Flandry 6: Schattenwelt
waren entweder zur Größe oder zum Ruin bestimmt. Lagard hatte sich methodisch, ganz nach Vorschrift, zu der Pension hochgearbeitet, die er sich für den Ruhestand wünschte.
Er war nicht kreativ, aber auch nicht dumm, ein lebenswichtiges Rädchen im Getriebe des Imperiums. Wie konnte ein ganzer Planet voller unterschiedlicher Nichtmenschen von Terra streng regiert werden, und wieso sollte es geschehen? Lagard war auf Diomedes, um Imperiumsbürger bei ihren Geschäften und Problemen zu unterstützen; um die fortwährende Sammlung von Daten über die Welt zu überwachen und die Informationen in die richtige Form zu bringen, mit der die unersättlichen Datenbanken auf der Heimatwelt gefüttert werden konnten; um von den Einheimischen den bescheidenen Tribut einzutreiben, mit dem sie ihren Anteil an der Pax bezahlten; ihren Anführern bei Bedarf Rat zu erteilen und seine Marines nicht einzusetzen, damit sie dafür sorgten, dass sein Rat befolgt wurde, es sei denn, es war absolut unumgänglich; im Namen der Einheimischen mit den Vertretern der Krone zu sprechen, mit denen er zu tun hatte; belastbar zu sein.
Er hatte sich nicht schlecht geschlagen. Dass die Dämonen, die auf dieser Welt spukten und sie vielleicht noch in Besitz nahmen, seine Fähigkeiten als Exorzist überstiegen, war nicht seine Schuld.
»Nein, Sir, angekündigt wird unsereiner nie. Oder ganz selten. Furchtbar schlechtes Benehmen, aber so ist es eben in der Politik, was?« Flandry wies mit einer Kopfbewegung auf seine Referenzen, die auf dem Schreibtisch lagen. »Fürchte, deutlicher kann ich nicht werden. Sagen wir einfach, ich bin auf Sonderinspektionsreise.«
Lagard sah ihn forschend an. Flandry erriet, was der Resident dachte: War dieser gedehnt faselnde Pfau wirklich ein Offizier des Nachrichtenkorps bei der Arbeit oder ein protegierter Verwandter, den man in ein paar belanglose Einsätze schickte, um rechtfertigen zu können, ihn zum Admiral zu befördern? »Ich werde mit Ihnen in jeder Hinsicht kooperieren, Captain.«
»Danke. Hab’s nicht anders erwartet. Hören Sie, macht es Ihnen was aus, wenn ich Sie noch ein bisschen langweile? Was heißen soll, ich möchte Ihnen gern die Lage darlegen, wie ich sie sehe. Sie verbessern mich, wenn ich falsch liege, füllen die Lücken, so was eben, ja? Sie wissen sicher selbst, wie schwer es ist, einen brauchbaren Überblick über die Materie zu erhalten. Und durch die Entfernungen zwischen den Sternen ist eine Neuigkeit schon veraltet, ehe sie eintrifft, n’est-ce pas?«
»Bitte sehr«, sagte Lagard resigniert.
Flandry drückte die Zigarette aus, schlug die Beine über und legte die Finger zusammen. Den Zug Diomedes’ milderte kein Gravgenerator. Er ließ sein zusätzliches Gewicht in das weiche Polster des Sessels sinken, als wäre er bereits erschöpft. (Tatsächlich absolvierte er seine gymnastischen Übungen unter zwei g oder mehr, weil er auf diese Weise die Zeit verringern konnte, die er täglich auf diese langweilige Weise zu verbringen hatte, um fit zu bleiben.) »Unruhestifter unterwegs«, sagte er. »Endernte Möglichkeit, dass feindselige Elemente sich die Desorganisation zunutze machen, die durch die jüngsten Misshelligkeiten entstanden ist – ob diese feindseligen Elemente jetzt Merseianer sind, Ythrianer, Barbaren oder Imperiumsbürger, die sich abspalten oder sogar Seine Majestät stürzen wollen – richtig? Sie haben Hinweise erhalten, verschiedene dieser Unruhestifter seien hier aktiv, schürten Unzufriedenheit und all diesen Unsinn. Wie sind sie an Ihren Sicherungsmaßnahmen vorbeigekommen?«
»Es sind nicht meine Sicherungsmaßnahmen, Captain«, verbesserte Lagard ihn. »Ich bin noch keine fünf Jahre auf diesem Posten. Das Überwachungssystem habe ich in einem erbärmlichen Zustand vorgefunden – angesichts der Probleme im Imperium kein Wunder – und mein Bestes getan, um Instandsetzungen zu erreichen. Ich stellte weiterhin fest, dass unser interner Zwist sehr zur Unzufriedenheit beitrug, speziell beim Großen Schwarm von Lannach. Sehen Sie, der Handel mit anderen Planeten wurde dadurch gestört. Die wandernden Gesellschaften sind davon mittlerweile stärker abhängig als die sesshaften wie die Drak’ho, die mit ihrer eigenen Industrie fast alles produzieren können, was sie selbst verbrauchen. Doch berücksichtigen Sie bitte, dass ein neuer Mann auf einer fremden Welt Zeit braucht, um sich zurechtzufinden und praktikable Programme zu erarbeiten.«
»Aber sicher.«
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