Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flammenopfer

Flammenopfer

Titel: Flammenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Liemann
Vom Netzwerk:
wollten aber auch nicht dementieren. In keiner der Meldungen ist von neuen Fakten die Rede. Aneinanderreihungen der bekannten Sachverhalte. Warum plötzlich alle Brandstiftungen im Prenzlauer Berg auf das Konto von Julia Grau gehen sollen, dazu sagt keiner was.«
    » Wer ist denn an die Presse gegangen?«, wollte Tarek wissen.
    » Traube!«, sagte Sternenberg. Er sah zu Isabel. » Oder?«
    » Nicht bestätigt. Allerdings ist er der Einzige, der namentlich in den Artikeln genannt wird – als Leiter der Fahndungsgruppe.«
    Die Tür ging auf, und Wolfgang Lichtenberg betrat den Raum, den Hemdkragen offen, die Ärmel hochgekrempelt. Ohne ein Wort setzte er sich neben Tarek, warf einen missmutigen Blick auf den Tisch und holte die Zigarettenschachtel aus der Brusttasche.
    Jano Dodorovic steckte den Kopf ins Zimmer: » Ich würde jetzt für alle bestellen. Sushi?«
    » Ich dachte, das war klar«, rief Isabel.
    Dodorovic schaute zu Lichtenberg, aber der qualmte ungerührt vor sich hin.
    » Also«, sagte Sternenberg, » danke, dass ihr noch mal hergekommen seid. Beziehungsweise hiergeblieben seid, Isabel. Ich habe zufällig die Schlagzeile gelesen, dass Julia Grau, die in U-Haft sitzt, gestanden hat. Die Rede ist von hundert Toten, das ist natürlich Unsinn.«
    » Warum?«, fragte Wolfgang Lichtenberg und rührte mit der Zigarette im Aschenbecher, um die Asche abzuschaben und anschließend weiterzurauchen.
    » Was meinst du mit: › Warum?‹ Hundert Tote gab es nun mal nicht bei den Bränden. Oder was denkst du? Dass es überhaupt Unsinn ist? Ich habe mit Julia Grau gesprochen. Ich habe den Eindruck, dass sie nicht die Täterin ist.«
    Lichtenberg drehte den Kopf zu Sternenberg und sah ihn mit dem Blick eines Zollbeamten an: » Den Eindruck?«
    » Ja. Was ist falsch daran? Sie legt keine Brände mit Todesfolge. Sie ist intelligent und kann sich artikulieren.«
    Tarek schnalzte. » Das waren die von der Roten Armee Fraktion auch.«
    Sternenberg unterdrückte den Wunsch, Tarek zurechtzuweisen. » Julia Grau war vor einigen Tagen bei mir auf dem Dach. Da haben wir uns zufällig gesehen und lange beieinander gesessen und gequatscht. Bei einer solchen Gelegenheit lernt man einen Menschen besser kennen, als wenn man ihn in der Zelle verhört. Deshalb glaube ich, mir ein Bild machen zu können.«
    » Darf ich dazu was sagen?«, fragte Tarek. » Dein Eindruck in allen Ehren. Du bist überzeugt. Was ist mit den anderen Fakten? Dass sie Feuerwehrfrau werden wollte, schon als Kind? Was ist mit ihrem Frust? Und – mal objektiv: Da sitzt diese Frau bei dir auf dem Dach … Auf dem Dach eines Polizisten, der gegen Gewaltkriminalität vorgeht und der Brandstiftungen untersucht. Fällt uns da nichts auf? Der Polizist wohnt in einem Penthaus. Waren die meisten Anschläge nicht auf Penthäuser gerichtet?«
    » Beim Kinderheim nicht«, wandte Isabel ein.
    » Ich spreche von der Mehrzahl, oder zumindest von einer großen Zahl«, sagte Tarek. Ist das Zufall? Vielleicht hast du sie auf frischer Tat erwischt. Julia Grau wollte dich möglicherweise im Rauch ersticken lassen. Du sprichst mit ihr, und sie lullt dich ein. Vielleicht ist sie sympathisch. Sieht ja hübsch aus …«
    » Ich war mit ihr im Bett«, sagte Sternenberg. » Wir haben nicht miteinander geschlafen. Wir waren müde. Ich kam von der Telefonseelsorge, sie hatte die ganze Nacht oben gesessen. Es glaubt sowieso keiner. Ist auch egal. Ich will es euch nur sagen. Für den Fall, dass sie im Protokoll so was über mich gesagt hat. Oder vor Gericht. Danach habe ich sie nicht mehr gesehen. Bis zur U-Haft. Bis ich bei ihr war, hatte ich keine Ahnung, wie sie heißt. Die Überraschung war riesig. Für sie auch.«
    Schweigen im Durchgangszimmer. Das Essen ließ auf sich warten.
    Isabel räusperte sich. » Das Problem ist, dass wir nicht wissen, was Traube hat.«
    » Nichts«, sagte Tarek.
    » Wieso nichts? Immerhin ist das Geständnis von ihm veranlasst worden.«
    » Das glaube ich auch«, sagte Sternenberg. » Julia Grau hat Andeutungen gemacht, dass er ihr gegenüber mies war. Er kann sehr hart sein, oder? – Hey? Liege ich falsch?«
    Tarek sprang ihm zur Seite. » An dem hätte die Stasi ihre Freude gehabt.«
    » So ähnlich hatte sich Julia auch geäußert«, sagte Sternenberg. » Wie meinst du das, Tarek, dass Traube nichts hat? Immerhin hat er ihr Geständnis. Wenn er es hat.«
    » Eben.« Tarek grinste. » Wahrscheinlich hat er es erpresst. Abgesehen davon, ob sie Schuld hat: Wenn

Weitere Kostenlose Bücher