Flammenherz (German Edition)
Mann, der die Fackel trug, trat auf mich zu und hielt mir die Flamme dicht vors Gesicht. Reflexartig hob ich den Arm und legte ihn schützend vor mein Gesicht. Die plötzliche Helligkeit schmerzte in meinen Augen, die vom Weinen gerötet waren und sehr empfindlich reagierten.
»Was haben wir denn da Schönes?«, sagte einer der Männer und alle anderen um ihn herum begannen zu lachen. Dann griff er ohne ein weiteres Wort nach den Zügeln und setzte sich in Bewegung.
Sullah folgte ihm anstandslos. Ich machte keinerlei Anstalten mich dagegen zu wehren, denn ich wusste, dass ich keine Chance gegen diese Männer hatte. Außerdem war es mir egal und insgeheim hoffte ich, dass sie meinem Leiden ein rasches Ende bereiten würden.
Caleb stand am Kamin in der Bibliothek. Mit der einen Hand stützte er sich an der Mauer ab, in der anderen hielt er ein Glas Whiskey. Er sah wie gebannt auf die unter sich lodernden Flammen und versuchte sich einen Reim auf das zu machen, was heute Abend geschehen war.
Er war aufgebracht und wütend, weil Janet ihr Versprechen nicht gehalten hatte und er musste sich erst ein wenig beruhigen, bevor er zu ihr ging und sie zur Rede stellte.
Lady Adelise hatte man zu Mistress Graham gebracht, die sich um ihre Verletzung kümmerte. Caleb schüttelte verzweifelt den Kopf. Wie konnte Janet nur so etwas tun? Hatte er sie nicht ausdrücklich gebeten, sich von Adelise fernzuhalten? Er nahm einen großzügigen Schluck und seufzte.
In gewisser Weise war auch er schuld an dem, was geschehen war, das war ihm klar. Er hätte Adelise schon vor Tagen nach Hause bringen lassen sollen, anstatt sie weiter bei Janet und sich in der Burg zu beherbergen. Die beiden Frauen konnten sich nicht ausstehen, das war unübersehbar, aber dass es zu einem solchen Zwischenfall kommen würde, hätte er nie geglaubt.
Scheiße, das würde Ärger geben, keine Frage. Sobald der Clan der Fergussons von dem Vorfall erfuhr, hätte er keine ruhige Minute mehr.
Vielleicht würde er Lady Adelise mit einer Geldsumme zum Schweigen bringen. Caleb schüttelte den Kopf und lachte freudlos auf. Er wusste, dass sie nur ein Ziel vor Augen hatte, doch diesen Wunsch konnte und wollte er ihr nicht erfüllen.
Niemals würde er sich eine solche Frau an seine Seite holen. Er sah auf, als die Tür sich öffnete und Mistress Graham ihren Kopf hereinstreckte.
»Mylord, habt Ihr einen Augenblick Zeit für mich?« Caleb zwang sich zu einem unverfänglichen Lächeln und winkte sie höflich herein.
»Wie geht es Lady Adelise?«, wollte er wissen, doch in Wirklichkeit waren seine Gedanken bei Janet.
»Das ist es, warum ich Euch sprechen muss«, erwiderte Mistress Graham. »Sie ist nicht schwer verletzt und ich habe sie auf ihr Zimmer gebracht, aber es gibt da etwas, was mich stutzig macht.« Caleb runzelte die Stirn und sah sie fragend an.
»Was macht Euch Sorgen?«, fragte er und bat sie mit einer Handbewegung, auf einem der Sessel Platz zu nehmen. Mistress Graham räusperte sich und sah ihn eindringlich an.
»Mylord, Ihr wisst, dass ich schon weit mehr Männer und Frauen behandelt habe, als mancher Heiler.« Caleb nickte zustimmend und Mistress Graham fuhr mit ihren Ausführungen fort.
»Als ich heute die Wunde von Lady Adelise gesäubert habe, ist mir etwas sehr Merkwürdiges aufgefallen.« Caleb schenkte ihr nun seine ganze Aufmerksamkeit und rutschte unruhig in seinem Sessel hin und her.
»Was ist Euch aufgefallen?« Die Haushälterin überlegte kurz, dann holte sie tief Luft.
»Ihr habt am eigenen Leib erfahren, wie es ist, wenn man durch ein Messer oder einen Dolch verletzt wird. Am Anfang und am Ende einer solchen Schnittwunde, ist die Wunde fast wie ein Kratzer, also nur oberflächlich und erst weiter in der Mitte ist das Fleisch tiefer verletzt. Das liegt daran, dass kein gleichmäßiger Druck auf der Klinge lastet und so auch kein gleichmäßiger Schnitt zustande kommen kann. Selbst wenn das Opfer sich nicht bewegt, ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Wunde von Anfang bis Ende, exakt gleich tief ist«, stellte sie fest.
»Was wollt Ihr damit sagen«, fragte Caleb nun sichtlich verwirrt.
»Bei Lady Adelise geht der Schnitt nur knapp unter die Haut, es wird nicht einmal eine Narbe zurückbleiben, doch das Seltsame daran ist, dass die Wunde von Anfang bis Ende exakt die gleiche Tiefe hat«.
»Und?«
»Das lässt darauf schließen, dass die Klinge sehr langsam über die Haut geführt wurde, wahrscheinlich
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