Flaschendrehen furioso: Roman (German Edition)
der Mann auf, der sie alle so frech reingelegt hatte.
»Ihre Chuzpe muss man ja schon fast bewundern«, sagte Lutz.
»Meine Chuzpe? Sind Sie noch angetrunken? Natürlich! Von Ihrem Saufgelage in meinem Haus! Mein Gott, Sie stinken ja!«
»Auf die Tour brauchst du mir nicht zu kommen, Opachen!«, sagte Lutz patzig.
»Passen Sie gut auf, was Sie sagen, junger Freund. Sonst werden Sie es noch bitter bereuen!«
Das war ja nicht zu fassen, dachte Lutz. Diese lächerliche Offiziershaltung, auf ihn machte das wenig Eindruck. Im Gegenteil, er hasste ihn, diesen reaktionären Ton. »Was werde ich bereuen? Dass Sie mich betrogen haben?«
»Also hören Sie mal! Ich kenne Sie gar nicht! Was reden Sie da für einen Unsinn?«
Nun kam Elli dazu und stellte sich vor.
»Entschuldigen Sie. Elli Mangold, grüß Gott!«, sagte sie freundlich.
Die Anwesenheit einer Frau nahm etwas Spannung aus der Luft.
»Ja, ja, guten Tag.« Er musterte sie. »Können Sie mir endlich erklären, was Sie hier machen, auf meinem Anwesen? Warum sind Sie eingebrochen?«
Elli blieb ruhig. »Mit wem?«
Mit ihrer besonnenen Art nahm sie dem Mann etwas den Wind aus den Segeln. Er erinnerte sich an seine Manieren.
»Saalfeld, mein Name, verzeihen Sie. Dennoch, ich würde gerne endlich wissen, was hier vor sich geht?«
»Ganz einfach, wir versuchen hier Urlaub zu machen, Herr Saalfeld«, sagte Carlo, der zu ihnen auf die Terrasse getreten war.
Der Hausherr stieß ein bitteres Lachen aus. »Soso! Urlaub! Das können Sie ja gerne. Aber nicht in meiner Villa! Oder ist hier plötzlich der Kommunismus ausgebrochen?«
Da erinnerte sich Lutz mit einem Mal wieder an das Schwarzgeld unter den Holzdielen. Ganz offensichtlich stand in diesem Moment der Besitzer, der Betrüger besser gesagt, vor ihm. Lutz war elektrisiert. So sah also ein Steuerhinterzieher aus. Nur zu gerne hätte Lutz dem Schmarotzer einen Vortrag gehalten, der sich gewaschen hätte.
»Am Telefon klang Ihre Stimme jünger«, wunderte sich Carlo.
»Wie bitte?« Saalfeld wurde die Sache langsam zu bunt.
»Als ich das Haus gemietet habe, vor zwei Monaten«, sagte Carlo ruhig, aber vorwurfsvoll.
Saalfeld fegte mit der Hand durch die Luft, als wollte er alle einfach wegwischen. »Von mir hat niemand ein Haus gemietet.«
»Dann hab ich auch niemandem die Miete überwiesen, was?« Lutz schaltete auf Offensive um. »Und Carlo und Heiko auch nicht, ja?« Er deutete auf den sichtlich erschöpften Carlo, der letzte Nacht von seiner Freundin verführt worden war, was Lutz jetzt wieder einfiel. Plötzlich war alle Luft aus seinem Vorwurf entwichen, und Lutz starrte blind in die Ferne, ins Nirgendwo. Auch Carlo fiel die Nacht wieder ein, er lief hochrot an und schaute reumütig zu Lutz.
Saalfeld spürte die Anspannung und wurde das erste Mal eine Spur versöhnlicher im Ton. »Hier scheint es sich wohl um ein Missverständnis zu handeln …«
»Nein, ist eigentlich alles ganz klar«, unterbrach ihn Lutz. Er sah Carlo an und ging wieder ins Haus. Saalfeld interessierte ihn nicht mehr.
Carlo folgte ihm mit seinem Blick und fragte sich, ob Lutz dem Mann das Geld jetzt vor die Füße knallen würde? Oder ob er Tina eine Szene machen würde. Beides schien naheliegend.
»Sie sind doch Philip Saalfeld aus Hamburg?«, fragte Carlo, blutleer, mit trockenem Mund.
Der Himmel trug einen dichten, grauen Mantel, wie er eher der Norddeutschen Tiefebene gestanden hätte. Und aus den Bergen kündigten dunkle Wolken schweren Regen an. Die Natur schien sich bereits darauf einzustellen, denn die Schwalben flatterten tief und aufgeregt umher. Vom sanften Italien verlor sich zusehends jede Spur, als hätte jemand alle Milde in der letzten Nacht weggefegt. Der abrupte Wetterumschwung machte Mensch und Natur schon jetzt zu schaffen.
Der Tag hatte erst begonnen, aber sie waren alle erschlagen. Die Partylöwen von der extremen Nacht und der Neuankömmling, der weit unten aus der Lunge heraus hustete, von der langen Anreise.
»Sie haben von Philip, Philip Saalfeld, dieses Haus gemietet?« Saalfeld war ruhiger geworden. »Und ihn dafür bezahlt?« Jetzt schien er sogar frustriert und erschöpft.
Carlo nickte, war aber in Gedanken ganz woanders. Er wollte weg, aber er wusste nicht, wohin. Er war heute in einer neuen Welt aufgewacht, in einer Welt, in der es womöglich keine Anna mehr gab. Sie hatten beide etwas getan, was nicht mehr rückgängig zu machen war.
»Philip, das ist mein Neffe aus Hamburg. Ich bin Frieder
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