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Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Flaschendrehen: Roman (German Edition)

Titel: Flaschendrehen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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Marion herein, ich hatte sie noch nicht gesehen und wollte ihr gerade ein schönes neues Jahr wünschen, da legte sie aufgebracht los.
    »Wisst ihr, was mit Rittmeister Diane los ist? Die spinnt ja jetzt komplett! Ich bat sie gerade, übrig gebliebene Reisekosten vom Dezember zu machen, weil sonst die Buchhaltung Stunk macht, und ratet mal, was sie mir antwortet: ›Mach’s doch selbst, wenn das so wichtig ist!‹ Dann ist sie abgerauscht, und ich höre sie die ganze Zeit toben und Türen knallen.«
    Diane im Normalzustand war schwierig, Diane mit schlechter Laune nicht zu ertragen. Wenn es jemanden geben würde, der einen guten Draht zu ihr hatte, um zu fragen, was los war, aber dieser jemand war Clemens, und der saß irgendwo in den Alpen, gewann Trinkwasser aus Schnee und war nicht erreichbar. Ich stand auf und legte Marion beruhigend den Arm auf die Schulter.
    »Reg dich nicht auf, und bezieh es ja nicht auf dich. Sie tobt bei allen, irgendwas ist passiert. Das ist nicht mal für Diane normal. Wir behalten sie im Auge!« Ich schickte Marion mit einem aufmunternden Nicken wieder an ihren Platz.
    Ich nahm mir vor, Diane anzusprechen, überlegte es mir aber sofort wieder anders, als Michi vom Klo zurückkam und meinte, Diane schluchzen gehört zu haben, worauf sie ihr angeboten hatte, mit ihr zu sprechen. Als Antwort hatte Diane einen Schuh nach Michi geworfen, unter der Toilette hervor.
    Langsam machte ich mir ernsthaft Sorgen, wer Diane zur Vernunft bringen konnte, denn abgesehen von ihrer seelischen Verfassung stand das Sonderheft auf der Kippe, wenn Diane ausfiel oder sich weigerte, weiter zu arbeiten. Ich hinterließ Clemens eine Nachricht auf der Mailbox mit der dringenden Bitte, sich wegen Diane zu melden. Vielleicht fuhren er und die anderen Seminarteilnehmer ja doch mal ins Tal zum Einkaufen, wenn sie keinen Hasen erlegt hatten, und er konnte die Mailbox abhören. Feline im Urlaub anzurufen war übertrieben, zumindest noch.
    Michi und ich überlegten, wer im schlimmsten Fall für Diane einspringen konnte, außer einem festen Freien fiel uns auf die Schnelle keiner ein, und der war auf den Malediven bis Ende Januar.
    Hastig redigierte ich einen meiner drei Artikel und schickte ihn per Mail sofort an Diane, die die E-Mail nicht öffnete. Ich rief durch, um Bescheid zu geben, dass sie loslegen konnte, aber sie ging nicht ans Telefon. Na super, wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muss der Prophet eben zum Berg gehen … Ich stand widerwillig auf, um mich auf den Weg in die Höhle der Löwin zu machen.
    Für alle Fälle druckte ich den Artikel noch aus und ging den Gang entlang zu Dianes Büro. Sie hatte als Einzige ein Einzelbüro, weil sie das bei ihrer Einstellung gleich mitverhandelt hatte. Bestimmt war der eigentliche Grund, dass sie aus Erfahrung wusste, dass niemand anderes ein Büro mit ihr teilen wollte.
    Gerade hob ich die Hand, um an ihrer Tür zu klopfen, da hörte ich, dass sie telefonierte. Ich beschloss, kurz zu warten, so lange konnte das Gespräch ja nicht dauern, und die Zeit zu nutzen, um meinen Artikel gegenzulesen. Während ich versuchte, mich zu konzentrieren, drangen einige Wortfetzen durch die Tür zu mir. Erst wollte ich sie ignorieren, aber Dianes Stimme wurde immer lauter und war nicht mehr zu überhören. Ich überlegte schon, mir die Ohren zuzuhalten, und versuchte krampfhaft, konzentriert weiter zu lesen, doch plötzlich verstand ich einige Sätze, die ich nicht glauben konnte. Sofort hörte ich auf zu lesen, war hellwach und lauschte aufmerksam. Durch die Tür konnte ich laut und deutlich hören, wie Diane die einzelnen Themen des geplanten Sonderheftes durchging, und nicht mit jemandem aus der Redaktion, denn sie sprach die ganze Zeit von »wir« und »euch«.
    Mir kam eine Vermutung, die ich erst gar nicht zu Ende denken wollte, so schlecht wurde mir dabei.
    »Die Literaturseiten werden von den wenigen nicht melancholischen deutschen Schriftstellern handeln und der Frage, ob wir für Frohsinn nicht gemacht sind. Dazu machen wir eine Topliste der fröhlichsten Bücher aller Zeiten«, fuhr sie detailliert fort.
    Ihr Gegenüber schien sie etwas zu fragen, denn sie sagte einige Zeit lang nichts mehr, dann antwortete sie mit fester Stimme, sodass ich es deutlich hören konnte.
    »Ja, sobald ich das im Mail habe, schicke ich es dir von meinem Privataccount, Ilona.«
    Geschockt suchte ich das Weite und konnte immer noch nicht fassen, was ich gerade gehört hatte. Diane verriet

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