Flammendes Begehren
oder in der Truhe lauern.« Ohne auf Elizabeth’ Antwort zu warten, ließ er sich in einen der Stühle am Kamin fallen und streckte die Beine aus.
Gegen ihren Willen entwich ihr ein Seufzer. Sie hatte keine Angst vor Ungeheuern, entschied aber, dass es klüger war, wenn sie seiner Aufforderung nachkam.
Nachdem sie sich auf die Kante des Stuhls gesetzt hatte, strich sie sich das Gewand glatt und schlang die Hände um die Knie.
»Gefällt Euch die Robe?« Seine Stimme wirkte rauchig.
Elizabeth nickte. »Lord de Lanceau, ich muss Euch etwas fragen. Warum …?«
»Geoffrey.«
»Wie bitte?«
Sein Mund zuckte. »Ich heiße Geoffrey. So wie Ihr Elizabeth gerufen werdet.«
Ihre Hände wurden feucht. »Ich weiß, Mylord, aber …«
»Warum vergessen wir nicht, wer wir sind, und sprechen uns mit Vornamen an, wenn auch nur für einen Abend? So als stünden wir auf derselben Seite?«
Elizabeth unterdrückte ein Keuchen. Es kam überhaupt nicht in Frage, dass sie den Schurken, der ihrem Vater den Garaus machen wollte, mit Taufnamen ansprach. Bis sie jedoch wusste, was de Lanceau mit ihr vorhatte, würde sie so tun, als ließe sie sich auf sein Spiel ein. »Nun gut …Geoffrey.«
Er lächelte. »Was wolltet Ihr gerade sagen?«
Auf das Bliaut deutend, sagte sie: »Mir ist nicht ganz klar, warum Veronique sich so großzügig zeigt.«
»Veronique, ach ja. Sie wird das Bliaut nicht vermissen.«
Elizabeth runzelte die Stirn. Vergnügtheit glomm in seinen Augen, die ihr suspekt war. »Sowohl das Bliaut als auch das Untergewand sind von erlesener Qualität.« Sie schielte zu den Scheiten, die soeben verrutscht waren, und fügte mit gedämpfter Stimme hinzu: »Es überrascht mich, dass sie mir diese edlen Roben leiht, nachdem …«
»Nachdem sie sich heute Nachmittag von ihrer wütenden Seite gezeigt hat«, unterbrach er sie.
Elizabeth rutschte im Stuhl hin und her und zog sich den Saum über die Füße. »Ja.«
»Zerbrecht euch nicht den Kopf darüber.« Geoffrey griff nach dem irdenen Krug. »Wein?«
»Nein danke.« Sie hatte bereits einen Krug getrunken und wollte verhindern, dass sie nicht mehr Herrin ihrer Sinne war. Sie musste einen möglichst klaren Kopf bewahren. Als er ihr dennoch einen Kelch einschenkte, nahm sie ihn entgegen. Für den Bruchteil einer Sekunde berührten sich ihre Finger, was Geoffrey jedoch nicht zu bemerken schien.
Die freie Hand im Bliaut vergraben, nahm sie einen winzigen Schluck. Der Wein mundete ihr um einiges besser als der, den sie zuvor getrunken hatte. Sie nahm einen weiteren Schluck, der diesmal etwas größer ausfiel. Geoffrey beobachtete sie über den Rand seines Kelches hinweg, wandte aber den Blick ab, als einer der brennenden Scheite herunterfiel und einen Funkenregen freisetzte, der an tanzende Schmetterlinge erinnerte.
Die Wärme des Feuers legte sich wie eine flauschige Decke um sie, und eine eigenartige Stille senkte sich über das Gemach. Die Augen halb geschlossen, warf Elizabeth einen verstohlenen Blick zu Geoffrey hinüber. Er tastete seine Beine ab, die sich unter den enganliegenden Beinkleidern abzeichneten. Hornknöpfe hielten sein Hemd zusammen, und der Stoff über seiner breiten Brust saß ein wenig eng. Sein muskulöses Erscheinungsbild ließ keinen Zweifel daran, dass sie es mit einem erprobten Kämpfer zu tun hatte.
Ein formidabler Gegner für ihren Vater.
Ihr Magen zog sich zusammen. Ehe sie es sich versah, setzte sie den Kelch abermals an ihre Lippen und studierte Geoffreys kantiges Profil. Er schien sich seit gestern nicht mehr rasiert zu haben. Ein wärmendes Gefühl breitete sich in ihrer Brust aus. Er mochte ein erfahrener Kämpfer sein, doch sein leichter Bartwuchs bewies, dass er nichts weiter als ein Mensch aus Fleisch und Blut war. Wie es sich wohl anfühlen mochte, wenn sie mit den Fingern über sein stoppeliges Kinn fuhr?
»Ihr seid so still.« Geoffreys Stimme riss sie jäh aus ihren Gedanken.
Als sie den Kopf hob, begegnete sie seinem durchdringenden Blick. Schnell senkte sie das Haupt, betrachtete die rubinrote Flüssigkeit in ihrem Kelch und kämpfte tapfer gegen die Röte an, die ihr in die Wangen stieg. »I-ich habe nachgedacht.«
»Das war nicht zu übersehen.« In seiner Stimme schwang ein Funke Belustigung mit. Hatte er bemerkt, dass sie ihn gemustert hatte?
»Nur zu gern würde ich wissen, warum Ihr mich zu dieser Stunde habt herrufen lassen«, platzte es aus Elizabeth heraus, die sofort bereute, mit so zittriger Stimme
Weitere Kostenlose Bücher