Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Friedmann
Vom Netzwerk:
Saalfeld war zutiefst angewidert.
    Heiko startete einen zweiten Versuch, seine verklebten Augenlider zu öffnen, denn dieser Käfer hatte erschreckend riesige Füße, noch dazu aus Schweinsleder. Was war das für ein monströser Mutant? Plötzlich dämmerte ihm, dass ein edler Stiefel sich in seine Nase zu bohren drohte. Er wollte sich bewegen, aber er blieb kleben wie ein platt gefahrener Frosch. Ein letztes Mal nahm Heiko all seine Kraft zusammen, und unter größter Anstrengung gelang es ihm, seinen Kopf so zur Seite zu drehen, dass er an dem Stiefel entlang einem unendlich langen Bein folgend seinen Blick zentimeterweise nach oben wandern lassen konnte. Ein Gulliver mit Hut fokussierte ihn mit seinen forschen Brillengläsern. Heiko erschrak bis ins Mark. Wenigstens gab dies seinem Bewusstsein einen ordentlichen Schub, so dass aus den wabernden Vokalen, die sich in sein Gehör schlängelten, sich langsam Worte und bald sogar ein ganzer Satz formten.
    »Aufstehen! Sofort! Was machen Sie hier?«, schimpfte der schweinslederne Gulliver-Käfer.
    Heiko suchte die stabile Seitenlage, aber fand sie nicht.
    »Ich habe Sie etwas gefragt!«
    Der Insektenmutant könne Heiko mal kreuzweise, wollte er ihm sagen, konnte er aber nicht.
    »Ich verlange sofortige Aufklärung! Sonst rufe ich die Polizei!«, schrie Saalfeld nun, und es klang so, als sei man auf einem deutschen Kasernenhof gelandet, nicht in einer italienischen Villa. Dabei stampfte er mit seinem Reiterstiefel laut auf das Parkett.
    So laut, dass Heikos Kopf, der sich in nächster Nähe befand, in tausend Einzelteile zersplitterte. Ihm war speiübel. Sein Kopf war zerborsten, auch der Rest seines Körpers war unauffindbar.
    Der Lärm riss auch die anderen aus ihrem Koma. Als Erste setzte sich Elli aufrecht hin und begutachtete den Neuankömmling, langsam, so gut es ihre nebligen Augen zuließen. Er war groß gewachsen, schlank, trug eine leichte Tweedkombi, Brille und eine Art Baskenmütze. Der passte besser auf eine schottische Jagd als hierher. Allerdings schien auch das Wetter eher schottisch.
    Oh Gott! Plötzlich wurde ihr klar, wo sie war und was vergangene Nacht alles passiert war.
    Unweit von ihr lag Anna. Nackt! Nur mit einer kleinen Wolldecke bekleidet. Elli sah, wie Anna erschrocken die Augen aufriss und zusammenzuckte. Wie ein geschlagenes Kind robbte sie hinter einen Sessel, um dort in Deckung zu gehen. In einer anderen Ecke versuchte sich Lutz einen Überblick zu verschaffen. Seine Unterhose hatte er zum Glück schon gefunden. Da die anderen noch im Halbschlaf waren, reagierte keiner so wirklich auf den Störenfried.
    Splitternackt löffelte Sandra mit Carlo, der sie, das konnten leider alle sehen, wie seinen Schatz in den Armen hielt. Unschuldig schlummerten sie weiter friedlich in ihrem vermeintlichen Paradies. Immerhin war Tina schon wieder unter den Lebenden, wobei lebend für sie alle eine mutige Übertreibung war.
    Wieder polterte der bestiefelte alte Mann im Offizierston: »Ich gebe Ihnen fünf Minuten, dann erwarte ich Sie auf der Terrasse. Angezogen!« Er ging voraus.
    Keiner von ihnen wagte es, den anderen anzusehen. Schlechtes Gewissen, Angst und verletzter Stolz zogen ihre Köpfe schwer zu Boden. Elli hatte sich eigentlich nichts vorzuwerfen, aber sie fühlte mit.
    Tina war schon wieder komplett bekleidet, was insofern leicht war, da sie schon gestern Abend nicht viel anhatte. Sie hielt ihren Fuß vor Carlos Nase und kitzelte seinen Nasenflügel mit ihrem rechten kleinen Zeh. Davon wurde Carlo schließlich doch wach. Erst grummelte er noch, dann stand Panik in seinen Augen geschrieben. Vorsichtig zog er seinen Arm unter der schlummernden Sandra heraus. Er hielt sich ein Kissen vor den Schritt und hielt Ausschau nach seiner Hose. Währenddessen weckte Tina Sandra.
    »Aufstehen, Kleines! Die Party is vorbei. Zeit für den Kater und die bitteren Pillen«, flüsterte sie ihr ins Ohr.
    Kurz darauf trat Lutz als Erster zu dem unfreundlichen alten Mann auf die Terrasse.
    »Sieh an, ein neuer Gast!« Lutz schien sich wieder gesammelt zu haben.
    »Was reden Sie da? Gast? Das ist mein Haus«, stellte Saalfeld klar. »Sie erklären mir jetzt, wie und warum Sie in meine Villa eingedrungen sind, dann verschwinden Sie alle. Ich werde Sie wissen lassen, wie ich Sie belange.«
    »Das ist ja mal interessant.« Auch wenn Lutz sich wie ein abgewrackter Frachter fühlte, diese Neuigkeit rüttelte ihn ordentlich wach. Vor ihm plusterte sich also ganz ungeniert

Weitere Kostenlose Bücher