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Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Friedmann
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»Versteh mich nicht falsch«, sagte sie, »ich bin nur realistisch, das heißt nicht, dass ich nicht auch Träume habe. Nur, wie sollen wir überzeugt in eine Richtung laufen, wenn wir wissen, dass es gar keine Richtungen mehr gibt? Jeder Tag präsentiert uns eine neue Landkarte, und wir haben nicht mal einen Kompass.«
    Während Sandra unbekümmert weiter den Tisch eindeckte, musste Anna stehen bleiben und kurz verarbeiten, was sie eben von der jungen Krankenschwester zu hören bekommen hatte. Jetzt wurde sie endgültig nicht mehr schlau aus ihr. Wenn das eben Tina gewesen wäre, okay, aber Sandra? Die Kleine war dem Anschein nach gar nicht so klein. Zumindest schien sie das Leben mit mehr Durchblick anzugehen als Anna selbst. »Ich dachte, ihr zwei seid, na ja, mehr so das klassische Traumpaar?«, hakte Anna nach.
    »Wie? Er jung und dynamisch, und ich noch jünger und hübsch blond? Ja? Logisch, denkt jeder. Du und Carlo seht ja auch aus wie so ein Musterpärchen. Aber verklicker mir mal nich, da is alles Sonnenschein?«
    Auf einmal war Anna nervös. War das so offensichtlich, oder fischte Sandra nur zum Spaß im Trüben?
    »Sonnenschein? Das wäre wohl ein wenig naiv. Wir wissen ganz genau, in welche Richtung wir laufen, um deine blumigen Worte zu zitieren.«
    Sandra nahm es locker und stellte einen zweiten silbernen Kerzenleuchter auf den blauen Läufer, der sich der Länge nach auf dem Tisch ausbreitete.
    »Fragt sich nur, ob ihr in die gleiche Richtung lauft, oder?«
    Anna fühlte sich ertappt, verbarg es aber. »Da mach dir keine Sorgen, meine Liebe.«
    Zusammen hatten sie einen wahrhaft fürstlichen Tisch geschaffen, etwas improvisiert, dafür aber mit umso mehr verspielter Wärme. Doch anstatt stolz und zufrieden auf ihr Werk zu sehen, stand Anna verunsichert neben Sandra und fragte sich zum ersten Mal besorgt, was der Abend an Überraschungen für sie alle bereithielt. Eine seltsame Ahnung beschlich sie, ein unangenehmes Gefühl, das sich nicht mehr wegwischen lassen wollte. Es lag eine seltsame Spannung in der Luft, das wurde ihr schlagartig klar. Und Anna sollte mehr als recht behalten.
    »Das ist der beste Gin Tonic, den ich seit, ach was, den ich überhaupt je getrunken hab!«, lobte Lutz sichtlich angetan und ebenso angetrunken.
    »Lutz hatte früher einen Spitznamen: Gin Lutz. War mal sein Spezialgetränk«, erklärte Tina.
    »Auf diese Art serviert bekommt man ihn leider viel zu selten. Hat mir mal ein Fotograf gezeigt, der überall auf der Welt entweder Architektur-Juwelen oder halbnackte Frauen fotografiert. Am liebsten beides zusammen. Limetten über Eis und Minze, nur so bleibt der Drink frisch. Heute lebt er auf Ibiza und lässt sich seinen Lieblings-Gin extra einfliegen. Der Mann hat Klasse. Außerdem ist Minze gesund.«
    »Sicher, und Rotwein is gut gegen Herzinfarkt. Bier beruhigt den Magen und so weiter, wa?«, spottete Tina.
    Elli wollte den Aufschlag gerne annehmen, doch sie hörte einen Wagen vorfahren, und Tina war sofort unwichtig.
    »Ah, der schnieke Wunderheiler!«, trällerte es aus Berlin.
    »Ich bin froh, dass er heut Nachmittag so schnell gekommen is«, stellte Carlo klar.
    Elli war verunsichert, sollte sie ihn gleich als Erste willkommen heißen? Oder war es nicht besser, sich zunächst im Hintergrund zu halten? Ihn aus sicherer Distanz zu beobachten? Wer weiß, ob sie sich nicht den Tag über, in ihrer jugendlichen Schwärmerei, in ein Traumbild hinein gesponnen hatte?
    Mit einem kräftigen Schluck versuchte sie wieder Boden unter den Füßen zu gewinnen. Sie konnte hören, wie Anna und Sandra sich aufmachten, den Gast zu begrüßen. Auch Lutz war neugierig geworden und wanderte in die Halle, sein Glas fest in der Hand.
    »Elli, kannst du bitte kurz schauen, dass da nix anbrennt! Ich komm sofort wieder.« Carlo freute sich wohl am meisten darüber, dass der Doktor tatsächlich gekommen war. Verständlich, vom Typ her waren sich die beiden Männer gar nicht so unähnlich. Mein Gott, Elli, bleib ruhig! Sie spürte, wie ihre Knie erneut weich wurden. Sie hatte den Mann doch erst einmal kurz gesehen! Innerlich fing alles an zu kribbeln. Sie musste schnell was essen, um wieder ruhig zu werden. Wenn sie schon so nervös anfing, dann war der Abend verloren. Von wegen zappeln lassen!
    Vor ihr köchelte es in zwei großen Pfannen vor sich hin. Es roch phantastisch. Dahinter liefen zwei riesige Töpfe auf Hochtouren. Aus dem Ofen zog ein unbeschreibliches Aroma auf, und überall um sie

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