Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
seinem Ziel wirklich näher gekommen war, konnte Heiko nicht einschätzen, aber er genoss seinen kleinen Sieg über den Schwätzer.
Die secondi piatti waren schneller fertig als erwartet. Wieder standen zwei Gerichte zur Auswahl. Pasta alla menta con frutti di mare, eine Spezialität aus Apulien. Und für alle, die es lieber etwas weniger fischiger hatten, aus der Toskana Coniglio alla etrusca, zu Deutsch Kaninchen mit Oliven und Pinienkernen.
Das fulminante Essen brachte sie alle wieder an einen Tisch und wob ein unsichtbares Band um die bunte Truppe.
Von den anderen noch unbemerkt, sendete Elia unentwegt zarte Liebkosungen an Elli. Ob er beiläufig ihre Hand streifte, wenn er sie um etwas Brot bat, oder ihr Knie streichelte, wenn ihm ganz aus Versehen seine Serviette zu Boden fiel. Sein Spiel steigerte bei beiden das Verlangen nacheinander noch mehr, wie bei einem heimlichen Pärchen am Tisch der Eltern.
Nur mit dem Wein hielt sich Elia auffällig zurück. Das wunderte Elli. Fast kam es ihr so vor, als hätte er als Einziger so gut wie keinen Schluck getrunken. Das passte gar nicht zu ihm. Die Erklärung war eine simple Wendung, mit der sie nicht gerechnet hatte und die ihrem schönen ersten Abend ein abruptes Ende bereiten sollte. Kaum hatte ihr Date begonnen, da war es auch schon wieder beendet. Aus der Zauber. Sein Handy vibrierte. Er stand auf, ging in die Halle und sprach in ernstem Italienisch.
»Wahrscheinlich seine Frau«, sagte Heiko und genehmigte sich noch eine Portion von der Meerespasta mit Minze.
In diesem Moment hätte Elli dem impertinenten Wichtigmacher gerne eine Ohrfeige verpasst. Vielleicht tat ihm genau das mal ganz gut?
Heiko schien zu ahnen, was Elli gerade durch den Kopf ging, und versteckte sich vorsichtshalber hinter einer Gabel mit Pasta und einem Glas Wein.
Als Elia wiederkam, sah er besorgt aus. Seine Stirn legte sich in tiefe Falten, aber genau das machte ihn nur noch unwiderstehlicher. »Scusa ragazzi, es tut mir wahnsinnig leid, aber ich muss dringend weg. Probleme bei einer Geburt. Frühgeburt.« Er sah entschuldigend zu Elli, selbst ebenso traurig, und zuckte mit den Schultern.
Elli und er hatten gerade noch Zeit, sich vor seinem Auto zu verabschieden. Sie gaben sich einen Kuss, den Elli nie wieder vergessen wollte, und vertrösteten sich auf den morgigen Tag. Der würde ganz allein ihnen gehören. Diese bezaubernde Aussicht versöhnte Elli wieder ein wenig mit der Welt.
Zurück bei den anderen, fand sie den Tisch nach wie vor in bester Laune. Carlo war noch dabei, sich ein, zwei Gabeln seines wunderbaren Essens genüsslich einzuverleiben, während Heiko weiterhin in doppelter Geschwindigkeit die dreifache Menge eines normalen erwachsenen Mannes verschlang. Die Frauen ihrerseits waren mit dem Essen längst fertig. Anna sah tröstend zu Elli und schien instinktiv zu fühlen, was mit Elli und Dr. Scalfa passiert war.
Tina und Sandra hingegen hatten ein anderes Thema gefunden. Es ging um Intimrasur. Und da gab es einiges zu besprechen, von der Kunstfertigkeit afrikanischer Völker bis hin zum neusten Trend aus Hollywood. Natürlich war Heiko ganz Ohr. Kurzhaar Kreuzberg war unter Garantie blitzblank, blank wie zum Glück auch sein Mausilein. Da war sich Heiko sicher.
Die beiden Damen waren sich einig, eine Kosmetikerin des Vertrauens zu finden, die ihren Job mit dem nötigen Sachverstand erledigte, darin bestand die eigentliche Herausforderung. Tina vertraute seit Jahren nur einer Freundin, die viel Talent und Einfühlungsvermögen bewies.
»Det is schon fast ne Massage«, sagte sie vieldeutig.
»Ich sag dir, wenn ich so eine in Leipzig hätte, puh, was wär ich dankbar«, bedauerte Sandra.
»Dann kommste einfach nach Balin und besuchst mir. Und die Alex macht ne Doppelsession«, schlug Tina kurzerhand vor.
Die beiden Frauen kicherten, und Anna konnte nicht glauben, dass die beiden eben einen Termin für eine gemeinsame Intimhaarbehandlung ausgemacht hatten, beim Abendessen, hier in Italien. Die hatten Nerven. Was für ein Urlaub! »Soll ich auch kommen?«, fragte sie.
Heiko hätte sich beinahe verschluckt.
»Klar, wenn du in Balin bist.« An Tina sollte es nicht liegen. »Alex is für alle da.«
Elli füllte sich ihr Rotweinglas und nahm auf der Armlehne einer der Sessel Platz, die in der anderen Ecke des Zimmers locker um einen flachen Tisch gruppiert waren. Sie wollte sich an keinem Gespräch beteiligen, sie lauschte lieber. »Stört es jemand, wenn ich hier
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