Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
herum standen Schalen und Tellerchen mit vorbereiteten Zutaten, die man nur noch im richtigen Moment beigeben musste. Lauter Indizien für Carlos unschlagbaren Perfektionismus beim Kochen. Sie drehte sich zum Tisch um, auf dem sich eine beeindruckende Palette an Vorspeisen Teller an Teller reihte. Das meiste davon selbst zubereitet und sicher mit einer außergewöhnlichen, persönlichen Note.
Heiko schien das Werk mit kindlichem Stolz zu bewachen, während Tina wortlos gleich mehrere Joints drehte. Die Berlinerin hatte die Ruhe weg.
Die Feigen im Speckmantel lachten Elli besonders an. Das war jetzt genau das Richtige, um die Fassung wiederzugewinnen. Sie schnappte sich eine und spülte sie mit einem kräftigen Schluck hinunter.
Aus der Halle war heiteres Lachen zu hören. Die Chemie schien zu stimmen. Der Doktor war sicher davon ausgegangen, dass sie alle Freunde waren. Was für ein wildes Panoptikum sie in seinen Augen wohl darstellen mussten?
»Ui! Gibst du mir bitte auch eine«, bat Tina, als sie Elli die Feigen picken sah. »Du siehst ja, ich hab alle Hände voll zu tun.«
»Na, na, na!«, protestierte Heiko todernst. »Nich schon alles wegfuttern.« Dann sah er schockiert zu Tina. »Sag mal, du drehst da doch nicht etwa Drogen, oder?«
»Tu mir einen Gefallen und halt die Klappe, ja!«, warf ihm Tina ziemlich unwirsch an den Kopf.
Dann kam die ganze Truppe in die Küche.
»Hier hab ich schon mal a paar kleine Sauereien vorbereitet.« Carlo sprach extra langsamer, damit ihn sein italienischer Gast auch verstand. Das klang zwar ungewohnt komisch bis niedlich, war aber nett und nur ein kleiner Teil des auffälligen Freudentanzes, den er um den Dottore machte. Der bekam flugs seinen Wein, und die anderen bat Carlo, die Antipasti-Teller bitte ins Esszimmer zu tragen.
Das Festmahl konnte beginnen.
Elli begrüßte zurückhaltend ihren Schwarm, der ihre Hand nahm und sie sogleich sanft auf beide Wangen küsste. Mistkerl! Darauf war sie nun wirklich nicht vorbereitet, dass er sie berührte, noch dazu mit seinen Lippen. Es war nur der Bruchteil einer Sekunde gewesen, aber es hatte gereicht, um aus dem Steinboden, auf dem sie stand, eine gefährlich dünne Eisscholle zu machen.
Dann sah er ihr eine Sekunde zu lang in die Augen. Machte er das bei allen so? Zum Glück hatte Elli sich schnell wieder im Griff. Wenn es darauf ankam, dann war sie eben doch stark. Auch wenn er mindestens doppelt so anziehend war wie schon am Mittag und wieder gefährlich dicht neben ihr stand, so gewann sie doch mit jeder Minute wieder an Statur. Der kochte doch auch nur mit Wasser.
Dann sagte er: »Ich habe schon lange keine so umwerfend gekleidete Frau mehr gesehen!«
Ihre rettende Eisscholle brach entzwei. Elli verschlug es kurz die Sprache. Sie verdammte seine weiche Stimme und das, was er ihr mir seinen Worten antat. Aber sie entgegnete ganz entspannt: »Vielen Dank!«, und schnappte sich zwei Platten. Auf dem Weg ins Esszimmer bot sich ihr die Gelegenheit, in aller Ruhe den Hintern des charmanten Italieners einem kurzen Casting zu unterziehen. Der lässige Herr Mediziner hatte fast das Gleiche an wie tagsüber. Nur das Hemd hatte er gewechselt. Nun trug er ein sehr feines, in zweierlei dunklen Brauntönen dünn gestreiftes Hemd aus teurer Baumwolle mit drei kleinen Knöpfen am Kragen. Italiener und ihre Hemden, das war eine ganz besonders innige Beziehung. Und so viel besser als deutsche Männer und ihre kindische Obsession mit kleinen technischen Spielzeugen.
Der Po konnte sich sehen lassen. Auch wenn der Mann einen legeren Anzug trug, wusste das gekonnte Auge den Faltenwurf und die Ausbeulungen zu deuten. Da mündeten zwei stramme Oberschenkel in zwei knackige Backen. Sehr vielversprechend. Elli bewunderte sich für ihre eigene Schamlosigkeit.
Es dauerte nicht lang und der lange Tisch im Esszimmer drohte unter dem fast unverschämten Angebot an Antipasti zusammenzubrechen. Bis auf Carlo hatte jeder einen Platz gefunden. Und wie es der Zufall wollte, saß der Dottore neben Elli.
Sie war immer noch angenehm überrascht, dass er Carlos Einladung angenommen hatte. Immerhin kannte er sie alle gar nicht. Als sie ihm das sagte, antwortete er, dass die schönsten Dinge eben die spontanen seien. Ob sie ihm zustimme?
»Sicher, Herr …«
»Elia, nennen sie mich bitte Elia, ja?«
»Okay, Elia. Da kann ich ihnen nur zustimmen. Aber so ganz allein unter so viel fremden Germanen?«
»Ich hätte meine Frau mitbringen können«,
Weitere Kostenlose Bücher