Flammenherz (German Edition)
erhebt, der mir gehört«, zischte sie drohend.
Ich ließ den Dolch in ihrer Hand nicht aus den Augen und versuchte abzuschätzen, ob und wann sie mich damit angreifen würde, doch sie tat nichts dergleichen. Sie stand nur da und taxierte mich. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, als ich den irren Glanz in ihren Augen erkannte, so als habe sie den Verstand verloren.
»Was hast du vor?«, wollte ich wissen und dachte krampfhaft darüber nach, wie ich wieder in den Besitz der Waffe gelangen konnte. Ich bekam keine Antwort, stattdessen hörten wir beide die Hufschläge von Pferden, die über den Hof ritten und ich atmete erleichtert auf.
Caleb war zurück und jetzt würde es nicht mehr lange dauern, bis sich die Tür öffnete und er mir zu Hilfe kommen würde. Nun konnte er sich selbst davon überzeugen, was für ein falsches Spiel Adelise trieb. Triumphierend sah ich zu ihr, doch in ihrer Miene spiegelte sich weder Angst, noch Entsetzen über Calebs plötzliche Rückkehr. Ganz im Gegenteil, ihr Lächeln war jetzt noch siegessicherer und ihre Augen blitzen mich voller Genugtuung an.
Was verdammt nochmal hatte sie vor und warum grinste sie so dämlich? Wenn sie mich jetzt mit dem Dolch verletzen oder gar töten wollte, dann würde Caleb sie dafür zur Rechenschaft ziehen und ihr Wunsch, Herrin von Trom Castle zu werden, ginge niemals in Erfüllung. Was aber machte sie so siegessicher und gab mir ein so ungutes Gefühl?
Wir hörten beide die Schritte, die über den Hof hallten und auch Adelise musste klar sein, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis Caleb mein Zimmer erreicht hatte. Erneut hielt ich ihr die offene Hand hin und hoffte, dass sie mir den Dolch widerstandslos aushändigte. Sie musste doch begriffen haben, dass es vorbei war.
»Gib mir sofort den Dolch und dann verschwinde«, befahl ich ihr. Mittlerweile waren Schritte auf der Treppe zu hören und ich konnte kaum erwarten, dass Caleb diese Szene mit eigenen Augen sah.
»Du willst den Dolch?«, fauchte sie mich leise an, den Blick auf die Tür gerichtet.
Was dann geschah, beobachtete ich mit weit aufgerissenen Augen, denn ich konnte nicht glauben, was Adelise tat. Sie hob langsam die Hand und zog sich die Klinge von der linken Schulter quer über ihren Oberkörper bis zu ihrer Brust. Sofort quoll Blut aus der Schnittwunde und färbte das Oberteil ihres weißen Kleides in ein dunkles Rot.
»Hast du völlig den Verstand verloren?«, quiekte ich fassungslos. Ich stand noch immer mit der aufgehaltenen Hand vor ihr, nicht fähig mich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Wie erstarrt vor Entsetzen blickte ich auf die blutende Wunde, die sie sich selbst zugefügt hatte. Ich hatte ja schon einiges hier erlebt, aber das war etwas ganz Neues.
Blitzschnell legte sie mir den Dolch in die Hand und sank dann theatralisch, mit einem lauten Schrei, vor mir zu Boden. Ich runzelte die Stirn und wollte sie gerade fragen, was das sollte, als sich die Tür öffnete und Caleb eintrat. Als er Adelise am Boden sah, blieb er wie angewurzelt stehen und seine Augen weiteten sich. Dann wanderte sein Blick zu mir und zu dem Dolch in meiner Hand.
Er stand nur da, sah mich an und in seinem Blick spiegelte sich Ungläubigkeit, Fassungslosigkeit und was am Schlimmsten war, Enttäuschung. Ich wollte etwas sagen, ihm erzählen, was gerade vorgefallen war, aber ich brachte kein Wort über die Lippen. Dass er auch nur den geringsten Zweifel an meiner Unschuld hatte, machte mich sprachlos.
Dann erschienen Cameron und Seamus in der Tür. Beide starrten zuerst auf die am Boden liegende Adelise und dann auf mich. Als Cameron dieser falschen Schlange aufhalf, deutete sie mit schmerzverzerrtem Gesicht auf mich.
»Sie hat mich hierher gelockt, um mich umzubringen«, schluchzte sie, dann liefen dicke Tränen ihre Wange herunter und sie brach weinend zusammen.
Adelise war eine hervorragende Schauspielerin und allein für diese Szene hätte sie einen Oscar verdient.
Sofort eilte Cameron ihr zu Hilfe und stützte Lady Adelise, als er mit ihr zusammen das Zimmer verließ. Seamus folgte den beiden. Caleb stand noch immer wie angewurzelt neben der Tür und sah mich ungläubig an.
»Seonaid?«, flüsterte er fragend und schüttelte den Kopf. Er schloss die Augen, so als könne er meinen Anblick nicht mehr ertragen, und bevor ich etwas sagen konnte, drehte er sich um und verschwand im Gang.
Ich sank auf mein Bett, den Dolch mit der blutigen Klinge in der Hand. Es war mir
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