Flaschendrehen: Roman (German Edition)
schon einiges erlebt, aber eine solch abgebrühte und eiskalte Frau war mir noch nicht untergekommen, höchstens in Filmen, und da hatte ich solche Figuren stets als überzeichnet und unrealistisch kritisiert!
Trotz ihrer eisigen Miene und der abgeklärten Sätze sagte mir mein Instinkt, dass irgendwas nicht zusammenpasste. Die roten Augen, die wirklich aussahen, als ob sie stundenlang geweint hätte, und ihr regungsloses Statement passten nicht zusammen. Mein Name war nicht umsonst Gretchen, ich sah es immer als erforderlich und gegeben, der Wahrheit auf den Grund zu gehen, besonders in diesem Fall, der uns alle betraf.
Was mich wirklich interessierte, war Dianes Motiv.
»Warum hast du das denn überhaupt gemacht? Bekommst du Geld dafür?«, versuchte ich eine Erklärung aus ihr herauszulocken.
Schnippisch fuhr sie mich an.
»Süß, aber für Geld werde ich in meinem Leben nie etwas tun müssen. So gut müsstest selbst du mich inzwischen kennen.«
Ratlos zuckte ich mit den Schultern.
»Aber ich versteh nicht, warum du das getan hast. Ich dachte, du hast wenigstens einen Funken Loyalität, wenn schon nicht Feline oder uns, dann wenigstens Clemens gegenüber. Dir ist doch klar, dass das Konsequenzen hat. Wir werden Clemens alles sagen müssen, das bedeutet deinen Rausschmiss!«
Anstatt peinlich berührt zu sein oder Angst zu haben, lachte Diane nur höhnisch auf und feuerte zurück.
»Clemens! Macht das ruhig. Clemens’ Reaktion will ich sehen. Was meint ihr denn, warum ich das getan habe? Doch nur wegen Clemens, ihr Naivchen! Und was dich angeht, Gretchen, du kannst aufhören, so scheinheilig zu tun, wenn wir schon von Versteckspiel oder Verrat sprechen. Ich weiß genau, was mit Clemens läuft. Für wie blöd hältst du mich eigentlich?«
Michi sah mich überrascht an, meine Knie drohten wegzusinken. Woher wusste Diane über Clemens und mich Bescheid? Und war das etwa ihre Rache, weil sie von Clemens verschmäht worden war?
Unsicher versuchte ich, mich zu rechtfertigen.
»Keine Ahnung, woher du das mit Clemens weißt, aber eins kann ich garantiert sagen, unsere Beziehung hat nie seine beruflichen Entscheidungen beeinflusst!«
Diane und Michi sahen mich total verdutzt an, ihnen schien jetzt erst zu schwanen, was ich da gerade gesagt hatte.
Diane rang nach Atem und bekam hektische Flecken auf der Stirn.
»Wieso denn du und deine Beziehung zu Clemens? Ich spreche von deiner Busenfreundin Sarah!«
Sarah? Was hatte denn Sarah mit Dianes Rache zu tun, ich verstand überhaupt nichts mehr und hielt für die wahrscheinlichste Erklärung, dass Diane tatsächlich durchgeknallt war. Michi, die ebenfalls überhaupt nicht mehr durchstieg, fragte noch mal nach.
Diane sah mich anschuldigend an und platzte raus.
»Du bist doch an allem schuld, wenn du Sarah nicht mitgebracht hättest, hätte sie nie was mit Clemens anfangen können!«
Diane hatte irgendwas in den falschen Hals bekommen, ich klärte das Missverständnis auf.
»Diane, du verwechselt da was. Ich bin mit Clemens zusammen, und zwar schon seit einigen Monaten, tut mir Leid, dass ihr es so erfahren müsst, aber es ist wahr und hat mit Sarah gar nichts zu tun.«
Diane sah mich einen Moment lang an, als ob ich nicht zurechnungsfähig sei, dann dämmerte ihr, dass ich die Wahrheit sagte, und sie schlug sich an den Kopf.
»Das gibt’s nicht, das ist ja alles noch viel kruder, als ich dachte, du hast ja wirklich keinen Schimmer! Gretchen, mag ja sein, dass du auch was mit Clemens hast, auf alle Fälle hat deine Freundin Sarah ebenfalls was mit ihm am Laufen, davon konnte ich mich gestern live überzeugen, als ich Clemens mit Sarah wild knutschend gesehen hab. Was du nicht wissen kannst, ist, dass ich mit Clemens seit einigen Wochen zusammen bin und es ihm ernst mit mir ist, zumindest dachte ich es bis gestern.«
Dianes Worte drangen zwar an mein Ohr, und rein akustisch verstand ich auch, was sie sagte, aber die Botschaft wollte nicht mein Gehirn erreichen, ich war wie betäubt und verstand überhaupt nicht den Sinn ihrer Worte.
Sie hingegen den Sinn meiner Worte sehr wohl, denn plötzlich fing die ansonsten so beherrschte Diane fürchterlich an zu weinen, was mich noch mehr verstörte, falls das überhaupt ging.
»Scheiße, der hat uns gelinkt, der hat uns alle gelinkt!«, schluchzte sie.
Michi, die bisher regungslos daneben gestanden hatte, sagte tonlos: »Mich hat er auf der Buchmesse geküsst, und im Februar wollten wir eine Woche Ski
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