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Flandry 1: Im Dienst der Erde

Flandry 1: Im Dienst der Erde

Titel: Flandry 1: Im Dienst der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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worden. (Die Landsprache war nach und nach von Gefangenen erlernt worden. Flandry bewunderte den Einfallsreichtum der Verfahren, mit denen das technisch rückständige Seevolk die Tigerys oft wochenlang am Leben erhalten hatte, doch zugleich schauderte er und hoffte von ganzem Herzen, dass der uralte Zwist tatsächlich ein für alle Mal beigelegt werden könnte.) Andere, die er kennen lernte, schlossen Hellfinn ein, Umweg, Steilschwimmer und die Weise Frau Allheilerin. Sie waren ganz individuelle Wesen, die Flandry genauso wenig mit einem Satz hätte charakterisieren können wie einen Menschen.
    »Wir sind froh, dass Ihr diese Annäherung vornehmt«, sagte Isinglas, als sie einander vorgestellt wurden. »So froh, dass wir den Merseianern gesagt haben, sie sollen sich fern halten, solange Ihr hier seid, obwohl sie uns gegenüber sehr hilfsbereit sind.«
    »Ich hatte vermutet, dass man das Landvolk und uns zu Bauern in einem größeren Spiel machen würde«, fügte Allheilerin hinzu. »Welch ein Glück, dass Ihr nun wünscht, davon abzulassen.«
    Flandrys Wangen brannten in seinem Helm, denn er wusste nur zu gut, wie wenig Uneigennutz hier im Spiel war. Es hieß, Enriques habe offen gegen Hauksbergs Vorschlag protestiert und erst nachgegeben, als der Viscount ihm angedroht hatte, ihn auf Pluto versetzen zu lassen. Abrams hieß den Versuch gut, weil er jede Chance begrüßte, etwas Neues zu erfahren, doch er rechnete nicht gerade zuversichtlich mit Erfolg.
    Umweg ebenfalls nicht. »Frieden mit den Jägern ist ein Widerspruch in sich. Kann der Kiemenzahn neben der Kopffinne schwimmen? Solange die grünen Fremden uns Hilfe bieten, müssen wir sie annehmen. Das ist unsere Pflicht gegenüber den Städten und allen, die von uns abhängen.«
    »Doch offensichtlich müssen ihre Gegner die Jäger unterstützen, solange sie uns helfen«, erwiderte Hellfinn. »Das Beste wäre, wenn beide fremden Parteien sich zurückzögen, sodass sich das alte Gleichgewicht wieder einstellt.«
    »Ich weiß nicht«, entgegnete Umweg. »Wenn wir endgültig siegen könnten …«
    »Lass dich davon nicht so sehr in Versuchung führen, dass du die Gefahr einer endgültigen Niederlage übersiehst«, warnte Allheilerin.
    »Zur Tiefe mit deiner Wortklauberei!«, rief Steilschwimmer. »Wir kommen zu spät zur Vorstellung.« In einer ausgelassenen Kurve stob er davon.
    Flandry konnte dem Drama nicht folgen, das in einer Feenhöhle aus Koralloiden aufgeführt wurde. Wenn er recht verstand, handelte es sich um eine erst jüngst komponierte Tragödie im klassischen Stil. Die unheimliche Anmut der Bewegungen, der feierliche Klang der Stimmen, Streicher und Schlaginstrumente, das vollkommene Gleichgewicht aller Elemente untereinander berührte ihn in seinem Innersten. Das Publikum reagierte mit Rufen, Näherkommen und Zurückweichen und am Ende einem Tanz zu Ehren von Autor und Schauspielern. Für Flandry waren die Skulpturen und Ölgemälde abstrakt, die ihm gezeigt wurden, doch zugleich empfand er sie als wohltuender als alles, was seit Jahrhunderten auf Terra geschaffen worden war. Er betrachtete Buchrollen aus Fischhaut, die mit einer auf Tran basierenden Tinte beschriftet waren, und begriff nichts. Dennoch gab es so viele davon, dass sie ein gewisses Maß an gesammelter Weisheit enthalten mussten.
    Dann lernte er die Mathematik und Naturwissenschaft des Seevolks kennen und fiel beinahe ins Delirium. Die Tage, in denen sich ihm diese Materie wie eine Blüte erschlossen hatte, die sich öffnete, waren noch so nah, dass er durchaus zu würdigen wusste, was hier geleistet worden war.
    Denn das Volk (er wollte den kursowikischen Namen »Siravo« nicht in ihrer eigenen Stadt benutzen und konnte sie ganz gewiss nie wieder Seetrolle nennen) lebte begrifflich in einem anderen Universum als er. Und obwohl das Volk große Nachteile hinnehmen musste – es besaß kein Feuer außer Vulkanaustritten, wo Glas als kostbares Material hergestellt wurde, kannte kein Metall und war nicht in der Lage, eine mehr als rudimentäre Astronomie zu entwickeln, während die Gesetze der Bewegung, der Schwerkraft und der Ausbreitung des Lichts ihm vom umgebenden Wasser verschleiert wurden –, war es gedanklich zu Vorstellungen gelangt, die nicht nur sehr vernünftig waren, sondern direkt zu Erkenntnissen geführt hatten, zu denen der Mensch erst durch Planck und Einstein vorgedrungen war.
    Für das Volk war nicht das Gesicht der wichtigste Sinn wie für Flandry. Kein Auge kann unter

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