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Flammenopfer

Flammenopfer

Titel: Flammenopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Liemann
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gelangen? Gab es auf der Straßenseite auch Terrassen? Es würde ungleich gefährlicher sein, dort entlangzugehen. Aber wenn es der einzige Weg war, musste er ihn einschlagen. Die Leiter nahm er mit. Er musste sich merken, wo er sie aufgegabelt hatte. Der Fotos wegen. Niemand wertete sie aus, normalerweise. Aber bei der Reihe der Brandstiftungen konnte man nie wissen. Es war schon gefährlich genug, in einigen Häusern Proben mitgenommen und miteinander verglichen zu haben. Sogar nicht gezündete Feuerbeschleuniger. Und erst recht, sie an Ort und Stelle anzuzünden, aber das war eine andere Sache, die er vergessen musste. Sonst käme er nie weiter.
    Er sah hinunter auf den leeren Hof. Er säuberte seine Ärmel, so gut das mit langsamen Bewegungen ging. Er fühlte den Ruß in seiner Hand und bugsierte das schwarze Gerippe als Erstes durch die verschlossene, aber geborstene Terrassentür in den Büroraum hinein. Dabei achtete er darauf, sehr langsam auf die Scherben zu treten. Man konnte nicht wissen, ob nicht doch noch jemand im Haus war, der gute Ohren hatte.
    Er trat in den Raum hinein und fühlte den Brandgeruch in seine Lungen dringen und sah den breiten Rücken des Feuerwehrmanns.
    Der Mann stand mit dem Rücken zu ihm inmitten des Raumes. Unbeweglich, schien es. Irgendwie hatte er die Zeit, den blassgelben Helm zu sehen und den schwarzen Nackenschutz aus Leder, die dunkelblaue Jacke und die schwarze Hose und die Stiefel. Der Feuerwehrmann hielt nichts in der Hand. Er stand ohne Regung im Raum.
    Traube wusste nicht, wohin der Feuerwehrmann sah und was er plötzlich in dem Büro machte. Er fühlte die Rußleiter in seiner Hand und überlegte, was er damit machen könnte.
    In dem Moment drehte der Feuerwehrmann sich um. Er sah ihn unverwandt an. Ohne Überraschung. Entschlossen. Der Feuerwehrmann machte drei Schritte auf Tobias Traube zu und streckte den Arm aus. Er packte ihn am Hemdstoff unter seinem Hals und zog ihn ein Stück zu sich heran, und zugleich hob er ihn an. Lächeln oder Entschlossenheit, das war nicht zu unterscheiden.
    Der Feuerwehrmann drückte ihn mit ausgestrecktem Arm rückwärts, durch die Terrassentür hinaus. Tobias Traube hielt noch immer das Holz in der Hand, er klammerte sich fest daran, aber es stocherte im Leeren wie er selbst.
    Der Feuerwehrmann ging einen weiteren Schritt auf der Terrasse nach vorne und schob Traube am ausgestreckten Arm vor sich her. Eine Sekunde wartete er. Dann gab er ihm den letzten Stoß. Dr. Tobias Traube hielt sich an dem Holzgerippe fest, an einer ehemaligen Schranktür eines Büros für Immobilienfinanzierung, während er nach hinten stolperte, von dem Feuerwehrmann losgelassen wurde und fünf Stockwerke tief in den menschenleeren Hof fiel.

23
    » Das Allerwichtigste ist, dass wir eine Klärung herbeiführen. Ohne eine Klärung können wir nicht weiterarbeiten.« Ein Zweig der Palme, die an der Wand des Raumes stand, schwebte über Sigurds Kopf, was ihm die Aura eines Heiligen verlieh, fand Sternenberg.
    Die psychologische Regie hatte fünf Stühle kreisförmig im Besprechungszimmer aufgestellt. Links und rechts von Sigurd saß jeweils ein weiteres Vorstandsmitglied.
    Jochen war neu im Vorstand, Sternenberg mochte ihn noch nicht einschätzen. Er wirkte auf ihn wie ein glatter Bürokrat, aber das taten viele junge Menschen, und weil er das wusste, traute er seinem Urteil nicht.
    Manuela war in den letzten sechs Jahren fülliger geworden, ihre Haare noch strahlender rot. Sie hatte ein spöttisches, hübsches Lächeln, das an einer kurzen Affäre zwischen Kai Sternenberg und ihr schuld gewesen war. Ob sich das in dieser Krise für oder gegen ihn auswirken würde, wusste er nicht.
    Neben ihm saß Monika, die ihn wegen unterlassener Hilfeleistung angezeigt hatte. Die fünf Stühle waren auf gleichen Abstand im Kreis gehalten, sodass nicht der Eindruck entstand, Monika und er säßen dem Vorstandsgremium frontal gegenüber. So jedenfalls interpretierte er es.
    Manuela drehte eine rote Haarsträhne. » Geklärt haben wir einiges. Kai hat zugegeben, dass es eine Überreaktion war. Ich habe das Gefühl, das ist ein Schritt, den er auf Monika zugegangen ist. Also, er war cholerisch und hat sich entschuldigt.«
    » Entschuldigt?«, japste Monika und stieß einen Hohnlacher aus.
    » Ich finde«, sagte Jochen und legte eine Pause ein, um sich Gehör zu verschaffen, » dass der Vorstand sich nicht darum zu kümmern hat, ob es eine Entschuldigung zwischen den beiden

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