Flammendes Begehren
Entrüstung hinunterzuspülen, der sich in ihrem Mund ausgebreitet hatte. Anschließend ließ sie die Seidenrobe auf den Tisch fallen und sagte: »Ich ziehe das Gewand vor, das ich den ganzen Tag über getragen habe.«
Mit weit aufgerissenen Augen schüttelte Elena den Kopf. »Aber dies unterstreicht doch Euren Stand, Mylady!«
Als Elizabeth abermals auf den edlen Stoff blickte, war sie machtlos gegen das Verlangen, den leichten Stoff auf der Haut zu spüren. Später würde auch noch Zeit sein, sich mit Veroniques Motiven auseinanderzusetzen.
»Nun gut.« Elizabeth stellte den Becher ab, zog sich das Gewand an und griff dann nach der grünen Wolle. Mit einem schüchternen Lächeln überreichte Elena ihr ein edles Bliaut, dessen Farbe an die wilden Rosen erinnerte, die im Innenhof von Wode Castle blühten. Zweifelsohne noch ein Gewand aus Veroniques Kleidertruhe.
Nachdem Elena Elizabeth beim Schnüren des Gewandes geholfen hatte, machte sie einen Schritt zurück, musterte Elizabeth von Kopf bis Fuß und nickte zaghaft.
Elizabeth lachte. Endlich fühlte sie sich wieder wie eine Dame von Stand.
Die Magd trocknete Elizabeth’ Haar und bändigte es, indem sie es zu einem Zopf flocht, in den sie eine roséfarbene Schleife einarbeitete. Anschließend holte sie einen kleinen runden Spiegel aus poliertem Stahl. »Wie wunderschön Ihr seid, Mylady! Im Gegensatz zu anderen Frauen braucht Ihr kein Puder und kein Rouge aufzulegen.«
Elizabeth betrachtete ihr Ebenbild. Die Augen, die sie ansahen, wirkten weiser und kundiger als noch vor wenigen Tagen. Ihr Gesicht wirkte schmaler, was aber auch an der Krümmung des Metalls liegen konnte. Sie musste ihrem leicht geröteten Antlitz ein Lächeln schenken, als sie feststellte, wie gut das Bliaut ihren Teint ergänzte.
»Gefallt Ihr Euch, Mylady?«
»Sehr sogar.« Elizabeth legte den Spiegel auf dem Tisch ab. »Hab Dank, Elena!«
Die Magd strahlte bis über beide Ohren. »Mylord wird nicht minder entzückt sein.«
Elizabeth’ Lächeln fiel in sich zusammen. Es lag ihr fern, die Gefühle der Magd zu verletzen, aber es war ihr einerlei, was de Lanceau dachte. Zum ersten Mal seit Tagen fühlte sie sich entspannt und freute sich darauf, der untergehenden Sonne zuzusehen, wie sie Platz für den schwarzen Samt der Nacht machte.
Auf dem Weg zum Fenster spürte sie, wie sich der weiche Stoff bei jeder Bewegung um ihre Beine schmiegte. Als sie den Fensterladen öffnete, trug die seichte Brise Stimmen zu ihr hinauf: Kinder, die ihr Nachtgebet sprachen.
»Ich muss Euch jetzt zu ihm bringen.«
Die Hand am kalten Kaminsims, damit er ihr Halt gab, drehte Elizabeth sich zu der Magd um. »Wie meinen?«
Panik blitzte in Elenas Augen auf. »Lord de Lanceau hat es angeordnet. Er bat mich, Euch zu ihm zu bringen, wenn Ihr Euer Bad beendet habt.«
»Weshalb?«
»Das entzieht sich meiner Kenntnis, Mylady.«
Plötzlich wurde Elizabeth von einer unsäglichen Unruhe befallen. Mildreds Worte über das Schicksal von weiblichen Geiseln spukten ihr im Geiste herum. Jetzt schlug ihr das Herz bis zum Hals. »Richtet ihm aus, ich sei müde, bereits zu Bett gegangen und dass er mich morgen sprechen könne.«
»Sehr wohl, Mylady.«
Elena bückte sich und las die Seife auf. Sie zitterte. Fürchtete sie eine Züchtigung? Würde de Lanceau sie bestrafen und ihr die Wachen ins Gemach schicken, damit sie sich seinem Willen beugte?
Elena war nichts weiter als eine Magd, die ihren Herrschaften zum Gehorsam verpflichtet war. Der Gedanke, dass die schüchterne Magd darunter zu leiden hatte, weil sie sich zierte, bereitete ihr dennoch Magenschmerzen.
Elizabeth rückte vom Fenster ab und stellte den Becher ab. »Ich werde kommen. Hoffentlich ist es nichts Dringendes, weshalb er mich zu sich bestellt.«
Die Augen der Magd glänzten. »Habt Dank!«
Als Elizabeth nach Elena auf den Korridor hinaustrat, rückten die Wachen von der Wand ab und hefteten sich an ihre Fersen.
Der Gang wirkte dunkler und düsterer als je zuvor. Die Magd führte sie an zischenden Fackeln vorbei, bis sie auf dem hölzernen Treppenabsatz herauskamen. Trotz Elizabeth’ lückenhaften Wissens über die Burg ging ihr schnell auf, dass die Magd sie zu den Gemächern oberhalb der Halle führte, die für die Herrscherfamilie reserviert waren.
Zu de Lanceaus Privatgemach.
Elizabeth unterdrückte ein Schaudern.
Wenige Augenblicke später blieb die Magd vor einer massiven Flügeltür mit Eisenbeschlägen stehen. Elizabeth war, als stünde
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