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Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Raum betritt.
    Am Fenster steht ein Mann mittleren Alters mit grauem Gesicht. Er hat sich am Morgen nicht rasiert, vielleicht auch am Vortag nicht. Er trägt eine Jeans und ein zerknittertes Hemd und sieht sie mit fragenden Augen an, dann streicht er sich mit der Hand durch die schütteren Haare.
    »Ich heiße Elin Frank«, sagt sie sanft. »Ich weiß, dass ich störe und dafür bitte ich um Entschuldigung.«
    »Nein, das ist … das …«
    Sie bemerkt, dass er tagelang geweint haben muss. In einer anderen Situation hätte sie ihn richtig attraktiv gefunden. Die freundlichen Gesichtszüge, die reife Intelligenz.
    »Ich muss mit Ihnen sprechen, aber ich könnte es sehr gut verstehen, wenn sie dazu nicht in der Lage sind.«
    »Ist schon in Ordnung«, sagt er mit einer Stimme, die sich anhört, als würde sie jeden Moment brechen. »In den ersten Tagen ist die Presse hier gewesen, aber da konnte ich nicht sprechen, ich ertrug es nicht, es gab nichts zu sagen … also, ich meine, ich würde wirklich gerne versuchen, der Polizei zu helfen, aber das ist leider ziemlich danebengegangen … ich kann mich einfach nicht konzentrieren.«
    Elin versucht einen Weg zu finden, das Gespräch auf Vicky zu bringen. Ihr ist klar, dass das Mädchen für Daniel ein Monster sein muss, das sein Leben zerstört hat. Es wird also nicht leicht sein, ihn dazu zu bewegen, ihr bei der Suche nach Vicky zu helfen.
    »Darf ich einen Moment hereinkommen?«
    »Ich weiß ehrlich gesagt nicht recht«, sagt er und reibt sich übers Gesicht.
    »Daniel, was passiert ist, tut mir furchtbar leid.«
    Er flüstert ein Danke und setzt sich, blickt dann auf und kommentiert sich selbst.
    »Ich sage danke, aber im Grunde habe ich das alles noch gar nicht richtig verstanden«, sagt er bedächtig. »Das ist alles so unwirklich, weil ich mir doch Sorgen um Elisabeths Herz gemacht habe … und …«
    Sein Gesicht erlischt, wird wieder grau und in sich gekehrt.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, was Sie durchgemacht haben müssen«, erwidert sie leise.
    »Ich habe jetzt meinen eigenen Psychologen«, erklärt er mit einem gequälten Lächeln. »Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal einen Psychologen brauchen würde … Er hört mir zu, sitzt da und wartet, während ich schluchze, ich fühle … Wissen Sie, er lässt nicht zu, dass die Polizei mich vernimmt … An seiner Stelle hätte ich wahrscheinlich genauso entschieden … andererseits, ich kenne mich, ich bin okay … ich sollte ihm vielleicht sagen, dass ich glaube, reden zu können … auch wenn ich gar nicht weiß, ob ich überhaupt von Nutzen sein kann …«
    »Es ist sicher nicht verkehrt, auf seinen Psychologen zu hören«, sagt sie.
    »Klinge ich so verwirrt?«, fragt er lächelnd.
    »Nein, aber …«
    »Manchmal fällt mir etwas ein, was ich vielleicht der Polizei sagen sollte, aber dann vergesse ich es wieder, weil ich … es ist seltsam, aber ich kann mich nicht richtig konzentrieren, es ist, als wäre ich unglaublich müde.«
    »Das wird sicher besser werden.«
    Er blickt zu ihr hoch.
    »Habe ich Sie schon gefragt, für welche Zeitung Sie schreiben?«
    Sie schüttelt den Kopf und sagt:
    »Ich bin hier, weil Vicky Bennet bei mir gewohnt hat, als sie sechs Jahre alt war.«

86
    ES WIRD STILL IM KRANKENHAUSZIMMER . Durch die Tür dringen Geräusche von Schritten im Flur zu ihnen herein. Daniel Grim zwinkert hinter seiner Brille und kneift den Mund zusammen, als müsste er all seine Kraft mobilisieren, um zu begreifen, was sie gerade gesagt hat.
    »Ich habe in den Nachrichten von ihr gehört … von dem Auto und dem Jungen«, flüstert er nach einer Weile.
    »Ich weiß«, erwidert sie gedämpft. »Aber … wenn sie noch leben würde – was meinen Sie, wo würde sie sich dann verstecken?«
    »Warum wollen Sie das wissen?«
    »Ich weiß nicht … ich möchte einfach wissen, wem sie vertraut hat.«
    Er sieht sie einige Zeit an, dann fragt er:
    »Sie glauben nicht, dass sie tot ist?«
    »Nein«, antwortet sie leise.
    »Sie glauben es nicht, weil Sie es nicht glauben wollen«, sagt er. »Aber haben Sie auch einen Beweis dafür, dass sie nicht im Fluss ertrunken ist?«
    »Haben Sie keine Angst«, sagt sie. »Aber wir sind uns ziemlich sicher, dass sie es ans Ufer geschafft hat.«
    »Wir?«
    »Ich und ein Kommissar der Kriminalpolizei.«
    »Ich verstehe nicht ganz … warum sagen sie in den Nachrichten, dass Vicky ertrunken ist, wenn sie nicht …«
    »Die Polizei glaubt daran,

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