Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)
dunkles Blut auf die Steinplatten.
Daniels Atemzüge werden ruhiger. Sein Hemd ist am Rücken schweißnass. Die Aussicht aus der obersten Etage ist grandios. Ganz in der Nähe erhebt sich der Berg Tyskhuvudet und die Åreskutan mit ihrer Gipfelstation liegt in herbstlichen Dunst gehüllt. Auf der von Åre heraufführenden Straße sieht er plötzlich die Blaulichter einer Reihe von Einsatzfahrzeugen, aber die Straße nach Tegefors ist frei.
170
ALS FLORA DEN NAMEN IHRES BRUDERS AUSSPRACH , hatte Joona im selben Moment die richtigen Schlüsse gezogen. Auf dem Weg aus Torkels Haus wählte er Anjas Nummer, und sie meldete sich, während er durch den Garten lief. Als er sich ins Auto setzte, konnte sie ihm bestätigen, dass es sich bei Daniel Grim um den Jungen handelte, der von dem Holzbaron auf Gut Rånne adoptiert worden war.
Daniel Grim war der Junge, der sechsunddreißig Jahre zuvor in Delsbo vor Floras Augen ein kleines Mädchen tötete.
Joona hatte sich in den Wagen gesetzt und Elin Frank angerufen – Daniel hatte sie und Vicky nach Duved begleitet.
Während er darauf wartete, dass Elin sich meldete, verstand er plötzlich, warum Elisabeth Abwehrverletzungen auf der falschen Seite ihrer Hände hatte.
Sie hatte sich die Hände vors Gesicht gehalten.
Daniel hinterlässt keine Zeugen – niemand darf sehen, was er tut.
Nachdem er Elin gewarnt hatte, alarmierte er die Landeseinsatzzentrale und forderte Streifen- und Krankenwagen nach Duved an. Die Hubschrauber waren in Kiruna im Einsatz, und die Einsatzfahrzeuge würden mindestens eine halbe Stunde benötigen, um das Haus zu erreichen.
Joona hatte keine Möglichkeit, selbst rechtzeitig dort zu sein, es lagen mehr als dreihundert Kilometer zwischen Delsbo und Duved.
Er schloss die Autotür und ließ den Wagen an, als sein ChefCarlos Eliasson anrief und von ihm hören wollte, welche Gründe er dafür hatte, urplötzlich Daniel Grim zu verdächtigen.
»Vor sechsunddreißig Jahren hat er auf exakt dieselbe Art getötet wie bei dem Mädchen im Haus Birgitta«, antwortete Joona und fuhr langsam den Kiesweg hinab.
»Anja hat mir die Bilder von dem Unfall in Delsbo gezeigt«, sagte Carlos seufzend.
»Das war kein Unfall«, widersprach Joona hartnäckig.
»Was bringt dich dazu, eine Verbindung zwischen den beiden Fällen zu sehen?«
»Beide Opfer hielten sich die Hände vors Gesicht, als sie …«
»Ich weiß, dass Miranda das getan hat«, unterbrach Carlos ihn. »Aber ich sitze hier verflixt nochmal mit den Bildern aus Delsbo. Das Opfer liegt auf einem Laken und ihre Hände sind. …«
»Die Körperhaltung wurde verändert, bevor die Polizei eintraf«, sagte Joona.
»Woher weißt du das?«
»Ich weiß es einfach«, antwortete er.
»Ist das jetzt deine übliche Sturheit oder hat dir das diese Hellseherin eingeflüstert?«
»Sie ist eine Augenzeugin«, entgegnete Joona mit einem dunklen finnischen Unterton.
Carlos hatte müde gelacht und dann nur gemeint:
»Es ist sowieso alles verjährt, wir haben eine Staatsanwältin, die für die Ermittlungen gegen Vicky Bennet verantwortlich ist und gegen dich laufen interne Ermittlungen.«
Als Joona schließlich auf die Landstraße 84 eingebogen war und Richtung Sundsvall fuhr, hatte er Kontakt zur Polizei des Westlichen Norrlands aufgenommen und Streifenwagen und Kriminaltechniker angefordert, die sich um Daniel Grims Haus kümmern sollten. Über das Funkgerät hörte er, dass die Polizei von Jämtland damit rechnete, Elin Franks Haus zehn Minuten später zu erreichen.
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DER ERSTE STREIFENWAGEN HÄLT VOR ELIN FRANKS HAUS am Hang des Tegefjäll. Einer der Polizisten geht zu dem großen Auto und schaltet den Motor aus, während der zweite seine Waffe zieht und sich der Haustür nähert. Ein weiterer Streifenwagen biegt gefolgt von einem Krankenwagen auf den Kiesplatz.
Das Blaulicht des nächsten Krankenwagens ist bereits auf der steilen Schotterpiste zu sehen. Das große Haus wirkt seltsam verschlossen. Die Fenster werden von matten Metalljalousien verdeckt.
Es herrscht eine beängstigende Stille.
Mit gezogener Waffe gehen zwei Polizisten ins Haus. Ein dritter bleibt davor stehen, während der vierte sich um das Haus herum bewegt. Wachsam steigt er eine breite Treppe aus weißem Beton hinauf.
Das Haus macht einen unbewohnten Eindruck, es ist, als befände man sich in einer abgeschlossenen Schatulle.
Der Polizist gelangt auf eine Terrasse, geht an einer Gruppe Gartenmöbel vorbei und sieht dann das Blut,
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