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Flammendes Eis

Flammendes Eis

Titel: Flammendes Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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ihren langen wohlgeformten Beinen lag, hatte einen mokkafarbenen Teint und tiefschwarzes, dichtes, gelocktes Haar, das ihr lang über die Schultern hing. Ihre Lippen waren voll und nahezu perfekt geformt, und ihre Augen glichen dunklem Bernstein. Als attraktive Frau in einem Männerberuf hatte sie bisher geglaubt, alle Anmachsprüche zu kennen – aber dieser war ihr neu. Sie warf Austin einen Seitenblick zu. »Das ist ja komisch. Und für mich sehen Sie aus, als seien Sie von Kapitän Kidds Piratenschiff gefallen.«
    Austin lachte und fuhr sich mit den Fingern durch das zerzauste Haar. »Ich sehe vermutlich tatsächlich wie ein Pirat aus, aber ich habe das nicht als Scherz gemeint. Sie sind das Ebenbild der jungen Frau in dem Tempel. Allerdings dürften Sie ein ganzes Stück jünger sein. Ich glaube, das Porträt stammt aus der Zeit um viertausend vor Christus.«
    »Man hat mich ja schon als vieles bezeichnet«, sagte sie, »aber noch nie als ägyptische
Mumie
. Danke für das Kompliment, falls es als solches gemeint war. Und dafür, dass Sie uns unseren Hals gerettet haben. Das können wir Ihnen niemals vergelten, Mr. Austin.«
    »Zunächst mal können Sie mich Kurt nennen. Und darf ich Kaela sagen?«
    Sie lächelte. »Natürlich.«
    »Jetzt, da wir alte Freunde sind, würde ich Sie gern zum Abendessen einladen.«
    Sie ließ den Blick über den verlassenen Küstenstrich schweifen. »Was schwebt Ihnen vor? Irgendwas aus dem Pfadfinderhandbuch? Wurzeln und Beeren?«
    »Bei den Pfadfindern habe ich es bloß bis zum Wölfling gebracht. Ich dachte eher an etwas wie
Ente à l’orange
.
    Höchstwahrscheinlich sogar an einem Tisch mit Seeblick.«
    »Hier?«, fragte sie und ließ sich auf das Spiel ein.
    »Nein,
da
.« Er deutete hinaus aufs Meer, von wo ein türkisfarbenes Schiff sich ihrer Position näherte. »Casa
Argo
. Es heißt, der Chefkoch habe im Four Seasons gearbeitet, bevor die NUMA sich ihn geschnappt hat.«
    »Ich bin nicht auf den Kopf gefallen«, sagte Kaela. »Ich wäre ja verrückt, eine solche Einladung abzulehnen.« Ihr wurde ihr derangiertes Erscheinungsbild bewusst. »Aber ich glaube, ich bin für ein elegantes Abendessen nicht passend gekleidet.«
    »Bestimmt lässt sich an Bord etwas Geeignetes auftreiben. Ich frage gleich danach, wenn ich die Tischreservierung vornehme.
    Mein Funkgerät ist der einzige Apparat, der die Bruchlandung heil überstanden hat. Vielleicht können Sie ja Ihre Freunde einsammeln, während ich das Schiff anfunke – aber beeilen Sie sich. Wir befinden uns auf russischem Staatsgebiet, und ich habe keinen Pass dabei. Wir sollten unser Glück nicht überstrapazieren.«
    Austin ging zu dem beschädigten Ultraleichtflugzeug. Kaela sah ihm hinterher. Sie witterte eine Story. Wer
war
dieser Kerl?
    Mit Sicherheit kein Spinner. Sie rief Mickey und Dundee und wies sie an, die Filmaufnahmen zu beenden. Dann lief sie zu Austin.

6
    Moskau, Russland
    Mit eiserner Selbstbeherrschung legte Viktor Petrow den Telefonhörer auf, legte die Fingerspitzen aneinander und starrte ins Leere. Nach einem gedankenverlorenen Moment stand er von seinem Schreibtisch auf und trat ans Fenster. Während er hinaus auf die Stadt blickte und seine Augen auf den fernen Zwiebeltürmen der Basiliuskathedrale verweilten, hob er die Hand und strich sich über die rechte Wange. Das pergamentartige Narbengewebe über den toten Nervenenden verkündete, dass er die Berührung spürte. Wie lange war das jetzt her?
Fünfzehn Jahre.
Seltsam. Nach all dieser Zeit rief ein einziger Anruf die Erinnerung an den sengenden Schmerz wach.
    Petrow beobachtete die Fußgängerscharen, die unten durch die Sommerhitze drängten, und sehnte sich nach dem Winter.
    Wie so viele seiner Landsleute fühlte auch er sich dem Schnee auf ganz besondere Weise verbunden. Der russische Winter war streng und gnadenlos, doch er hatte das Land vor den Armeen Napoleons und Hitlers geschützt. Petrows Vorliebe für Schnee besaß darüber hinaus einen etwas prosaischeren Aspekt. Der Winter ließ die Makel der Stadt verschwinden, dämpfte den Lärm und versteckte die Korruption unter einer weißen Decke der Reinheit.
    Petrow kehrte zu dem verbeulten Metalltisch zurück, dem größten Gegenstand in dem kleinen schäbigen Zimmer. Auf einer Seite der Platte stand ein altmodisches schwarzes Telefon mit Wählscheibe, auf der anderen ein Faxgerät. In einer der Ecken ragte ein leerer, vornehmlich als Tarnung gedachter Aktenschrank auf. Das enge Büro gehörte

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