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Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Friedmann
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warteten nur noch wenige Teller auf den Abtransport in die Spülmaschine. Doch auch die waren hilflose rohe Eier in Heikos psychodelischen Händen, die es nur mit Mühe schafften, der Schwerkraft ein Schnippchen zu schlagen. Heiko tänzelte wie ein arbeitsloser Zirkusclown mit waghalsigem Glück durch die Zimmer und faselte irgendetwas von einem holländischen Tulpenzüchter mit blauen Wunderpillen.
    Derweil hatten sich draußen auf den untersten Stufen der Terrasse die zwei glucksenden Turteltauben niedergelassen. Turteln, das war genau das, was Carlos Schwester mit ihrem charmanten Mediziner hier im Garten der verträumten Villa machte. Auch wenn ihr erwachsenes Turteln ständig von beinah kindlichem Kichern unterbrochen wurde.
    Die Spuren des gnadenlos heißen Tages verharrten weiterhin wie ein träger, staubiger alter Wattebausch in der Luft. Doch von den Bergen her kämpften sich dunkle Wolkentürme langsam über die Gipfel, als wollten sie die bleischwere Saharaluft wieder in ihre Schranken weisen. Ob es ihnen gelingen würde, war schwer vorherzusehen. Konnte gut sein, dass das, was sich eben noch so mächtig aufblähte, bald wieder entmutigt in sich zusammenfiel.
    Genauso gut war es möglich, dass Ellis zarter Flirt sich gleich wieder in die Sommernacht verflüchtigte. Doch zu ihrer Überraschung legte Elia sich ins Zeug und sagte unbeholfen: »Elli und Elia, wir haben die gleichen Namen. Wenn das kein Zeichen ist.«
    »Fast die gleichen Namen. Und ja, ich glaube, es ist reiner Zufall.« Zu leicht sollte er es nicht haben. Als Nächstes fragte er sie womöglich nach ihrem Sternzeichen.
    »Liebe, schöne Elli, da wäre ich mir nicht so sicher. Ich kenne mein Leben, es ist eine einzige Vorbestimmung.«
    Vorbestimmung, fragte sie sich. Was ging in dem attraktiven Italiener vor? War er etwa schon einige, entscheidende Schritte weiter als sie?
    »Was ist dein Sternzeichen, schöne Münchnerin?«
    Elli lachte herzhaft. Das war alles nicht wahr. Wenn ihr Carlo gestern Morgen gesagt hätte, dass sie an diesem Abend stoned mit einem attraktiven Arzt über Sternzeichen flirten würde, sie hätte ihn auf der Stelle entmündigt.
    So charmant sie die Frage jetzt doch fand, vor allem die Absicht dahinter, sie würde darauf nicht antworten. »Widder«, sagte sie. Ihr Herz war schneller als ihr Verstand und umgekehrt.
    »Ha!« Elia sprang auf wie von einer Wespe gestochen, vollführte eine Pirouette und setzte sich wieder.
    »Ich bin Schütze! You are my perfect match! Wir sind quasi füreinander geschaffen«, jubelte er.
    Hatte da eben der Mann, den sie, wenn es hochkam, vielleicht drei Stunden kannte, von »wir« gesprochen, vom »perfect match«? Er wurde ihr unheimlich. »Wir? Das geht aber schnell!«
    »Sicher! Mit der Tür ins Haus fallen, das ist meine Spezialität. So bin ich. Italiener schwärmen eben gerne. Und wir verlieren keine Zeit. Außerdem, meine Liebe, und das ist als Kompliment gemeint, wir beide sind auch keine zwanzig mehr. Um den heißen Brei tanzen, das sollen die anderen. Ein Mann in meinem Alter, der weiß ziemlich genau, was er will.«
    »Ziemlich?«
    »Ganz genau.«
    »Elia, Sie, du, du kennst mich gar nicht?«
    »Dann werd ich dich jetzt kennenlernen!«
    Zart streichelte er ihre Schläfe und sah ihr dabei in die Augen. Das gab ihr Zeit, sein Gesicht genauer zu betrachten. Es war gezeichnet von Müdigkeit und Ernüchterungen, davon erzählte seine faltige Stirn, die sich wie ein Vorhang auch über seine Augen legen wollte, aber die buschigen, grauen Augenbrauen stemmten sich dem wie Borstenpinsel tapfer und mit einer spitzbübischen Hoffnung entgegen. Auch die Falten in seinen Augenwinkeln verrieten ihr, dass Elia lieber lachte als trauerte. Er hatte eine seltene und angenehme Mischung aus Tiefe und Leichtigkeit.
    Für einen Kuss war es nun wirklich zu früh, aber er lag in der trockenen Luft, die allem den letzten Tropfen Wasser entzog und somit auch sie beide ganz wirr machte.
    Bis in die letzte Kammer ihres verschlossenen Herzens schlich sich Elias Wärme und riss alle mühsam aufgerichteten Dämme und Barrieren ein. Plötzlich war er ihr ganz nah. Er roch an ihr, ohne sich um ihre Erlaubnis zu scheren, an ihrem Hals und an ihrem Nacken. Elli wurde von einer nebeligen Wolke aus Sandelholz eingehüllt und drohte sich darin zu verlieren. Ganz kurz. Für immer. Sie wollte nicht erwachen.
    Den ganzen Weg bis in die Küche hatte Heiko den großen, reichverzierten Porzellanteller balanciert, wie auf

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