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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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zurückgewiesen – und das bei einem eigentlich harmlosen Kuss. Wenn ich unter üblem Mundgeruch litt, es selbst noch nicht gemerkt hatte, es aber unter allen anderen ein offenes Geheimnis war, à la »Gretchen stinkt immer aus dem Mund«, dann sollte mir das besser jetzt jemand stecken. Nicht, dass ich jahrelang ahnungslos wie Fabian Hinz aus dem Fotoarchiv herumlief, der selbst im Winter extrem starken Schweißgeruch absonderte und allmählich sein soziales Umfeld verlor. Dabei hätte ich nur mal mit Odol gurgeln müssen.
    Clemens blickte sich im Flur um, ob ihn jemand sah, öffnete die Wohnungstür und ging vor ins dunkle Treppenhaus – ich unauffällig hinterher.
    »Hier oben bin ich«, flüsterte er. Kluger Junge, er war einen Absatz nach oben gegangen und saß auf dem Treppenabsatz.
    Clemens fasste nach meiner Hand, zog mich zu sich und küsste mich so leidenschaftlich, dass sich meine Sorge, was den Mundgeruch anbetraf, sofort zerschlug.
    »So, das wollte ich schon den ganzen Abend machen. Was für ein Irrenhaus! Es wird Zeit, dass wir nach Venedig abhauen und endlich mal für uns sind.«
    Ich war ihm dankbar, dass er den Vorfall von gerade nicht ansprach. Venedig! Unentwegt dachte ich daran und zählte schon die Tage. Nur noch vier Tage, dann stand dolce vita und amore auf dem Plan und keine labilen und gemeinen neurotischen Großstädter mit Hang zu pubertären Gesellschaftsspielen.
    Leider konnten wir nicht zu lange verschwunden bleiben, um nicht aufzufallen. Auf der Party suchten schon alle nach mir. Rudi machte sich Sorgen, ob mich die Sache mit Ben eventuell verletzt habe. Sarah wollte entweder nach Hause oder gleich anfangen zu putzen. In der Küche sah ich Liv und Diane in ein Gespräch verwickelt, wobei Liv diejenige war, die wütend auf sie einsprach und ihre Haare zur Betonung aufgeregt schüttelte. Diane stand mit verschränkten Armen und einem kühlen, abschätzenden Blick da und ließ gelangweilt an sich abprallen, was Liv ihr zu sagen hatte. Es sah doch nicht nach dem Beginn einer wunderbaren Freundschaft aus, dabei hatte der Abend so viel versprechend begonnen.
    Ben, Auslöser der Hysterie, stand ungerührt im Wohnzimmer mit Michi und diskutierte über Michel Houellebecq. Eigentlich hatte ich versucht, unbemerkt vorbeizukommen, aber Michi hatte mich entdeckt und dazugerufen. Ben benahm sich mir gegenüber völlig entspannt, als ob nichts vorgefallen sei, und fragte mich, wie ich Die Möglichkeiten einer Insel von Houellebecq fand. Ich ließ ein paar Sätze vom Stapel, dass ich Houellebecq im Grunde für einen Romantiker hielt und mich ein paar derbe Sätze nicht so leicht darüber hinwegtäuschen konnten. Ben vertrat die Meinung, dass wir uns laut Houellebecq von allem, was uns Vergnügen bereitet und damit in Abhängigkeit bringt, losmachen sollen, um endlich frei zu sein, und dass es für unsere Generation kein Altern in Würde mehr geben würde. Michi, ganz in ihrem Element und leidenschaftliche Houellebecq-Hasserin, meinte, Houellebecq sei einfach ein hässlicher Gnom, dessen Problem sei, dass er nie eine Frau abbekommen habe, und der jetzt seine Komplexe in lauter Selbstmitleid getunkt als philosophische Betrachtungen an andere zu kurz gekommene Männer verkaufe. Provokation sei das Einzige, was ihm einfiele, dabei würde heute nicht einmal mehr die Landbevölkerung durch Wörter wie »Schwanz« oder »ficken« geschockt sein, die mussten nämlich durch eine härtere Schule, wenn man sich so ansah, was viele Provinztheater aus falsch verstandenem Kunstanspruch aufführten, die mindestens zwei Nackte pro Stück über die Bühne schickten, Scheiße schreiend selbstredend, auch wenn es Macbeth war und Shakespeare diese freie Interpretation bestimmt nicht vorgesehen hatte.
    »Also ich mag Houellebecq. Man kann sagen, was man will, ich lese seine Bücher immer in einem Rutsch, er kann unterhalten, und zum Nachdenken hat er mich angeregt, auch wenn ich bei weitem seine Lebensauffassung nicht teilen kann, die ist mir einfach nicht menschlich genug und zu kalt«, ließ ich mein abschließendes Resultat verlauten und verdrückte mich, bevor ich in weitere literarische Grundsatzdiskussionen einbezogen wurde.
    Die Party neigte sich dem Ende, es war auch schon kurz nach drei. Clemens machte sich auf den Weg und nahm Sarah, die zum Glück wieder frischer aussah, im Taxi mit in Richtung Westen, sie wohnten ja nicht so weit voneinander entfernt.
    Ich umarmte beide zum Abschied.
    Sarah versprach gegen

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