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Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Einrichtungen sogar niedriger als im Durchschnitt.«
    Joona betrachtet erneut die Fotos, die vielen Blumen und Herzen. Das alles könnte so schön sein, wenn ein kleiner Junge den Karton versteckt hätte.
    »Gibt es irgendetwas Seltsames oder Unerwartetes?«
    »In den verschiedenen Einrichtungen hat er im Laufe der Jahre mit etwas mehr als zweihundertfünfzig Mädchen gearbeitet.«
    Joona atmet tief durch.
    »Ich habe sieben Vornamen«, erklärt er. »Der ungewöhnlichste ist Euterpe. Findest du jemanden namens Euterpe?«
    »Euterpe Papadias«, sagt Anja. »Selbstmord in einer Kurzzeitunterbringung in Norrköping. »Aber Daniel Grim hatte keine Verbindung zu der Einrichtung …«
    »Bist du sicher?«
    »Vor der Verlegung in die Einrichtung Fyrbyl steht hier nur kurz gefasst etwas über ihr bipolares Krankheitsbild, ihr selbstverletzendes Verhalten und zwei ernstzunehmende Selbstmordversuche.«
    »Ist sie aus dem Haus Birgitta dorthin gekommen?«, fragt Joona.
    »Ja, sie wurde im Juni 2009 verlegt … und am zweiten Juli desselben Jahres, also nur zwei Wochen später, wurde sie mit aufgeschnittenen Pulsadern in der Dusche gefunden.«
    »Aber Daniel Grim arbeitete dort nicht?«
    »Nein«, antwortet Anja.
    »Hast du ein Mädchen, das Sandy heißt?«
    »Ja, zwei … vor sieben Jahren als vermisst gemeldet, nachdem sie in Sollefteå wieder ganz normal in die Schule ging …«
    »Alle sterben an anderen Orten«, sagt Joona mit Nachdruck.
    »Aber … hat er das etwa getan?«, sagt Anja leise.
    »Ja, ich glaube schon«, antwortet Joona.
    »Großer Gott …«
    »Findest du etwas über ein Mädchen namens Emilia?«
    »Ich … ich habe hier eine Emilia Larsson, die das Haus Birgitta verließ … Es gibt ein Foto … ihre Arme sind von den Handgelenken bis zu den Armbeugen aufgeschnitten … er muss ihre Arme aufgeschnitten und sie daran gehindert haben, um Hilfe zu rufen, die Tür blockiert und einfach zugesehen haben, wie sie verblutete.«
    Joona geht hinaus und setzt sich ins Auto. Die Welt hat ihm wieder ihre finstere Seite gezeigt, und in seinem Inneren weht große Trauer heran wie ein eisiger Wind.
    Er sieht die schönen Bäume, atmet tief durch und denkt, dass die Polizei Daniel Grim jagen wird, bis er gefasst ist.
    Auf der Europastraße 4 spricht Joona mit dem Einsatzkoordinator in Duved und erfährt, dass die Straßensperren noch zwei Stunden Bestand haben werden, die Polizei jedoch kaum noch Hoffnung hat, Daniel Grim mit ihrer Hilfe stellen zu können.
    Joona denkt an den Karton mit Fotografien von Mädchen, die Daniel Grim ausgewählt hat. Er scheint kindliche Liebe für sie empfunden zu haben. Zwischen den Bildern lagen Herzen, Blumen und kleine Nachrichten.
    Seine kleine Sammlung war rosa und hell, die Wirklichkeit dagegen ein Albtraum.
    Die Mädchen in den Betreuungseinrichtungen und Jugendheimen waren eingeschlossen, möglicherweise auch mit Gurten fixiert oder nahmen starke Medikamente, als er sich ihnen aufzwang.
    Er war der Einzige, mit dem sie reden konnten.
    Keiner hörte ihnen zu, und keiner würde sie vermissen.
    Er hat Mädchen mit selbstverletzendem Verhalten und so vielen Selbstmordversuchen ausgewählt, dass die Angehörigen aufgegeben hatten und sie bereits als tot betrachteten.
    Miranda bildete eine Ausnahme. Sie tötete er vor Ort, in Panik. Kam es zu dem Mord, weil sie glaubte, schwanger zu sein?
    Joona denkt an die Mädchennamen, denen Anja nachgegangen ist. Mit dieser Verbindung wird die Polizei ihm eine Reihe von Morden nachweisen können. Es wird endlich möglich sein, diese abgeschriebenen Todesfälle aufzuklären und die Mädchen zu rehabilitieren.

174
    DIE ERINNERUNGEN AN TORKEL EKHOLMS EHEFRAU werden sichtbar in den Stoffen, in den handgefertigten Stickereien, in der abgewetzten Tischdecke. Mittlerweile sind die gestickten Säume der Vorhänge jedoch schmutzgrau und Torkels Hosen an den Knien fadenscheinig geworden.
    Der alte Polizist hat sein Medikament aus einer Dosierungsbox genommen und ist anschließend mit Hilfe des Rollators langsam zur Küchenbank gegangen.
    Die Wanduhr tickt scharrend und schwerfällig. Auf dem Tisch vor Flora liegen Torkels gesammelte Notizen, der Zeitungsausschnitt über den Unfall und die kleine Todesanzeige.
    Der alte Mann erzählt Flora möglichst viel über Holzbaron Rånne, das Gut der Familie, die Waldwirtschaft und Äcker, über die Kinderlosigkeit des Paars und die Adoption von Flora und ihrem Bruder Daniel. Er erzählt von Ylva, der

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