Flandry 6: Schattenwelt
Flandry nickte. »Zunächst erschien es Ihnen gar nicht nötig, Besucher aus dem All zu inspizieren. Im Gegenteil, Sie hießen sie willkommen. Schließlich konnten sie bewirken, dass der Handel wieder auflebt, nicht wahr? Ganz natürlich. Das wirft in keiner Weise ein schlechtes Licht auf Sie. Doch irgendwann tauchten die ersten Hinweise auf. Nicht jeder Besucher verbrachte seine Zeit im Hinterland in solch löblicher Absicht. Richtig?
Sie baten darum, dass mein Korps die Angelegenheit untersucht. Das wiederum erforderte Zeit. Auch wir können nicht ohne Weiteres auf einen Planeten kommen und mit augenblicklichen Resultaten rechnen, wissen Sie. Ach ja, meiner Einweisung zufolge haben Sie sich an das Sektorenhauptquartier gewandt. Terra hat nur Ihre regelmäßigen Berichte erhalten.«
»Selbstverständlich«, erwiderte Lagard. »Über Terra zu gehen hätte eine Verzögerung von mehreren Monaten bedeutet.«
»Sehr richtig. Das sollte keine Kritik sein, Sir«, versicherte Flandry ihm. »Dennoch wissen wir auf der Heimatwelt gern, was vor sich geht. Deshalb bin ich hier: um mehr Details herauszufinden, als im offiziellen Bericht angegeben waren. Oder Sie könnten auch sagen, meine Vorgesetzten wünschten einen Eindruck, wie die Operation verlaufen ist.«
Lagard hob ganz leicht die Schultern.
»Nun also«, fuhr Flandry fort. »Laut Bericht brachte ein Commander Bruno Maspes ein Nachrichtenkorpsteam mit, hat sich in Thursday Landing eingerichtet und befasste sich mit Vernehmungen, dem Sammeln von Daten, dem Einsickern von Agenten vor Ort … die übliche gründliche Arbeit. Das ging wie lange?«
»Etwa sechs Monate.«
»Hatten Sie viel mit den Leuten zu tun?«
»Nein. Sie waren immer beschäftigt und oft allesamt unterwegs; manchmal verließen sie das Sonnensystem sogar ganz. Das Personal kam und ging. Selbst die, die meine Gäste waren …« Lagard unterbrach sich. »Sie müssen mir vergeben, Captain, aber ich unterliege ebenfalls der Geheimhaltung. Mein gesamter Haushalt. Man hat uns verboten, bestimmte Dinge zu erwähnen. Ihre Ermächtigung erteilt Ihnen nicht das Recht, diese Bestimmung aufzuheben.«
Ah-ha. In Flandrys Adern kitzelte es. Seine Muskeln blieben entspannt. »Ja, richtig. Vollkommen passend. Sie und Ihre Angehörigen mussten einige Einzelheiten mitbekommen – zum Beispiel einen Xenosophonten mit eigenartigen Talenten« – sieh dir sein Gesicht an! Und wieder: ah-ha –, »über den nicht geplaudert werden darf. Keine Sorge, ich dringe nicht in Sie.
Zusammengefasst entdeckte das Team, dass es keine Menschen ythrianischer Staatsangehörigkeit waren, die zur Rebellion aufstachelten und dazu auch technische Beratung lieferten, sondern Menschen von Dennitza.«
»So sagte man mir«, erwiderte Lagard.
»Äh … hatten Sie während dieser Zeit nicht eine dennitzanische Wissenschaftlerin zu Gast?«
»Ja. Sie und ihr Begleiter brachen gegen meine Warnung recht bald zum Meer von Achan auf. Später wurde ich informiert, dass sie sich als Subversive erwiesen hatten.« Lagard seufzte. »Schade. Sie war ein netter Mensch, auf ihre gefühlsbetonte Art.«
»Wissen Sie vielleicht, was aus ihr geworden ist?«
»Sie wurde festgenommen. Ich gehe davon aus, dass sie noch immer in Haft ist.«
»Hier?«
»Das erscheint mir unwahrscheinlich. Maspes und seine Leute sind schon vor Wochen aufgebrochen. Warum sollten sie sie zurücklassen?«
Was hätte ich wohl getan, wenn sie noch hier gewesen wären?, wunderte Flandry sich flüchtig. Aber auch dieses Blatt hätte ich ganz gewiss mit Stil ausgespielt. »Sie hätten entscheiden können, dass sich die Angelegenheit auf diese Weise am einfachsten geheim halten ließe«, entgegnete er.
»Bei dem Nachrichtenkorpspersonal, das sich jetzt noch auf Diomedes befindet, handelt es sich nur um die wenigen Leute, die schon seit Jahren bei uns stationiert sind. Ich glaube, ich wüsste, wenn sie etwas vor mir verbergen würden. Sie können gern mit den Leuten reden, Captain, aber versprechen Sie sich nicht zu viel davon.«
»Hm.« Flandry strich sich den Schnurrbart. »Dann war Maspes also der Ansicht, er hätte die Verräter ausgehoben?«
»Er sagte, er habe anderswo eine neue, dringlichere Aufgabe. Ohne Zweifel ist ein Großteil der Agenten seinem Netz entkommen, und einheimische Sympathisanten versorgen vielleicht Menschen unter ihnen. Aber, behauptete er, wenn wir den Raumverkehr sorgfältig überwachten, sollten sie nicht in der Lage sein, mehr Unruhe zu verursachen, als
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