Flaschendrehen: Roman (German Edition)
tatsächlich unsere Themen der Zeitgeist! Das hatte selbst ich ihr nicht zugetraut! Wenigstens Clemens gegenüber, dachte ich, verspürte sie eine gewisse Loyalität, aber anscheinend nicht einmal das.
Michi sah mich erschrocken an, als ich mit weichen Knien wieder zur Tür hereinkam.
»Was ist denn passiert? Du bist so blass und guckst so starr.«
Ich schloss die Tür und lehnte mich dagegen.
»Diane verrät unsere Sonderheft-Themen an die Zeitgeist !«, sagte ich immer noch geschockt.
Michi sah mich verständnislos an.
»Was redest du da?«
Wie in Trance berichtete ich, was ich alles mit angehört hatte, Irrtum und Zweifel ausgeschlossen, auch wenn Michi mehrmals nachbohrte, ob ich auch ganz sicher sei.
»Warum macht sie das? Ich meine, dass sie ’ne blöde Kuh ist, ist kein Geheimnis, aber eine Verräterin, das hätte ich nicht gedacht.«
Bei aller Antipathie: ich auch nicht!
»Was machen wir jetzt bloß?«, überlegte ich laut. Michi zuckte mit den Schultern. Clemens war nicht erreichbar, Feline im Urlaub und unser Sonderheft, das wir in sechs Tagen zum Druck geben mussten, im Eimer, je nachdem, was Ilona Richter mit den Informationen anfangen würde.
»Wenn wir Diane darauf ansprechen, wird sie bestimmt alles abstreiten, und dann haben wir keinen Beweis, außer deiner Aussage, die gegen ihre steht. Marion muss ihre Administratorrechte freischalten lassen, damit wir beweisen können, dass sie die Mails weiterschickt!«, sagte Michi mit klarem Kopf und holte sofort Marion herein.
Marion konnte erst nicht glauben, welche Anschuldigungen ich erhob, aber als sie mein geschocktes Gesicht sah, merkte sie, dass es ernst war. Als Clemens’ Assistentin konnte sie auf seine Administratorrechte zugreifen.
»Na gut, ich mache es!«, sagte sie zögernd und ging an Clemens’ PC , während Michi und ich Diane schnell all unsere Unterlagen schickten, die sie brauchte, um sie weiterzuleiten. Da sie die Themen sowieso telefonisch verraten hatte, machte es keinen Sinn mehr, ein Dokument zurückzuhalten, es gab nichts mehr zu retten.
Nervös blieben Michi und ich in unserem Büro sitzen. Wir mussten nicht lange warten, nur wenige Minuten später kam Marion mit einem Stapel ausgedruckter Blätter herein und schaute ziemlich geschockt drein.
»Ihr hattet Recht, ich hab die Mails nachverfolgt, sie hat alles an die Richter weitergeleitet, diese Schlange!«
Bei Schlange fiel mir kurz meine Wahrsagerin ein, und eine Alarmglocke schrillte.
»Was machen wir denn jetzt?«, rief Michi panisch und begann so hektisch zu atmen, dass ich befürchtete, sie könne jederzeit hyperventilieren.
Ratlos sahen wir uns an. Clemens war noch drei Tage lang nicht erreichbar, niemand hatte die Adresse, wenn es denn eine gab in dreitausend Meter Höhe auf einer Berghütte.
Ob wir Feline anrufen sollten, ohne vorher mit Clemens gesprochen zu haben? Wir hatten allerdings keine Privatnummer, sondern nur ihre Geschäftshandynummer. Die Privatnummer hütete ihre Assistentin, die auch erst in zwei Tagen wieder zurückkam. Leider drängte die Zeit, die Sonderausgabe ging in den nächsten zweiundsiebzig Stunden in Druck, so viel Zeit blieb uns noch, um ein neues Thema auf die Beine zu stellen, was fast unmöglich war!
Das wurde uns allen mehr oder weniger zeitgleich bewusst, was Michi dazu veranlasste, »Ich bringe sie um!« zu rufen.
»Euch ist schon klar, dass wir tatsächlich etwas gegen sie unternehmen müssen. Wer weiß, wie lange das schon geht, und jede Minute, die sie hier länger spioniert, schadet uns! Marion, kannst du versuchen, Felines Privatnummer ausfindig zu machen, und Michi und ich nehmen uns Diane vor?«, rief ich Jeanne-d’Arc-gleich aus.
Bebend vor Wut stampften Michi und ich zu Dianes Büro. Wahrscheinlich war das einer der Hauptgründe gewesen, weshalb sie unbedingt auf ihr Einzel-Quarantänebüro bestanden hatte, die linke Bazille, schoss es mir durch den Kopf: Sie hatte ungestört Informationen weitergeben wollen. Ohne anzuklopfen, rissen wir die Tür auf und bäumten uns vor Diane auf. Bevor sie den Mund öffnen konnte, konfrontierten Michi und ich sie abwechselnd mit ihrem Verrat. Zu meinem Erstaunen versuchte Diane überhaupt nichts abzustreiten, die Ausdrucke zur Beweisführung hätten wir uns sparen können.
»Spart euch euer aufgeregtes Getue, ich geb’s ja zu, und wenn ihr es genau wissen wollt, tut es mir überhaupt nicht Leid!«, stieß sie verächtlich aus.
Ich war keine zwanzig mehr und hatte bestimmt
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