Flandry 6: Schattenwelt
gewölbten Kugel in Blau und Weiß und schließlich zu einer Glasmurmel in einem Schmuckkästchen voller Diamanten.
Flüchtig wünschte sie sich, sie wüsste den Anblick zu würdigen, für den sie ihre Kabine verlassen hatte. Terra, Heimat der Menschen, Maykasviyet; schiere Schönheit … Doch ihr klopfte das Herz, ihre Nägel drückten sich in feuchte Handflächen, während ihre Zunge trocken und angeschwollen war, und sie roch den eigenen herben Schweiß.
Doch als ihr Eigentümer eintrat, wurde sie ruhiger. Dank ihres Naturells und ihrer Ausbildung begegnete sie Krisensituationen mit kühlem Kopf, und hier sah sie sich der bisher schlimmsten gegenüber … Soweit sie wusste, war außer ihm und seinem Diener niemand an Bord. Wenn sie ihn irgendwie töten könnte – den lustigen, freundlichen Shalmuaner fesseln – vielleicht, ehe ihr Herr sie nahm …
Nein. Nur wenn er vollkommen unvorsichtig wurde; und sie spürte Wachsamkeit hinter seinem entspannten Gebaren. Er war groß, gut gebaut und bewegte sich wie eine Vilya auf der Jagd. Er sah auch gut aus, gestand sie sich ein; dann fügte der Hohn hinzu, dass jeder gut aussehen konnte, der sich eine Bioskulptur kaufte. Ein weites, spitzenbesetztes Hemd und wallende Hosen über Sandalen passten mit ihrem Schimmer teuren Gewebes zu dem knielangen Kleid, das sie sich aus der Garderobe ausgesucht hatte, die ihr in ihrem Quartier ausgelegt worden war.
»Guten Tag, Donna Vymezal«, sagte der Mann und verbeugte sich.
Was sollte sie tun? Sie nickte ruckhaft.
»Erlauben Sie, dass ich mich selbst vorstelle«, fuhr er fort. »Wie Sie wohl kaum überraschen wird, bin ich Captain Sir Dominic Flandry vom Nachrichtenkorps Seiner Majestät Navy.« Er zeigte auf eine Bank, die sich um zwei Seiten eines Tisches bog. »Wollen Sie sich nicht setzen?«
Sie blieb stehen.
Flandry lächelte, stemmte die Hände in die Hüften und sagte gedehnt: »Jetzt hören Sie mal zu. Ich habe nicht die Absicht, Sie zu etwas zu zwingen. Zu gar nichts. Nicht dass Sie nicht gewisse Tagträume wecken würden, Donna. Und nicht dass ich Sie nicht bewegen könnte, es zu mögen. Drogen, Sie wissen schon. Aber meine Eitelkeit verbietet es mir. Ich habe nie die Macht des Pharmakopöe benutzen müssen, auch nicht bei den wenigen jungen Damen, die ich bei Gelegenheit in der Vergangenheit gekauft habe. Haben Sie bemerkt, dass Ihre Kabinentür sich von innen abschließen lässt?«
Die Kraft wich aus Kossara. Sie taumelte zurück, fiel auf die Bank, barg den Kopf in den Händen, während die Umgebung sich drehte und Schwärze sie durchzog.
Schließlich bemerkte sie, dass Flandry hinter ihr stand. Mit den Fingern knetete er ihr Nacken und Schultern. Als sie aufsah, strich er ihr über das Haar. Sie atmete schwer und wich zur Seite.
Er trat zurück. »Keine schlimmen Absichten, Donna.« Ernst sagte er: »Sehen Sie, wir haben einiges zu besprechen, und nichts davon ist sehr amüsant. Möchten Sie eine Stimutab – oder etwas anderes, um in Gang zu kommen?«
Sie schüttelte den Kopf. Nach zwei Versuchen brachte sie heiser hervor: »Nichts, danke. Mir geht es wieder gut.«
»Etwas zu trinken? Der Barschrank ist ganz gut bestückt. Ich nehme Scotch.«
»Nichts«, wisperte sie. Trotz seiner Worte graute ihr vor dem, was sich in einem Glas befinden könnte, das er ihr reichte.
Er schien es zu bemerken, denn er entgegnete: »Irgendwann werden Sie aus meiner Küche essen müssen. Wir haben eine lange Reise vor uns.«
»Was? … Na gut, etwas Wein bitte.«
Während er sich mit den Getränken beschäftigte, bemühte sie sich, Muskeln und Nerven zu lockern. Als er sich zu ihr setzte, aber nicht zu dicht, konnte sie seinem Blick begegnen. Sie lehnte die Zigarette ab, die er ihr anbot, aber der Claret war großartig. Er blies Rauch aus den Nasenlöchern, ehe er mit Nachdruck sagte:
»Sie sollten sich erinnern, wer sonst noch für Sie geboten hat.« Sie spürte, wie ihr Gesicht aufglühte. »Und ich habe so viel Geld auch nicht aus Ritterlichkeit ausgegeben. Ihre Tugend ist so lange sicher, wie Sie wollen – solange ich Ihr Eigentümer bin. Ich brauche jedoch Ihre Mithilfe bei einigen übergeordneten Angelegenheiten. Verstehen Sie mich?«
Sie schluckte. »Wenn ich kann … helfe ich Ihnen, Sir …«
»Gegen die Freilassung und ein Ticket nach Dennitza? Vielleicht. In Anbetracht dessen, wofür Sie verurteilt wurden, habe ich nicht das Recht, Sie freizulassen. Ich müsste um ein Dekret ersuchen. Oder ich könnte Ihnen
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