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Flandry 5: Krieger aus dem Nirgendwo

Flandry 5: Krieger aus dem Nirgendwo

Titel: Flandry 5: Krieger aus dem Nirgendwo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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erkaufen?«
    Das war eine gute Frage.

 
VI
     
    Denjenigen Teil von Sumpfstadt zwischen dem Lotusblumenkanal, dem großen Gewürzlager von Barati und Söhne, dem Kanal des Ertrunkenen Trinkers und den erbärmlichen Wohnflößen, mit denen Kompong Timur in die ungezähmte Wasseröde übergeht, beherrschte Sumu der Dicke. Was bedeutete, dass jeder Bewohner mit einem nennenswerten Einkommen – seien es Handwerker, Vermieter, Freudenmädchen, Basarhändler, Schauerleute, Priester, Zauberer, Falschmünzer und so weiter und so fort – ihm regelmäßig Tribut zu zahlen hatten. Die Höhe des Betrags war sorgfältig dem jeweiligen Zahlungsvermögen angepasst, und so erregte er damit niemandes besonderen Zorn. Sumu leistete sogar etwas für sein Geld. Seine Schläger schützten den Distrikt vor rivalisierenden Banden, und manchmal fingen sie einen Räuber, der auf eigene Rechnung arbeitete, und statuierten an ihm ein Exempel. Sumu war ein ausgezeichneter Hehler für Dinge, die man in anderen Stadtteilen gestohlen hatte. Mit seinen Verbindungen konnte er sogar einem ehrlichen Händler helfen, zusätzlichen Gewinn einzustreichen, oder er fand für einen verarmten Mann, der nicht wusste, wovon er seine nächste Kapsel bezahlen sollte, jemanden, der ihm seine Tochter abkaufte. Konnte er seinen Mitmenschen solch einen Dienst erweisen, verlangte er nicht einmal ein überzogenes Honorar. Für diejenigen, die ihm ihren Streit vorlegten, sprach er nach seinem grob geschnitzten Empfinden Recht. Jedes Jahr zahlte er zum Laternenfest die Kosten für das Schmücken des Viertels aus eigener Tasche und zog umher und verteilte Süßigkeiten an kleine Kinder.
    Kurz gesagt hasste man ihn nicht mehr, als man irgendeinen anderen Oberherrn gehasst hätte.
    Weshalb Sumus Eintreiber Pradjung, als er seine regelmäßige Runde machte, um den Tribut einzusammeln, entsetzt war zu hören, dass schon seit zwei ganzen Tagen ein neuer Märchenerzähler auf dem Indramadju-Platz arbeitete, ohne auch nur eine Erlaubnis eingeholt zu haben.
    Pradjung, der nur von durchschnittlicher Größe war, aber berüchtigt für sein Geschick mit dem Messer, begab sich sofort dorthin. Es war ein klarer Tag. Die Sonne stand hoch und weiß an einem blassen Himmel. Wellblechwände, Kanalwasser, selbst Strohdächer und Holz warfen ihren Glanz zurück, bis alles in ihrem grimmigen Licht schwamm und im Hitzedunst waberte, aber harte blaue Schatten warf. Weit über den Dächern strebte die Pagode der Bioaufsicht gen Himmel, als sei sie geschmolzen; sie glänzte so grell, dass man sie nicht anblicken konnte. Laute Stimmen und brummende Motoren wirkten in der dörren Luft erschöpft; in Hauseingängen hockten Frauen und stillten keuchend ihre Säuglinge. Während Pradjung an den Buden teilnahmslos dasitzender Töpfer vorbeihastete, hörte er seine Sandalen über Planken quatschten, deren Teerung Blasen warf.
    Er überquerte eine Schwebebrücke zu dem Hügel, auf dem man den Indramadju-Platz vor so langer Zeit errichtet hatte, dass die Steindrachen auf dem Brunnen in der Mitte zu Mopsgesichtern abgeschliffen waren. Der Brunnen führte kein Wasser, denn Diebe hatten schon vor Generationen seine Rohrleitungen gestohlen, aber Bauern von den umliegenden Plantagen brachten noch immer ihr Obst und Gemüse hierher, um es zu verkaufen. Ihre Stände umrandeten den Platz mit Grasdächern und kleinen roten Fahnen. Weil es auf dem Platz kühler war als an vielen anderen Stellen und die Chancen, hier und da eine Modjo zu stehlen, gar nicht schlecht standen, waren Kinder und Tagediebe in Scharen dort zu finden. Und daher war es auch ein guter Platz für Märchenerzähler.
    Der Neue saß unter dem Brunnenbecken. Er hielt in der einen Hand den typischen Fächer und hatte die übliche Spendenschüssel vor sich gestellt. Doch sonst war nichts normal an dem Mann. Pradjung musste sich durch eine Menge drängen, die sechs Reihen tief stand, ehe er den Kerl überhaupt sah.
    Dann riss er die Augen auf. So jemanden hatte er noch nie gesehen. Der Kerl war groß, rechtjung und sehr muskulös, aber seine Haut war bleich, sein Gesicht langgestreckt und seine Nase ein vorspringender Schnabel, während seine Augen tief lagen und eine völlig falsche Form besaßen. Er hatte Haar auf der Oberlippe, was ungewöhnlich war, aber nicht einmalig; allerdings war sein Schnauzbart genauso braun wie das kurzgeschnittene Haar, das unter seinem Turban hervorlugte. Er sprach mit einem starken, unbekannten Akzent und zeigte

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