Flandry 1: Im Dienst der Erde
Eisscholle zur anderen. »Hören Sie zu. Das ist ein Missverständnis. Lord Hauksberg wurde übers Ohr gehauen. Ich habe wirklich Informationen, und sie müssen unbedingt Admiral Enriques erreichen. Ich verlange von Ihnen nichts, außer dass Sie mich nach Highport transportieren. Ich ergebe mich den Terranern. Den Merseianern nicht. Den Terranern. Was soll daran falsch sein? Sie tun, was der Kaiser wirklich will. Wenn es sein muss, können sie mich dem Feind übergeben. Aber vorher hören sie, was ich zu sagen habe. Sind Sie ein Mann, Captain? Dann benehmen Sie sich auch so.«
»Aber sie werden uns entern«, jammerte Brummelmann.
»Sie können mich verstecken. In einem Schiff gibt es tausend mögliche Verstecke. Und die Merseianer werden nicht überall suchen, solange sie keinen Grund haben, Ihnen zu misstrauen, denn eine komplette Durchsuchung dauert Tage. Ihre Crew sagt kein Wort. Sie sind den Merseianern genauso fremd wie uns. Keine gemeinsamen Sprachen, Gesten, Interessen, nichts. Sollen die Grünhäute ruhig an Bord kommen. Ich bin unten in der Fracht oder sonst wo. Sie verhalten sich ganz natürlich. Wenn Sie eine gewisse Anspannung zeigen, macht das gar nichts. Ganz bestimmt ist jeder, den sie bisher kontrolliert haben, ein bisschen nervös gewesen. Übergeben Sie mich den Terranern, und in einem Jahr werden Sie vielleicht zum Ritter geschlagen.«
Brummelmanns Augen schossen hin und her. Sauer rasselte ihm der Atem aus dem Mund.
»Alternativ«, sagte Flandry, »kann ich Sie auch einsperren und das Kommando übernehmen.«
»Ich … Nein …« Dem Kapitän kamen die Tränen. Sie rannen ihm in den schmutzigen Bart. »Bitte … zu großes Risiko …« Dann plötzlich holte er tief Luft und sagte verschlagen: »Ach was … Ja … Ich tu’s. Ich finde schon ein gutes Versteck für Sie.«
Und wenn sie kommen, verrät er mich, dachte Flandry. Da habe ich die Oberhand und sie ist wertlos. Was mache ich bloß?
Persis rührte sich. Sie trat an Brummelmann heran und nahm seine Hände. »Ach, ich danke Ihnen«,jubilierte sie.
»Was? Ho?« Er starrte sie an.
»Ich wusste, dass Sie ein richtiger Mann sind. Wie die alten Helden in der Liga.«
»Aber Sie … Lady …«
»In der Nachricht steht kein Wort von mir«, schnurrte sie. »Ich habe keine Lust, in irgendeinem dunklen Loch zu hocken.«
»Sie … Sie sind aber nicht an Bord eingetragen. Sie werden das Register lesen. Oder?«
»Und wenn? Wäre ich dann eingetragen?«
Hoffnung überfiel Flandry. Ihm wurde fast schwindlig davon. »Auf einige Belohnungen braucht man kein Jahr zu warten, verstehen Sie?«, schnatterte er.
»Ich … Wieso …« Brummelmann richtete sich auf und zog Persis näher zu sich heran. »Ja, das stimmt. Oh, ho, ho! Das stimmt!«
Sie warf Flandry einen Blick zu, von dem er hoffte, er könnte ihn je wieder vergessen.
Flandry kroch aus dem Frachtcontainer. Im Laderaum war es pechschwarz. Die Helmlampe seines Raumanzugs warf einen einzelnen Strahl, damit er sich orientieren konnte. Langsam, ungelenk in seinem Panzer, schlängelte er sich zwischen Fässern zur Luke durch.
Im Schiff war es ruhig. Außer dem Kraftwerk, das auf niedrige Leistung gestellt war, und der Lüftung machte nichts ein Geräusch. Schatten tanzten grotesk, wo der Lichtstrahl sich einen Weg durch die Dunkelheit schnitt. Kreisbahn um Starkad, Warten auf Landefreigabe – so musste es sein. Er hatte überlebt. Merseianer waren wenige Meter entfernt an ihm vorbeigegangen; er hatte sie reden gehört und schon den Finger am Abzug gekrümmt; doch schließlich waren sie wieder gegangen, und die Rieskessel hatte wieder beschleunigt. Also hatte Persis Brummelmann unter Kontrolle gehalten; wie, das wollte er sich gar nicht ausmalen.
Offensichtlich war es nun am besten, so weiterzumachen, wie er es sich vorgenommen hatte: sich auf den Planeten bringen zu lassen und zu stellen. Auf diese Weise konnte er sicher sein, dass seine Nachricht an die richtigen Leute gelangte, das Wissen, das nur er besaß. (Er hatte überlegt, Persis die Zahlen zu übergeben, sich aber dagegen entschieden. Eine Liste bedeutete nur eine weitere Entdeckungsgefahr, und ihr ungeschultes Gedächtnis behielt die Zahlen vielleicht nicht richtig, nicht einmal im Unterbewusstsein, aus dem sie durch ein Narkoseverfahren abgefragt werden konnten.) Er wusste nur nicht, wie Enriques reagieren würde. Der Admiral war kein Roboter; auf die eine oder andere Weise würde er die Informationen nach Terra weiterleiten.
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