Flandry 4: Ehrenwerte Feinde
Entwicklung zum Roten Riesen, setzte sich weiter fort. Irgendwann würden die Seen Altais, die schon geschmolzen waren, zu kochen beginnen; noch später würde der Planet als Ganzes verglühen, während Krasna auch sein Helium verbrannte und nach dem Erlöschen dieser Energiequelle zum Weißen Zwerg kollabierte.
Doch im Augenblick hatte der Vorgang erst begonnen. Nur die Tropen erreichten Temperaturen, die ein Mensch ertragen konnte. Das Wasser verflüchtigte sich dort und ging über den nach wie vor kalten Polkappen als Schnee nieder und hinterließ trockene Ebenen, wo einige wenige Pflanzenarten verbissen kämpften, um sich neu anzupassen, doch nur um von dem neuen grünen Gras verdrängt zu werden …
Flandrys Gedanken streiften die ferne Zukunft seiner eigenen Welt und schreckten zurück. Ein eisiger Wind umstrich ihn. Ihm wurde bewusst, wie steif und durchgefroren er war. Und dabei war die Sonne noch nicht einmal untergegangen!
Ächzend richtete er sich in eine sitzende Haltung auf. Bourtai saß in ihrem Fatalismus einfach nur ruhig da. Flandry beneidete sie. Aber ihm war es nicht gegeben, die Möglichkeit zu akzeptieren, dass er erfror – oder, wenn er die Nacht überlebte, ausgedörrt Hunderte von Kilometern zu marschieren, obwohl die Kälte mit jedem Schritt zunahm, mit jeder weiteren Herbststunde.
Seine Gedanken huschten hin und her wie ein Wiesel in der Falle, das nach einem Schlupfloch sucht. Feuer, Feuer, meine Chance auf Unsterblichkeit für ein Feuer – hoy!
Flandry sprang auf, erinnerte sich an das Flugzeug und ging so rasch wieder in Deckung, dass er sich die geschwollene Nase stieß. Das Mädchen lauschte mit großen Augen auf seine fließende Schimpfkanonade in Anglisch. Als er fertig war, skizzierte sie ein frommes Zeichen. »Auch ich bete zum Geist der Mutter, auf dass sie uns leite«, sagte Bourtai.
Flandry entblößte die Zähne zu einem Grinsen. »Ich, äh, ich habe eigentlich nicht gebetet, meine Liebe. Nein, ich glaube, ich habe einen Plan. Eine wahnwitzige Idee, aber hör zu …«
VII
Arghun Tiliksky schob sein Gesicht aus dem Schatten, der den Ring der mit untergeschlagenen Beinen dasitzenden Männer verstellte, in das schwache Sonnenlicht, das durch ein kleines Fenster der Kibitka einfiel. »Es war boshaft«, erklärte er scharf. »Nichts wird mehr gefürchtet als ein Grasfeuer. Und Sie haben eines gelegt. Aus solchem Mutwillen kann nichts Glückliches entstehen.«
Flandry musterte ihn. Der Noyon des Mangu Tuman war recht jung, selbst in diesen Zeiten, in denen nur wenige Männer der Tebtengri ein hohes Alter erreichten; und er war ein verwegener, mutiger Krieger, das sagte jeder und das hatte er bei der Rettung bewiesen. Zu einem gewissen Grad allerdings war Arghun das hiesige Gegenstück zu einem prüden Menschen.
»Das Feuer war doch rasch gelöscht, nicht wahr?«, fragte der Terraner milde. »Ich habe von Ihrem Aufklärer gehört, dass sämtliche Flugzeuge des Kha-Khans dorthin eilten und Schaumbomben abwarfen, bis die Flammen erstickt waren. Es sind nicht allzu viele Hektar niedergebrannt.«
»Bei solchen Aufgaben«, sagte Toghrul Wawiloff, Gur-Khan des Stammes, »handeln alle Altaianer wie ein Mann.« Er strich sich den Bart und tauschte ein verbindliches Lächeln mit Flandry: ein seelenverwandter Heuchler. »Unser Aufklärer brauchte nur wenige eigene Schaumbomben zu werfen, und keine feindliche Maschine hätte ihn belästigt. Er hat sie beobachtet und ist in Frieden hierher zurückgekehrt.«
Einer der Häuptlinge, die auf Besuch gekommen waren, rief aus: »Dein Noyon bewegt sich selbst am Rande der Blasphemie, Toghrul. Sir Dominic ist von Terra! Wenn ein Herr Terras ein Feuer legen will, wer wagt es dann, ihm das zu verwehren?«
Flandry hatte das Gefühl, er solle erröten, entschied sich aber dagegen. »Das sei, wie es sei«, sagte er, »mir ist nichts Besseres eingefallen. Nicht alle Stammesführer sind zu dem – wie nennen Sie diese Zusammenkunft? – zu diesem Kurultai gekommen und haben gehört, was geschehen ist. Bourtai und ich saßen in der Falle, hatten kaum noch Energie in den Varyaks, und es war sehr wahrscheinlich, dass wir nach einigen Tagen erfrieren oder verhungern würden, wenn wir nicht in der gleichen Nacht von Infrarotspürern entdeckt werden würden. Deshalb bin ich kurz nach Einbruch der Dunkelheit zu Fuß davongeeilt und habe mehrere Feuer gelegt, die sich rasch zu einem einzigen Brand vereinigten. Der Wind trieb die Flammen von uns fort
Weitere Kostenlose Bücher