nicht, denn ihr ganzes Sein war fixiert auf jene Felswand. Je näher sie kamen, um so sicherer war Cole, daß Erin recht gehabt hatte.
Es war Bridget's Hill, der sich da vor ihnen erhob.
Erin stolperte und wäre hingefallen, wenn Cole sie nicht ohnehin schon gehalten hätte. Er wartete schweratmend. Nach einer Minute richtete sie sich wieder auf und versuchte weiterzugehen.
Beide trafen zweihundert Meter vor dem Fuß des Hügels auf die Reste einer Feuerstelle. Die verkohlten Äste waren teilweise im Sand vergraben. Das Feuer war riesig gewesen, woraus Cole schließen konnte, daß sich hier mehrere Stämme versammelt hatten. Zerbrochene Bierflaschen und zerdrückte Bierdosen umgaben in einem Kreis das Feuer. Wie alt diese Spuren waren, konnte man nicht erkennen, nur daß die Aborigines seit dem letzten Regen hier gewesen waren.
Ein Blitz zischte auf Bridget's Hill herunter, direkt gefolgt von einem krachenden Donner, der Erin aus ihrem Dämmerzustand weckte. Sie schauderte und schluckte
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