Flammenherz (German Edition)
vom Opfer selbst.«
Caleb schnappte nach Luft und wollte gerade etwas sagen, als Mistress Graham die Hand hob und ihn damit bat, sie ausreden zu lassen.
»Nachdem ich dies festgestellt hatte, habe ich mir die Schnittwunde ein wenig genauer betrachtet und ein wenig kombiniert. Ihr und Lady Janet bevorzugt es, Dinge mit eurer rechten Hand zu erledigen.« Sie blickte zu Caleb, der seine rechte Hand in der Luft hin und her bewegte und zustimmend nickte. Mistress Graham stand auf und Caleb tat es ihr gleich. Sie stellte sich dicht vor ihn, während er noch immer irritiert zu ihr sah.
»Stellt Euch vor, Ihr greift nach dem Dolch und wollt mir exakt so eine Verletzung zufügen, wie die von Lady Adelise. Wie würde der Schnitt verlaufen?«
Caleb hob zögernd die Hand und fuhr Mistress Graham von der linken oberen Schulter, diagonal über das Dekoltè nach rechts unten. Sie lächelte zufrieden.
»Ganz genau«, sagte sie. »Und wenn Ihr Euch diese Wunde selbst zufügen würdet?« Caleb zog eine Augenbraue nach oben und fuhr dann mit seiner Hand von seiner linken Schulter über seine Brust nach rechts unten.
»Was hat das alles mit Lady Adelises Verletzung zu tun?«, fragte er ungeduldig. Mistress Graham schnaubte laut angesichts seiner Begriffsstutzigkeit.
»Ein Mensch, der seine linke Hand zum Arbeiten nutzt, so wie Lady Adelise, würde es genau umgekehrt machen, also von rechts oben nach links unten.« Caleb verstand noch immer nicht, was sie ihm damit sagen wollte und wurde langsam ärgerlich. Mistress Graham ließ erneut lautstark die Luft aus ihren Backen entweichen.
»Himmel, ist das denn so schwer? Lady Adelises Wunde geht von rechts oben nach links unten«, erklärte sie knapp und sah ihn erwartungsvoll an. Als er nicht sofort reagierte, fuchtelte sie hektisch mit den Händen vor seinem Gesicht herum und ihre Stimme wurde um einiges lauter.
»Versteht Ihr denn nicht? Lady Janet kann Lady Adelise diese Wunde nicht zugefügt haben, weil sie dann genau entgegengesetzt verlaufen wäre. Und da der Schnitt auch noch gleichmäßig tief ist, liegt es nahe, dass Lady Adelise sich absichtlich selbst verletzt hat. Ich habe keinen Beweis dafür, aber diese beiden Tatsachen zusammengenommen, der Verlauf des Schnittes und die Tiefe, lassen darauf schließen.«
Sie sah ihn stolz an und wartete auf eine Regung von Caleb. Plötzlich schien er zu verstehen, was sie ihm damit sagen wollte. Er packte Mistress Graham und wirbelte sie in der Luft herum.
»Ihr seid die Beste«, jauchzte er, setzte sie sanft ab und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Dann machte er auf dem Absatz kehrt und rannte hinaus. Er musste zu Janet und ihr erzählen, was Mistress Graham herausgefunden hatte und vor allem musste er sich bei ihr entschuldigen.
Als er die Tür zu ihrem Zimmer öffnete, war sie nicht da. Er wollte gerade wieder gehen, als er auf dem Bett etwas Silbernes aufblitzen sah.
Er nahm den Dolch in die Hand und besah ihn sich etwas genauer, als ihm plötzlich die Initialen ins Auge stachen, die oben am Griff eingraviert waren. CM, für Caleb Malloy. Sein Magen krampfte sich zusammen, als er begriff. Mitsamt dem Dolch rannte Caleb los, um Janet zu suchen.
Wir waren nicht lange unterwegs, als ich in der Ferne ein großes Lagerfeuer erkennen konnte. Kreisförmig um die Feuerstelle standen Pferdewagen und notdürftig errichtete Zelte. Mindestens 20 weitere Männer saßen auf Baumstämmen um das Lagerfeuer und sahen neugierig auf, als wir uns näherten.
An einigen zusammengezimmerten Balken hing ein massiver, schmiedeeiserner Topf über den Flammen, aus dem ein scharfer Geruch zu uns zog. Eine alte Frau rührte gleichmäßig darin herum und hob kurz den Kopf, als wir auf die Lichtung traten. Sie trug ein buntes Kleid und ihr Haar war mit einem verzierten Tuch umhüllt, dessen Perlen sanft auf ihrer Stirn hin und her baumelten.
Einer der Männer half mir vom Pferd und packte mich grob am Arm. Er schob mich vor sich her, bis wir das Lagerfeuer erreicht hatten, dann durchsuchte er mich und fand rasch den Beutel mit Münzen, den er triumphierend in die Luft hob.
Das Spray und Imogens Notizheft entdeckte er zum Glück nicht, denn dies hatte ich gut in meinem Oberteil versteckt. Schnell machten sich die Männer daran, die Münzen unter sich aufzuteilen, bis nur noch der leere Beutel vor mir am Boden lag. Danach blickten alle erwartungsvoll zu einem Mann, der fast reglos auf einem Baumstamm saß und mich
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