Flammenzungen
investierte. Er musste einen heimlichen Racheplan verfolgen, einen, der etwas mit Nabil, Gavin und ihrem Revolver zu tun hatte. Für sie war klar, dass er den Kontakt zu ihr gesucht hatte, damit er ihrem Freund näher kommen und unauffällig in der Stadt bleiben konnte, um seinen ehemaligen Partner im Auge zu behalten. Hatte er sich dabei wirklich in sie verschossen, oder gehörte diese Lüge mit zu seinem Plan?
Gnade ihm Gott, sollte er mich nicht lieben, dachte Amy, stach ihre Gabel in das Fleisch zwischen zwei Rippchen und säbelte förmlich mit dem Messer zwischen den Knochen hindurch. Nichts ist schlimmer als die Rache einer hintergangenen Frau, pflegte ihre Großmutter zu sagen. „Oh ja.“
„Wie bitte?“
„Ach nichts.“ Sie nahm ein Rippchen in die Hand, biss ab und kaute verdrießlich.
„Apropos ehrlich und offen“, begann ausgerechnet Lorcan. Er hielt eine aufgespießte Kartoffelecke hoch, betrachtete sie und schnitt dann eine verbrannte Stelle ab. „Warum gehst du nicht mehr ins Asyl?“
„Keine Zeit“, flunkerte sie und hatte das Gefühl, dass der Pfeil, den sie auf ihn abgeschossen hatte, sich als Bumerang entpuppte und zu ihr zurückschnellte.
„Ich hoffe nicht, dass ich der Grund bin.“ Während er die Kartoffel aß, schob er mit der Gabel einige Bohnen auf dem Teller hin und her. „Weil du deinen persönlichen Obdachlosen betreust.“
„Unsinn.“
Er legte das Besteck weg. „Hast du deine Sozialstunden alle abgeleistet, ist es das?“
Beinahe verschluckte sie sich an dem halb zerkauten Bissen in ihrem Mund. Rasch spülte sie ihn mit Saft hinunter. „Woher weißt du davon?“
Er zögerte einen Moment zu lang, als dass Amy ihm seine nachfolgende Erklärung abnahm. „Seth hatte sich mal mit Finley unterhalten. Der Koch stand in der Küche und hat ziemlich laut geredet, damit der Wachmann ihn vor der Durchreiche verstand.“
Bestimmt hatte Lorcan ihre Unterlagen durchsucht. Damit hatte sie rechnen müssen. Bei der Erinnerung daran, wie peinlich die ganze Sache im vergangenen Dezember gewesen war, wurde sie hochrot.
„Ich brauche jetzt ein Bier.“ Sie erhob sich und ging zum Eisschrank, doch bevor sie ihn öffnen konnte, stand Lorcan auch schon dicht hinter ihr.
Sinnlich schnupperte er an ihrem Haar. Er küsste ihre Ohrmuschel. Sein Mund strich über ihre Halsbeuge. Zärtlich biss er in ihren Nacken und drehte sie herum. „Ich brenne darauf zu erfahren, was meine kleine Ms. Sauber verbrochen hat.“
„Um dich über mich lustig zu machen?“
„Ein kleiner Fehltritt macht dich nur menschlicher, interessanter... “ Er stützte sich an der Kühlschranktür ab. „Und noch begehrenswerter.“
„So, du bist also scharf auf mich?“, fragte sie keck und fasste ihm zwischen die Beine. Manchmal war die Flucht nach vorn die einzige Möglichkeit, seinen Stolz zu bewahren.
Überrascht über ihre Initiative weiteten sich seine Augen. „Warte erst einmal ab, bis du meine Geschichte gehört hast.“ Während sie seinen Schritt massierte, erzählte sie Lorcan, dass auch sie schon verhaftet worden war, worauf sein Schaft sofort steinhart wurde.
23. KAPITEL
Dezember des vergangenen Jahres New Orleans,
Cat’s Meow
Von außen sah das Cat’s Meow auf der Ecke St. Peter und Bourbon Street nicht sonderlich einladend aus, aber Skyler hatte unbedingt in die Karaokebar gewollt, also war Amy mitgegangen. Zu ihrer Überraschung entpuppte sich die Inneneinrichtung als stylish, angefangen von den roten Wänden über den Teppich in Leopardenoptik bis hin zu den schwarzen Klubsofas.
Der Laden war brechend voll. Das hinderte ihren Cousin keineswegs daran, sich auf der kleinen Bühne die Seele aus dem Leib zu singen, obwohl er keinen einzigen Ton traf. Der Arzt aus dem Krankenhaus hatte ihm geraten, es nach der Blinddarmoperation ruhig angehen zu lassen, aber das war einfach nicht Skylers Ding. Er konnte es keine drei Tage Zu Hause aushalten. Amy hatte zuerst versucht, ihn vom Ausgehen abzuhalten. Da ihre Warnungen, die Narbe könnte aufplatzen oder noch Schlimmeres könnte passieren, an ihm abprallten, hatte sie am Ende eingewilligt, ihn zu begleiten, um auf ihn aufzupassen.
Oder war es nicht eher sie, die froh war, einen starken Mann an ihrer Seite zu haben? Die versuchte Vergewaltigung lag gerade mal zehn Tage zurück. Der Arzt hatte Amy eine Woche krankgeschrieben. Danach hatte sie wieder arbeiten gehen wollen, obwohl sich der Vorfall vor der Stadtverwaltung abgespielt
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