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Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Friedmann
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Risotto hatte es ihr ohne Zweifel angetan.
    Sandra schmeckte es mindestens genauso gut. »Das beste Risotto, das ich je gegessen hab.«
    Und das erste, dachte Anna. Sie war hin- und hergerissen, und es behagte ihr überhaupt nicht, wie ihr zunehmend die Kontrolle entglitt. Das war sie nicht gewohnt. »Ich habe da starke Zweifel. Um ehrlich zu sein, wir sind ja doch alle, na ja, recht unterschiedlich.«
    Das war sehr vorsichtig ausgedrückt. Anna gingen diese Berliner gehörig auf die Nerven, ganz zu schweigen von dem anstrengenden Ossi und seinem naiven Püppchen. Risotto ist was mit Reis, oder?
    »Ein bisschen Abwechslung könnte ja ganz lustig werden.«
    Meinte Elli das etwa ernst? Anna stand auf. »Ich brauch mal frische Luft.«
    Schon während ihres Studiums hatte Anna sich nie eine Wohnung geteilt. WGs waren ihr ein Graus gewesen. Während andere sich gegenseitig sinnlosen Diskussionen hingegeben hatten und die Welt verändern wollten, hatte Anna eine eindeutig klügere Strategie entwickelt: Don’t try to change the system, be the system! Keine Minute länger hielt sie es in dieser lächerlichen Urlaubs-Kommunen-Küche aus.
    Heiko sprang auf. »Frische Luft. Gute Idee!«, und folgte ihr. Vielleicht sollte er sie draußen an einer empfindsamen Stelle berühren, natürlich aus Versehen. Das machte Frauen immer heiß. Vielleicht am Oberschenkel, oder gleich im Schritt?
    Anna, bereit, ihn mit ihren Blicken zu töten, blieb auf der Stufe zu dem kleinen Vorraum stehen und sagte laut und deutlich: »Allein!«
    Draußen war es mittlerweile komplett dunkel, und über den Horizont spannte sich eine sternenklare Nacht. Die Grillen zirpten scheinbar um ihr Leben, und über Annas Haut strich ein leichter, angenehm kühlender Lufthauch. Über den Baumkronen waren in der Ferne Lichtpunkte zu sehen, ganz klein. Was für ein einsamer Ort, und doch war sie nicht allein.
    Sie füllte ihre Lungen mit einer ordentlichen Ladung Sauerstoff. Sie hätte den Urlaub schon vor Wochen absagen sollen. Dass die ganze Sache unter keinem guten Stern stand, das war mehr als offensichtlich.
    »Alles in Ordnung bei dir?«, frage Elli, die plötzlich neben ihr stand.
    Das war heute schon das zweite Mal, dass Anna nicht hörte, wie sich ihr jemand näherte. Mein Gott, wo war ihr Verstand? Sie war keine arme Träumerin, sondern eine Businessfrau, immer in Alarmbereitschaft. »Ja, ja, hab wohl nur gerade keinen Nerv für den kleinen Schulausflug hier«, meinte sie.
    Elli hatte die Weingläser mitgebracht, ohne hinzusehen, griff Anna danach. Nach all den Jahren waren Elli und sie ein angenehm eingespieltes Team. Die Schwester und die langjährige Freundin. Die zwei Koordinatenachsen in Carlos Leben.
    Mit nachdenklichen Blicken nahmen beide einen vollmundigen Schluck und ließen sich von der großartigen Sommernacht einnehmen. Keine der beiden Frauen sagte etwas. Die Stille war nicht zu überhören, befreiend und erdrückend zugleich.
    »Angeblich soll man hier klarere Gedanken fassen können«, sagte Anna.
    »Hier lenkt einen nichts ab.«
    »Ich finde das banal. Banal und frustrierend.«
    Elli holte tief Luft und griff in die Seitentasche ihrer Strickjacke. Ohne diese ebenso ausgeleierte wie kuschelig warme Jacke sah man Elli selten. Das gute Stück wurde fast nie zugeknöpft, sondern hing meistens einfach nur locker an Elli herunter. Es gab ihr eine legere, sichere Eleganz. »Als ob man nur ein paar Stunden in den Süden fahren müsste, und zack, schon erklärt sich einem die Welt.« Anna klang enttäuscht, fast verbittert.
    Jetzt nahm Elli ihr perlmuttbeschlagenes Etui in die Hand und zauberte eine komplett weiße Zigarette hervor, die sie in ihr schwarzes Filterstück steckte. Es war Ellis Markenzeichen, Zigaretten nur auf diese Weise zu rauchen. »Tja, so einfach ist es wohl leider nicht.«
    Als Elli genussvoll das weiße Dunhill-Feuerzeug schnalzen ließ und einen befreienden Zug nahm, konnte Anna nicht anders, als Carlos Schwester für ihre Klasse zu bewundern. Diese Frau ließ sich nicht so schnell unterkriegen. Da konnte es ihr Martin mit wer weiß wem treiben. Elli war Elli, das ließ sie sich nicht nehmen.
    Schmunzelnd sagte Elli: »Ich find diese Sandra ja ganz witzig.«
    »Danke, aber wenn ich mich von unreflektiertem Geplapper unterhalten lassen will, dann geh ich zum Friseur.« Anna war sich sehr wohl bewusst, wie verkrampft und wenig souverän sie war. Anna spürte, dass Elli sich fragte, warum das so war.
    Immer noch blickten beide

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