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Flandry 6: Schattenwelt

Flandry 6: Schattenwelt

Titel: Flandry 6: Schattenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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sie entwickelte vielleicht ein Interesse an den Einheimischen, verwickelte sich in Abenteuer und Faszinosa, fertigte gar eine xenologische Studie oder eine Literaturübersetzung an. Lady Susette mangelte es dazu an Talenten. Da sie keine Kinder gehabt hatte, als sie eintraf, müsste sie für den Rest von Lagards zehnjähriger Dienstzeit ohne auskommen. Die Immunisierungen, die es ihr gestatteten, auf Diomedes unter freiem Himmel umherzugehen, gingen so tief, dass ihr Organismus jeden Embryonen abgestoßen hätte, und es wäre zu gefährlich gewesen, sie rückgängig machen zu lassen, ehe sie die Welt wieder verließ. Was also sollte Susette Kalehua Lagard, Tochter wohlhabender und gesellschaftlich bedeutender Terraner, tun, während sie wartete?
    Sie hätte die Ehe beenden können. Ein Mann jedoch, der den Rang eines Residenten erreicht hatte, war ein guter Fang. Er durfte damit rechnen, im Anschluss Regierungskommissar auf einem erstrangigen, von Menschen kolonisierten Planeten wie Hermes zu werden, wo großer Glamour winkte; nach einiger Zeit konnte er zu einem untergeordneten Funktionär auf Terra aufrücken. Susette musste der Meinung sein, diese Aussichten seien ihre Geduld wert. Ihre Augen verrieten Flandry, dass sie ein Hobby hatte.
    »Nun, wenn wir so wenig Zeit haben, sollten wir sie uns so angenehm vertreiben wie möglich«, sagte sie. »Darf ich – dürfen wir Ihnen das Du anbieten? Wir sind Susette und Martin.«
    »Es ist mir eine Ehre.« Flandry prostete ihr zu. »Und erfrischend. In den letzten paar Jahren sind die Leute auf Terra ziemlich steif geworden, wissen Sie. Ganz nach dem Beispiel, das Seine Majestät und sein Innerer Zirkel setzen.«
    »Wirklich?«, fragte Lagard. »Solche Feinheiten erreichen uns hier nicht. Ich hatte gedacht, der gegenwärtige Kaiser wäre – bei allem Respekt – eher formlos.«
    »Nicht in der Öffentlichkeit«, sagte Flandry. »Berufsoffizier germanianischer Abstammung, nicht vergessen. Ich prophezeie, dass uns ein puritanisches Zeitalter bevorsteht.« Das, wenn Desai recht hat, nicht das Ende der Dekadenz darstellt, sondern ihr nächstes Stadium. »Zum Glück gibt es noch genügend Winkel und Ritzen, in denen man der alten Tradition folgen kann. Missbilligung verleiht dem Ganzen ja sogar zusätzliche Würze, oder? Ich erinnere mich noch, vor einer Weile …«
    Seine nicht ganz salonfähige Anekdote war jemand anderem passiert, und dem Vorfall hatten mehrere Schnörkel gefehlt, die er nun ergänzte, denn von solchen Details ließ sich ein Flandry keine gute Geschichte vermasseln. Sie entlockte Lagard ein säuerliches Lächeln, Susette hingegen schallendes Gelächter und ein Erröten, das ihr tief ins Dekolleté zog.
     
    Der Stab – Assistenten, Sachbearbeiter, technische Leiter, Navy- und Marineinfanterieangehörige – war beschäftigt, aber kooperativ, nur hörte Flandry irgendwann immer: »Tut mir leid, Sir. Darüber darf ich nicht sprechen. Wenn Sie Informationen benötigen, wenden Sie sich bitte direkt an das Sektorenhauptquartier. Ich bin sicher, dort wird man Ihnen weiterhelfen.«
    Klar, man hilft mir mit dem gleichen skizzenhaften Bericht, den Terra erhalten hat. Ich könnte mich zur Plage machen, aber ich bezweifle, ob die Geheimakten je eine Erwähnung dessen enthalten haben, hinter dem ich eigentlich her bin. Ich könnte den Aufenthaltsort von Commander Maspes und Co. in Erfahrung bringen und mich auf eine lange Reise begeben, um sie zu finden … – nein, nur ihn, denn das Team ist mittlerweise bestimmt aufgelöst … äh, oder noch eher stehen in den Akten Befehle für diese Leute, ganz ähnlich denen, die Captain Whaling erhalten hat, und die Männer sind verschwunden … vielleicht tauchen sie irgendwann irgendwo wieder auf, vielleicht aber auch nicht, das kommt auf die Umstände an.
    Mehr Täuschung, mehr Phantome.
    Er schlenderte in den zivilen Teil der Stadt und verkehrte rasch mit Kommissionären und Angestellten auf freundschaftlichem Fuße. Die meisten von ihnen fanden ihre Arbeit stimulierend – sie mochten die Diomedaner –, aber einige dürsteten nach neuen menschlichen Kontakten. Und keiner von ihnen unterlag der Geheimhaltung. Das Problem war nur, dass dazu auch keinerlei Notwendigkeit bestand. Die Leute wussten, dass ein Sonderteam des Nachrichtenkorps gekommen war, um die Unruhen, die ihre Geschäfte störten, mit der Wurzel auszureißen. Damit waren sie rundweg einverstanden und verübelten es niemandem, dass man sie mit den Ermittlern

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