Flandry 5: Krieger aus dem Nirgendwo
direkten Kurs auf Sol zu nehmen, war keineswegs unlogisch. Wäre das Boot nach Aldebaran gestartet, hätte Aldebaran uns wiederum ein Kurierboot geschickt, um uns die Sache zu melden und um Befehle zu bitten. Ein doppelter Umweg. Auf diese Weise erhalten wir die Neuigkeit um Tage früher. Nein, der vixenische Pilot hatte einen kühlen Kopf.«
»Pilot in«, verbesserte ihn Fenross.
»Was?« Flandry setzte sich kerzengerade auf.
»Die Details erklärt sie Ihnen noch«, sagte Fenross. »Es war nur eine Pilotin an Bord. Ich gebe Ihnen freie Hand. Sie können jedwede Ausrüstung anfordern, von der Sie glauben, dass Sie sie brauchen könnten. Und wenn Sie überleben, dann vergessen Sie nicht, dass ich über jedes Trinkgeld eine Abrechnung möchte. Jetzt raus mit Ihnen und an die Arbeit! Ich habe hier zu tun.«
VII
Die Hooligan zuckte aus dem terranischen Himmel hervor, lief eine Weile auf Primärantrieb bei einer Beschleunigung, die das interne Gravfeld zur Kompensation des Andrucks strapazierte, und sprang, als sie einen sicheren Abstand zu Sol erreicht hatte, auf Sekundärtriebwerk. Kurzzeitig spielten die Bildschirme durch Dopplereffekt und Aberration verrückt, dann passten sich ihre Rechnersysteme an die Frequenz an, mit der das Schiff aus den normalen Raum-Zeit-Energieniveaus heraus- und wieder hineinsprang; sie annullierten den Anblick der Pseudogeschwindigkeit, und Flandry sah wieder in kalte, sternübersäte Nacht, als bewege sich das Schnellboot gar nicht.
Flandry ließ Chives im Steuerturm, wo er letzte Kursanpassungen vornehmen sollte, und begab sich leichtfüßig in den Salon. »Alles klar«, sagte er lächelnd. »Geschätzte Reisezeit nach Vixen dreizehn Standardtage.«
»Was?« Das Mädchen, Catherine Kittredge, erhob sich halb von der verschwenderisch gepolsterten Sitzbank. »Aber ich hab ’n Monat gebraucht für die Reise, un’ ich hatte den schnellsten Flitzer auf unsrer ganzen Welt.«
»Ich habe hier ein bisschen herumgedoktert«, sagte Flandry. »Oder genauer gesagt, mir Experten gesucht und es sie machen lassen.« Er setzte sich neben sie, schlug die langen Beine übereinander und stützte sich mit einem Ellbogen auf den Mahagonitisch, den die Bank im Halbkreis einschloss. »Geben Sie mir einen Schraubenzieher, und ich bringe jede Schusswaffe im Kosmos dazu, sich aufzusetzen und zu reden. Raumschiffantriebe haben jedoch eine Anatomie, die ich nur als schrullig bezeichnen kann.«
Er versuchte, sie zu beruhigen. Das arme Kind hatte gesehen, wie ihre Heimatwelt überfallen wurde, die auf halbem Wege zwischen Terra und den imperialen Marken lag, in denen sämtliche Kriege stattzufinden hatten; sie hatte gesehen, wie Freunde und Verwandte im Kampf mit nichtmenschlichen Unbekannten getötet wurden und die Stiefel einer feindlichen Besatzungsmacht auf einst vertrauten Straßen knallen gehört; sie war nach Terra geflohen wie ein Kind zur Mutter und musste kühle Verhöre in nüchternen Büros über sich ergehen lassen, nur um geradewegs zu einem geschweiften Außerirdischen und einem zuvorkommenden Fremden ins nächstbeste Raumschiff gesteckt zu werden. Ohne Zweifel hatte irgendjemand ihr offiziell mitgeteilt, dass sie ein tapferes Mädchen sei, ihre Pflicht aber nun darin bestehe, als Spionin zurückzukehren und wahrscheinlich getötet zu werden. Und in der Zwischenzeit blühten in den terranischen Parks Rhododendren wie kühles Feuer, und der Nachwuchs der Aristokratie Terras flog lachend auf dem Weg zu irgendeinem neu eröffneten Freudenhaus vorbei.
Kein Wunder, dass Catherine Kittredge große, verwirrte Augen machte.
Sie waren ihr größter Vorzug, entschied Flandry; groß und weit auseinanderstehend, ein goldfleckiges Haselnussbraun unter langen Wimpern und dichten dunklen Brauen. Ihr Haar wäre ebenfalls hübsch gewesen, ein blonder Helm, hätte sie es nicht gleich unter den Ohren abgeschnitten. Davon abgesehen war sie wenig bemerkenswert: ein breites, stupsnasiges, leicht sommersprossiges Gesicht, ein großzügiger Mund und ein gutes Kinn. Soweit man durch den formlosen grauen Overall erkennen konnte, war sie mittelgroß und eher untersetzt. Sie sprach Anglisch mit einem leichten, regionalen Einschlag, der mit ihrer tiefen Stimme ganz gut klang; aber ihre Manieriertheit war provinziell, seit fünfzig Jahren aus der Mode. Flandry fragte sich mit gelinder Verzweiflung, worüber sie sich unterhalten sollten.
Nun, es gab genügend ernste Dinge. Er drückte einige Tasten an der
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