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Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Friedmann
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und sagte unverschämt keck im Weggehen: »Und nich vergessen wa, Liebe geht durch den Magen.«
    Carlo sah ihr verwundert hinterher. Wie sollte er denn das nun wieder verstehen?

8. Kapitel
    Die Nacht flirrte sommerlich, und all die Vögel, die tagsüber vor der grellen Hitze geflohen waren, verwandelten das dunkle Firmament in einen wilden Konzertsaal. Nur die Fledermäuse flatterten hin und wieder geräuschlos über Elli und Elia hinweg.
    Zusätzlich gab Paolo Conte hinter ihnen ein Wunschkonzert, wie es das Leben leider viel zu selten war. Heute Abend allerdings konnte sich Elli nicht beschweren. In den letzten Stunden gab sich der große Drehbuchschreiber ihres Lebens ausnahmsweise mal so richtig Mühe. Er wollte sich mit ihr versöhnen, indem er ihr diesen bezaubernden Elia schenkte. Hätte sie sich selbst einen Traummann entwerfen dürfen, sie wäre nicht auf so viele schöne und interessante Details gekommen. Elia war nicht nur solo, er war dazu auch nicht geschieden, kein Ex-Häftling oder latent schwul. Er war einfach nur lange Jahre im Ausland unterwegs gewesen, als Arzt ohne Grenzen, und hatte deswegen nie richtig sesshaft werden können. Dass er sich von so manch bezaubernder Frau die einsamen Stunden hatte versüßen lassen, das stand außer Frage. Aber er hatte niemanden, keinen Schatten, der sein Leben terrorisierte. Keine verhaltensgestörte Tochter wie Martin, die ihren Vater ständig mit schlecht gespielten Depressionen, dem bald bevorstehenden Drogentod oder ihrem privaten Staatsbankrott um ihre schrill lackierten Finger wickelte. All die Jahre hatte dieses Biest auch in Ellis Leben reingefunkt, hatte, nachdem sie kein Blut saugen konnte, umso mehr Gift und Galle gespuckt und verbrannte Erde hinterlassen.
    Elia kam anscheinend fast ohne Gepäck aus der Vergangenheit, nur mit einem leichten Koffer unterm Arm, fertig für eine neue Reise. Diesmal aber war ein richtiges Zuhause sein Ziel, denn, so fand er, es war Zeit geworden für ihn, anzukommen. Seit einem Jahr sei er wieder in Italien. Er habe auf der ganzen Welt genug Menschen geheilt, nun seien zur Abwechslung die Italiener dran. Auch wenn er bezweifle, dass die therapierbar, geschweige denn noch heilbar waren, scherzte er. Das Italien seiner Jugend und seiner Studienzeit, das gab es meiner Meinung nach nicht mehr. Die Kultur, die Klasse, die lässige und gewitzte Lebensart, die sein Land in aller Welt so berühmt gemacht habe, all das sei einer grotesken Maskerade gewichen. Innerlich wie äußerlich sei das zwischenmenschliche Feingefühl verlorengegangen, die Wärme, die Liebe zum Detail und zum Charakter, dem Wesen der Dinge. Es zähle nur noch das Geld und die große Show. Wer zum Beispiel heute die Grandezza einer Sophia Loren suche, der Traumfrau jedes Mannes in seiner Jugend, der sei verloren. Stattdessen stellten sich einem überall Frauen in den Weg, die einem zuerst ans Geld und dann an die Gurgel wollten. Sein ganzes Land sei dabei, sich zu verkaufen und zu verraten.
    Er war sehr offen. Wie sie beide überhaupt sehr offen miteinander waren. Es hätte auch gar keinen Sinn gehabt, sich etwas vorzumachen. Sie waren sich schon viel zu nah. Bereits nach wenigen Sätzen waren sie sich vertraut, wie es sich andere erst nach Jahren, und manche nie, waren. Elli konnte sich nicht erinnern, dieses Gefühl jemals gehabt zu haben, nicht in dieser Klarheit. Die plötzliche, starke Anziehung, die sie beide in ihren Bann gezogen hatte, war genau das, was die Menschen seit Jahrhunderten versuchten in Worte zu fassen und es doch nie würden erklären können. Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und küsste ihn auf seine vollen Lippen, lange und intensiv. Unter ihren Fingern an seinem Hals fühlte sie, wie sich sein Puls beschleunigte. Am liebsten hätte sie auch seinen Herzschlag ertastet und den Pulsschlag seiner Männlichkeit. Sie wollte sich ganz gehenlassen, ohne Rücksicht, ohne Angst, sich einfach nur hingeben und erobert werden, von dem Mann, der ihr so fremd und so vertraut war.
    Gleichzeitig fürchtete sie, dass irgendwo ein bösartiger Hinterhalt auf sie wartete. Doch ihr Pessimismus konnte sie mal kreuzweise. Vielleicht war sie ja dieses Mal schneller. Elia zumindest gab ihr die sichere Gewissheit, genau das Richtige zu machen.
    Sie wollten beide gar nicht mehr aufhören, sich zu küssen, doch von drinnen rief Tina schrill zum nächsten Gang.
    Elli hoffte, dass keiner das knutschende Pärchen gesehen hatte, als sie wieder zur Terrassentür

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