Flandry 1: Im Dienst der Erde
Ferok im Plauderton. »Vergnügen oder Beute?«
»Weder noch. Ich bin hergeschickt worden.« Flandry fügte nicht hinzu, dass die Navy sich sagte, sie könne Starkad gut nutzen, um bestimmten vielversprechenden jungen Offizieren zu einiger Erfahrung zu verhelfen. »Vielversprechend« klang ihm einfach zu unreif. Sofort bemerkte er aber, dass er unaggressiv klang, und fügte eilig hinzu: »Aber natürlich hätte ich angesichts der Chance, in einen Kampf verwickelt zu werden, ohnehin darum gebeten.«
»Es heißt, Eure Frauen gehorchen den Männern. Stimmt das?«
»Na, manchmal.« Die Zweite Offizierin ging vorbei, und Flandry blickte ihr hinterher. Sie besaß Kurven, eine lohfarbene Mähne, die ihr den Rücken hinunterfiel, Brüste, die voller und fester aufragten, als irgendein Mädchen es ohne technische Hilfe zuwege gebracht hätte, und eine fast menschliche Nase. Ihre Kleidung bestand aus einigen goldenen Armreifen. Die Unterschiede zu einer Terranerin gingen jedoch weit über Äußerlichkeiten hinaus. Sie sonderte keine Milch ab; über die Brustwarzen fütterte sie ihre Jungen mit Blut. Und sie gehörte dem einfallsreicheren Geschlecht mit dem größeren Intellekt an, das in keiner Kultur unterdrückt wurde und auf den Inseln rings um Kursowiki dominant war. Flandry fragte sich, ob dem vielleicht etwas derart Simples zugrunde lag, wie dass der weibliche Körper mehr Blut enthielt und es leichter regenerieren konnte.
»Aber wer hält dann die Ordnung aufrecht in Eurem Heimatland?«, wunderte sich Ferok. »Warum habt Ihr Euch dann noch nicht längst gegenseitig getötet?«
»Hm, schwer zu sagen. Wollen wir mal sehen, ob ich Eure Lebensweise verstehe, damit wir sie mit meiner vergleichen können. Zum Beispiel schuldet Ihr dem Ort, an dem Ihr lebt, doch nichts, richtig? Ich meine, keine Stadt und keine Insel oder was auch immer wird befehligt wie ein Schiff … richtig? Stattdessen sind die Frauen – wenigstens in diesem Teil der Welt – in Bünden wie der Schwesternschaft organisiert, deren Mitglieder überall leben können und die sogar ihre eigene Sprache haben. Alle besitzen sie wichtiges Land und treffen alle wichtigen Entscheidungen durch diese Bünde. Daher betreffen sie Streitereien zwischen den Männern kaum. Liege ich richtig?«
»Ich denke schon. Allerdings hättet Ihr Euch ein bisschen höflicher ausdrücken können.«
»Ich entschuldige mich mit all meinem Mut. Ich bin ein Fremder. Bei meinem Volk ist es so, dass …«
Ein Schrei ertönte aus dem Krähennest. Ferok wirbelte herum und hob das Fernrohr. Die Besatzung hastete an die Steuerbordreling, drängte sich in die Wanten und brüllte.
Dragoika hetzte aus der Kapitänskajüte unter der Poop. In der einen Hand hielt sie einen vierzackigen Fischspieß, unter den anderen Arm hatte sie sich eine kleine bemalte Trommel geklemmt. Sie eilte die Leiter hoch und stellte sich neben die Steuermannsmaatin ans Ruder; dann schaute sie selbst. Kühl begann sie auf ihrem Instrument zu trommeln, während sie gleichzeitig die Stahlsaiten über der Vertiefung am anderen Ende zupfte. Die dumpfen Schläge und das helle Schwirren übertönten den Lärm wie ein Hornsignal. Alle Mann an die Waffen und auf Gefechtsstation!
»Die Vaz-Siravo!«, brüllte Ferok in dem Getöse. »Sie greifen an!« Er eilte zum Deckshaus. Wieder ganz diszipliniert, stellte sich die Besatzung an, um Helme, Schilde, Kettenhemden und Waffen zu empfangen.
Flandry sah angestrengt in das Funkeln auf dem Wasser. Etwa zwanzig Rückenflossen durchschnitten es und näherten sich dem Schiff. Und plötzlich tauchte, hundert Meter querab von Steuerbord, ein Unterseeboot auf.
Es war ein kleines, grobschlächtiges Ding, ohne Zweifel nach merseianischen Plänen von Seetrollen gebaut – denn wenn man einen planetenweiten Krieg zwischen primitiven Kulturen entfachen will, sollte man ihnen beibringen, was sie mit eigenen Mitteln herstellen und betreiben können. Der Rumpf bestand folglich aus geöltem Leder, das über ein Gerüst aus einem unterseeischen Gegenstück zu Holz gespannt war. Ein Geschirr verlief nach unten zu den vier Fischen, die das Boot zogen; Flandry erkannte sie kaum als riesige Schatten unter der Oberfläche. Am überfluteten Deck ragte ein überdimensionales Katapult auf, um das sich mehrere annähernd delfinähnliche Gestalten mit transparenten Kugeln über den Köpfen und Energietornistern auf den Rücken kauerten. Sie erhoben sich auf Schwanz- und Schwimmflossen; mit den Armen
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