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Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Friedmann
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sich Tina. Wieder wurden ihre Schenkel wärmer. Was war denn mit ihr los? Lag das an dem Sommerfeeling? Sie hatte nicht die geringste Lust, schon ins Bett zu gehen. Jedenfalls nicht, um zu schlafen. Wie so oft verlangte ihr Körper von einer Sekunde auf die andere nur nach einem: Sex. Ohne Konventionen, ohne das ganze Geplapper und diese ewige Gefühlsduselei. Hör auf!, ermahnte sie sich selbst.
    »Teilen wir uns noch ein Glas?«, fragte Carlo, nichts ahnend und komplett unschuldig.
    Sie zögerte kurz. »Klar.«
    Mit einem angeheiterten Lächeln schenkte er ihr nach. »Was machst du denn so den ganzen Tag in Berlin?«
    »Wie? Ach so, Berlin, sorry, ich war grad woanders. Ja, ähm, studiert hab ich, bis vor kurzem. Theaterwissenschaften. Für die Tonne.« Sie nahm einen kräftigen Schluck. »Jetzt hab ich nen Laden. Pure India.«
    »Ein kleines Reisebüro?«
    »Ne, seh ich so aus? Bürotante? Ha! Ganz anders, Räucherstäbchen und so, Seidenschals, alles, was glücklich macht.«
    »Soso, Indien. Warst schon da?«
    Jetzt musste sie schmunzeln. Volltreffer. Sie hätte ihn locker anlügen können, wie jeden anderen. Aber sie hatte keine Lust.
    »Nö. Leider nich.«
    Er sagte irgendetwas, was sie nicht wirklich hörte, denn erneut drängten sich ihr diese erotischen Bilder auf. Wie sie mit einer Bewegung Gläser vom Tisch wischte, wie sie ihren Kopf nach hinten warf, wie sich plötzlich Carlos starke Hände in ihren Arsch gruben.
    »… würde mich natürlich auch mal reizen …«, hörte sie Carlo in weiter Ferne sagen.
    Wie sie ihn mit ihren Unterschenkeln an sich heranzog …
    »… aber is halt auch saugroß, dieses Indien …«
    Wie er ihren Nacken packte, fest, aber gleichzeitig mit zwei Fingern sanft an den Sehnen entlangfuhr …
    »… einen eiskalten Gin Tonic auf der Veranda, englischer Kolonialbau.«
    Sie war kurz davor, es zu tun.
    »Hab ich gerade Gin Tonic gehört?«, fragte Elli.
    Carlo und Tina hatten sie ganz vergessen.
    Elli zögerte, blieb im Türrahmen stehen. »Störe ich?«
    »Ah, du bist noch wach?«, fragte Carlo verwundert.
    »Der Himmel ist so klar. Man sieht viel mehr Sterne als in München.«
    Carlo hob entschuldigend die Schultern. »Gin gibt’s leider keinen. Magst noch einen Rotwein?«
    »Danke dir! Ich wollt eh schlafen gehen«, verabschiedete sich Elli.
    »Träum was Süßes, Schwesterherz!«
    Als hätte er etwas angestellt, kraulte er sich kurz am Nacken.
    Tina nahm ihn erneut ins Visier. Seine Stirn hatte schon einige tiefe Furchen, aber nicht von irgendwelchen Sorgen, wohl eher von der vielen Sonne in München. Knuffelige Augen hatte er, wie ein junger James Dean, oder war sie angetrunken und bildete sich das jetzt ein? Reiß dich zusammen!
    »Boa, ich bin auch komplett im Eimer«, gestand sie. War sie gerade kurz davor gewesen, Carlo zu vernaschen? Jetzt war sie Elli für die Störung mehr als dankbar. Dann sah sie sich diesen großen, schweren Mann noch einmal genauer an. Irgendwas hatte er.
    Wenn Elli nicht komplett meschugge war, dann hatte sie die beiden eben sehr wohl gestört. In der Küche hatte es ganz seltsam geknistert. Nicht wie bei einem klassischen Flirt, doch irgendetwas hatte da in der Luft gelegen, kein Zweifel. Konnte das sein? Sollte das aufgedrehte Hauptstadt-Gör tatsächlich was an ihrem Bruder, dem lahmen Pantoffel, finden? Auch wenn Carlo vermutlich nur ein paar Jahre älter war, könnte er sich locker als Tinas Vater vorstellen. Das waren zwei ganz unterschiedliche Welten.
    Andererseits hätte Elli es ihm gegönnt. Nach dem, was ihr Anna gerade gestanden hatte, sah es für die beiden nicht nach einem Happy End unterm Regenbogen aus. Ganz im Gegenteil, Anna wollte ihn verlassen, auf den Highway abbiegen und Carlo an der nächsten Ausfahrt Adieu sagen. Zwar hatte Anna es vorerst nur als eine von mehreren Optionen heruntergespielt, aber Elli wusste, dass Anna schon viel weiter war. Elli konnte in ihr genau etwas von dem Zögern und den Ängsten entdecken, die einem schmerzlich durchs Mark schossen, wenn man nicht wusste, was der richtige Weg war.
    Sie hatte das alles auch durchgemacht. Aus ganz anderen Gründen, Carlo hatte Anna schließlich nie betrogen. Aber das Gefühl, einen Menschen verlassen zu müssen, auch wenn man ihn eigentlich noch liebte, ja, das kannte sie nur zu gut.
    Es fiel Anna alles andere als leicht, das sah Elli ihr an. Anna kämpfte schwer mit sich, jedoch nicht über die Frage, ob sie Carlo verlassen, sondern nur noch, wie sie es ihm

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