Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
Heiko versuchte den peinlichen Moment zu retten. Absichtlich lachte er laut, so als hätte Sandra einen prima Witz gemacht. »Ja genau, und Lasagne is mit Nudeln, haha.«
Anna musterte die beiden Ossis erneut. Die waren anscheinend noch dämlicher, als es ihr schlechter Geschmack vermuten ließ. Ihr Blick fand Elli, die ihrerseits nur amüsiert mit den Achseln zuckte.
»Also, ein kleines Saltimbocca hätt ich jetzt aber schon erwartet«, frohlockte Tina. »So mit einer sämigen Limettensoße.«
»Kennt ihr so was Feines in Kreuzberg etwa auch? Ich hab gedacht, da gibt es nur Döner?«
»Ihr Münchner esst ja auch nicht nur Schweinebraten mit Klößen, oder?« Auch Lutz war jetzt für seine Verhältnisse recht munter.
»Carlo schon«, korrigierte ihn Anna.
»Knödel. Des heißt Knödel. So wie euer Berliner bei uns ein Krapfen is.«
»Und Wiener Würstel in Wien Frankfurter«, scherzte Sandra.
»Nur Hamburger, die heißen überall gleich«, Carlo jonglierte immer noch mit der Pfanne, »und sie sind überall die gleiche Zumutung.«
Tina wurde neugierig. Dieser Carlo kam ihr genau richtig. »Wann warste denn det letzte Mal in Balin?«
Anna schmunzelte, sagte aber erst mal nichts.
»Du fragst Sachen, wann war des?«
Neugierig warteten alle auf seine Antwort.
»Carlo war noch nie in Berlin«, kam ihm Anna zuvor. Sie genoss es, dass auch andere einmal in Carlos allzu offensichtlicher Bequemlichkeit herumbohrten.
»Berlin? Da müsste mein Bruderherz ja sein geliebtes München verlassen. Wo er es doch schon kaum aus Schwabing heraus schafft?«, setzte Elli süffisant eins darauf.
»Aha, und wo sind wir dann hier bitte? Die Damen? In Italien!« Immerhin sei man ganze fünfhundert Kilometer von München entfernt, verteidigte sich Carlo.
»In meinem Ferienhaus«, warf Heiko schnell ein und dachte, das hätte gesessen, bis er, leider viel zu spät, merkte, wie peinlich es war, sich bei »Damen« angesprochen zu fühlen. Das durfte jetzt wirklich nicht so weitergehen, sonst nahm ihn hier bald gar keiner mehr ernst. »Ich reise ja äußerst gerne. Geschäftlich. In Berlin hab ich natürlich schon oft vorzüglich gegessen. Auch in Kreuzberg, im …«
Wie hieß noch mal dieser In-Laden, der in einem von Sandras Klatschblättern so bejubelt wurde?
»… im Royal. Klein, fein, Grill Royal.«
»Der is in Mitte. Du meinst det Kirk Royal, von den beiden Schauspielern«, sagte Tina.
»Jaja, genau! Da waren viele Schauspieler. Sehr bekannt. Da war einiges los!« Endlich hatte Heiko wieder Oberwasser und konnte dem Seppl eins auswischen.
Aber Tina war wenig beeindruckt. »In Berlin sind überall Schauspieler. An jeder Ecke, in jedem Laden. Ham ja sonst nix zu tun. Da brauchste nur ne Kamera aufstellen, schon haste nen Film.«
Eigentlich ne prima Idee, dachte sie, von sich selbst überrascht. Wär eigentlich was für diesen Jungregisseur gewesen, Pierre, der sie dauernd mit seinen verliebten SMS nervte. Zum Glück war der Empfang hier schlecht. Tina öffnete die massive Holztür des nussbraunen Schrankes, der so dastand, als könne man ihn nie wieder von seinem angestammten Fleck wegbewegen. Wozu auch? Geschickt nahm sie einen Stapel Teller heraus.
»Berlin ist mir zu deutsch. Zu preußisch. Kalt und steif.« Auch wenn Carlo noch nie in Berlin gewesen war, so hatte er doch seine Meinung. Basta. Er wischte sich die Hände an einem karierten Tuch ab, beugte sich über die Pfanne und schmeckte mit einem kleinen Löffel das Essen ab.
Lutz hakte nach: »Ach ja? Und was ist dann bitte München? Hauptstadt der Gutmenschen? Oder einer freien bayerischen Alpenrepublik?«
»München ist ein gemütliches Dorf, schick, aber zum Einschlafen«, sagte Anna sachlich.
Mit zwei dampfenden Tellern in der Hand drehte sich Carlo zu den anderen.
»München ist die nördlichste Stadt Italiens. Monaco di Bavarese! So, wer will zuerst?«
Sofort bekam Sandra große Augen und setzte sich wie ein kleines Mädchen, das gerade aus der Schule zum Mittagessen nach Hause gekommen war, in freudiger Erwartung aufrecht hin. Und Carlo reichte ihr auch gleich einen Teller. Dann war Heiko an der Reihe, doch der wiegelte ab, sollten die anderen ruhig den Vortritt haben. Mit seiner gönnerhaften Geste wollte er den anderen unterschwellig klarmachen, wer hier der Herr im Haus war. Deshalb hatte er auch am Kopf dieses hässlichen Tisches Platz genommen und nicht irgendwie eingeklemmt zwischen den Frauen. »Eure Münchner Arroganz nervt die ganze
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