Flandry 8: Agentin des Imperiums
ich mich da ein wenig?«, murmelte er.
Banner musterte ihn über den Tisch hinweg und breitete ihre Hände aus, eine alte Gebärde. Sie war eine schlanke Frau mit markanten Zügen. Ihre Augen zeigten ein strahlendes Grün, und silbersträhniges braunes Haar fiel ihr auf die Schultern. »Glaubst du, er kann gewinnen?«, fragte sie.
»Durchaus.« Flandry zündete eine Zigarette an und sog den Rauch tief ein. »Im Lichte der letzten Entwicklungen sehen seine Chancen sogar recht gut aus. Als ich unseren lieben Kaiser Gerhart vor einer Woche sprach, hatte er einen Schreikrampf.« Die hohe Miete der Wohnung erklärte sich unter anderem auch daraus, dass sie modernsten Lauschschutz einschloss. Techniker, die Flandry persönlich ergeben waren, überprüften die Wohnung regelmäßig auf ordnungsgemäße Funktion der Anlage.
Banner seufzte. »Eine rhetorische Frage – oder? Wäre es wirklich so schlimm, wenn Magnusson Kaiser wird? Ist die augenblickliche Dynastie nicht genauso auf den Thron gekommen, und was ist Gerhart wirklich wert?«
»Ich sage dir immer wieder, liebste Wissenschaftlerin, du solltest dich mehr für Menschheitsgeschichte und Politik interessieren«, sagte Flandry. »Nicht, dass es nicht verständlich wäre, dass es dich kalt lässt. Ein schmutziges Thema. Ich wünschte mir oft, ich wäre in einer Zeit geboren wie der des Zweiten Sugimoto, als jeder seinen Wein und seinen Feigenbaum ziehen konnte, seinen Künsten und Lastern nachgehen, ohne sich sorgen zu müssen, wer im nächsten Augenblick über die Mauer klettert.« Er griff über Gläser und Teller hinweg und strich ihr über die Wange. »Aber dann hätte ich dich natürlich nie kennengelernt.«
Unvermittelt erhob er sich. Der Bademantel schlug ihm um die Knöchel, als er ans Fenster ging und dort, hastig an seiner Zigarette ziehend, stehen blieb. Durch einen leichten Regen und eine frühe Dämmerung blitzte die Stadt hektisch, soweit das Auge reichte. Im Zimmer zogen sich Rosenduft und die Klänge eines Mozartkonzerts zur Unendlichkeit hin zurück.
»Ich bin gegen Revolutionen«, sagte er leise. »Ganz egal, welche Rechtfertigung vorgeschoben wird, sie sind nie die kurzfristigen Kosten wert – unzählige Menschenleben, unermessliche Schätze – oder die langfristigen: einen Riss im zarten Gewebe der Gesellschaft. Du weißt, wie ich, als ich noch jünger war, geholfen habe, einige solcher Rebellionen niederzuschlagen. Wenn ich mich danach dem alten Hans anschloss, dann nur, weil die Wang-Dynastie komplett zusammengebrochen und er unter den rivalisierenden Kriegsherren das geringste Übel war. Zumindest erwies er sich als erträglicher Kaiser, oder? Nie nur eine Galionsfigur, nie ein Monstrum. Dürfen wir es wagen, mehr zu erwarten? Und auch wenn wir dem Angedenken von Edward Cairncross insofern einiges verdanken, als sein versuchter Thronraub uns wieder miteinander bekannt machte, stimmst du mir doch sicher zu, dass er ein wenig wünschenswerter Herrscher gewesen wäre.«
Sie band ihren Kimono zu und stellte sich neben ihn. Er legte ihr den Arm um die Taille. Sein geradliniges Gesicht runzelte sich zu einem Lächeln. »Entschuldige den Vortrag«, murmelte er. »Ich will versuchen, mich von jetzt an mehr zu zügeln.«
Sie lehnte sich an ihn. »Es stört mich nie. Es ist schön zu sehen, wie du dich einmal von deinen ständigen Clownerien erholst.« Ihr angeborener Ernst erhob sich neu. »Aber du hast mir nicht geantwortet. Also gut, das Imperium bummelte ganz friedlich vor sich hin, und Magnussons Revolte ist ein Desaster. Weiß ich das nicht selbst? Wie auch immer – meine Eltern haben mir stets gesagt, man muss jede Frage von allen Seiten betrachten –, wäre sein Erfolg eine Katastrophe? Ich meine, ich habe dich oft genug sagen hören, dass wir längst nicht mehr so etwas wie eine rechtmäßige Regierung haben. Vielleicht wäre Magnusson besser als Gerhart, der ja ein ziemliches Schwein ist, oder nicht?«
»Doch, sicher, das ist er«, räumte Flandry ein, »aber er ist ein kluges Schwein. Um nur ein mittelprächtig wichtiges Beispiel zu nennen, du weißt, dass er mich nicht mag, aber er nimmt trotzdem meinen Rat an, weil er sieht, dass es praktisch ist. Und … Kronprinz Karl hat eine sehr hohe Meinung von mir, und er ist ein durch und durch anständiger Junge.« Flandry kicherte. »Falls ich noch lebe, wenn er den Thron besteigt, muss ich ihn von Letzterem kurieren.«
Banner starrte nach draußen in den Himmel. Die Sterne verloren sich
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