Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)
Doppelte zurückzahlen werde,wenn er mir Geld und Papiere besorgt … er hat mir versprochen, dass Dante zu seiner Mutter zurückkommt … und ich habe ihm geglaubt, können Sie das verstehen, nach allem, was er mir angetan hat …«
Sie schlägt sich mit den gefesselten Händen gegen den Kopf.
»Wie zum Teufel kann man nur so dämlich sein«, sagt sie leise. »Er wollte bloß Dante haben … er hat mich mit einem Rohr verprügelt und eingesperrt. Ich bin ja so blöd, ich habe kein Recht zu leben …«
Hinter dem Hammarbykanal fahren sie unter dem Viadukt des Nynäsvägens hindurch und um die Konzerthalle Globen herum. Die große, runde Arena erhebt sich wie ein schmutzig weißer Himmelskörper neben dem Fußballstadion.
Direkt hinter dem Einkaufszentrum werden die Häuser flach und funktionalistisch. Sie fahren in ein großes umzäuntes Gelände mit Industriebauten und abgestellten Sattelzügen. In der Ferne sieht man die Neonschilder über beiden Spuren der Straße. Auf rotem Grund leuchten kalte, weiße Buchstaben: SCHLACHTHOFGELÄNDE.
Die Schranken stehen offen, und sie fahren mit donnernden Reifen auf das Gelände.
»Wohin jetzt?«, erkundigt sich Joona, während sie an einer grauen Lagerhalle vorbeifahren.
Vicky beißt sich auf die Lippen, ihr Blick irrt umher:
»Ich weiß es nicht.«
119
DER HIMMEL IST DUNKEL , aber das labyrinthische Industriegebiet wird von Neonschildern und Straßenlaternen erhellt. Praktisch überall haben die Belegschaften Feierabend gemacht, aber am hinteren Ende einer Querstraße hebt ein Kranwagen mit einem knirschenden, schabenden Laut einen blauen Container auf eine Ladefläche.
Joona fährt an einem schmutzigen Haus mit einem zerbeulten Werbeschild für Steaks vorbei und nähert sich grünen Blechhallen mit geschlossenen Stahltoren vor einem Wendehammer.
Sie kommen an einem gelben Backsteingebäude mit Laderampe und rostigen Containern vorbei und umfahren die Fleischzentrale.
Es ist kein Mensch zu sehen.
Sie biegen in eine dunklere Straße mit großen Belüftungsschächten, Mülltonnen und alten Einkaufswagen.
Auf dem Parkplatz steht unter einem Schild mit der Aufschrift »Leckere Würste für Sie« ein Lieferwagen, auf dessen Seite ein pornographisches Motiv lackiert ist.
Als sie über ein schräg liegendes Abflussgatter fahren, scheppert es. Joona biegt links ab und fährt um ein verbogenes Geländer herum. Von einem Stapel Holzpaletten fliegen Möwen auf.
»Da! Da ist der Wagen!«, schreit Vicky. »Das ist sein Auto … Ich erkenne das Haus, sie sind da drin.«
Vor einem großen leberbraunen Gebäude mit schmutzigenFenstern und Aluminiumjalousien steht ein schwarzer Lieferwagen mit der amerikanischen Südstaatenflagge im Heckfenster. Auf der anderen Straßenseite parken am Straßenrand vier PKWs hintereinander. Joona fährt an dem Haus vorbei, biegt links ab und hält an einem Backsteingebäude. Drei Fahnenmaste mit Firmenwimpeln flattern im Wind. Er sagt nichts, zieht nur den Schlüssel heraus, befreit eine von Vickys Händen und schließt die Handschelle um das Lenkrad, ehe er das Auto verlässt. Sie sieht ihn mit dunklen Augen an, protestiert aber nicht.
Durch die Windschutzscheibe sieht sie den Kommissar im Licht einer Straßenlaterne loslaufen. Es ist windig, Sand und Staub fliegen durch die Luft.
Zwischen den geschlossenen Gebäuden verläuft eine schmale Gasse mit Laderampen, Eisentreppen und Containern für Fleischabfälle.
Joona erreicht die Tür, auf die Vicky gezeigt hat, schaut sich um und lässt den Blick über das verlassene Gelände schweifen. In der Ferne fährt ein Gabelstapler in einem hangarähnlichen Gebäude auf und ab.
Er steigt eine Metalltreppe hoch, öffnet die Tür, gelangt in einen Korridor mit knirschendem PVC-Boden und geht leise an drei Büros mit dünnen Wänden vorbei. In einem weißen Topf mit Pflanzgranulat steht ein verstaubter Zitronenbaum aus Plastik. Zwischen den Ästen kleben noch Reste von Lametta. An der Wand hängt eine gerahmte Schlachtlizenz aus dem Jahre 1943, ausgestellt von der Krisenbehörde in Stockholm.
Auf der Stahltür am Ende des Korridors klebt eine laminierte Tafel mit Regeln für Hygiene und Recycling. Jemand hat quer über die Anweisungen »Bearbeitung von Schwänzen« geschrieben. Joona öffnet die Tür einen Zentimeter, lauscht und hört ferne Stimmen.
Vorsichtig blickt er in eine große Halle zur Verarbeitung von Schweinehälften. Der gelbe Klinkerboden und die Arbeitsflächenaus
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